Video für Italiens Parlament Selenskyj spricht von 117 toten Kindern
22.03.2022, 13:26 Uhr
Selenskyj sprach vor den Abgeordneten der beiden Kammern in Rom.
(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)
In einer Videoschalte richtet sich Wolodymyr Selenskyj an das italienische Parlament. Mit deutlichen Worten fordert er die Italiener zu weiteren Sanktionen gegen Russland auf. Er vergleicht die umkämpfte Stadt Mariupol mit Genua und warnt: Die Ukraine sei das Tor für die russische Armee nach Europa.
Im Ukraine-Krieg sind nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj schon mindestens 117 Kinder getötet worden. Das sagte Selenskyj in einer Videoschalte vor dem italienischen Parlament. "Aber 117 wird nicht die letzte Zahl sein", warnte er in der Übertragung vor den Abgeordneten der beiden Kammern in Rom, zu der er aus Kiew zugeschaltet war. Mit Blick auf die russischen Truppen fügte er hinzu: "Sie hören nicht auf zu töten."
Selenskyj erinnerte an das Leid der Menschen in der Hafenstadt Mariupol am Schwarzen Meer, die von den Russen besonders heftig bombardiert wird. "Mariupol ist ähnlich groß wie Genua. Stellt euch vor, Genua wird komplett zerstört", sagte der Präsident. "Die Ukraine ist das Tor für die russische Armee. Sie will nach Europa. Aber die Barbarei darf nicht durch!"
Selenskyj forderte weitere Sanktionen gegen Moskau. Unter anderem sollten russische Schiffe - ähnlich wie bei der Sperrung des Luftraums für russische Flugzeuge etwa in der EU und in Nordamerika - nicht mehr in ausländischen Häfen anlegen dürfen. "Ihr wisst, wer den Krieg gebracht hat, wer die Bombardierungen anordnet, wer die Propaganda betreibt." An Italien appellierte Selenskyj, russisches Vermögen einzufrieren und Luxusgüter wie Jachten zu konfiszieren. Das sei nötig, um Putin aufzuhalten. "Ihr müsst nur eine Person stoppen, damit Millionen überleben können."
Selenskyj schlägt Papst als Vermittler vor
Vor der Schalte mit dem Parlament hatte Selenskyj nach eigenen Angaben mit Papst Franziskus telefoniert. Der Papst habe ihm Mut zugesprochen. "Ich habe ihm geantwortet: Unser Volk ist zum Heer geworden, als es gesehen hat, wie viel Leid der Feind mit sich bringt, wie viel Zerstörung er hinterlässt, wie viel Blutvergießen das fordert." Zudem schrieb Selenskyj bei Twitter, er habe dem Papst "die schwierige humanitäre Situation und die Blockade von Fluchtkorridoren durch russische Truppen" in seinem Land geschildert. "Wir würden eine Vermittler-Rolle des Heiligen Stuhls schätzen, um das menschliche Leid zu beenden." Zugleich dankte der Präsident dem Papst für seine "Gebete für die Ukraine und den Frieden".
In den vergangenen Wochen hatte Selenskyj vor mehreren Parlamenten gesprochen, unter anderem vor dem US-Kongress und dem Deutschen Bundestag. Für Kritik in Israel sorgten die Aussagen des ukrainischen Präsidenten vor der Knesset, weil Selenskyj den Einmarsch Russlands mehrfach mit dem Holocaust verglich. Dabei warf er dem Kreml einen Plan zur Auslöschung der Ukraine vor. "Hört darauf, was jetzt in Moskau gesagt wird: 'Endlösung', aber jetzt bereits in Bezug auf die ukrainische Frage", sagte der 44-Jährige vor den Knesset-Abgeordneten. Unter anderem der israelische Kommunikationsminister, Yoaz Hendel, kritisierte Selenskyjs Äußerungen als "unerhört". Auch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem reagierte mit Unverständnis.
Quelle: ntv.de, mbe/hul/dpa/AFP