Ukrainer in Berlin eingetroffen Selenskyj und Scholz wollen Sicherheitsgarantie unterschreiben
16.02.2024, 08:53 Uhr Artikel anhören
Selenksyj am Vormittag auf dem Berliner Flughafen.
Der ukrainische Präsident Selenskyj ist in Berlin eingetroffen. Gemeinsam mit Kanzler Scholz will er eine Sicherheitsvereinbarung unterzeichnen. Der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, Heusgen, sieht darin eine wichtige Hilfe. Für die Ukraine dürfte es aber eher eine Art Trostpflaster sein.
Die Bundesregierung hat bestätigt, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Bundeskanzler Olaf Scholz bei ihrem Treffen an diesem Freitag in Berlin eine Sicherheitsvereinbarung unterzeichnen. Im Rahmen der Gespräche am Vormittag im Kanzleramt werde "eine bilaterale Vereinbarung über Sicherheitszusagen und langfristige Unterstützung unterzeichnet", teilte ein Regierungssprecher am späten Donnerstagabend in Berlin mit.
Am Freitagvormittag veröffentlichte Selenskyj Fotos auf Telegram, die ihn bei der Ankunft in Berlin zeigten. Er schrieb, es werde um "eine neue Sicherheitsarchitektur für die Ukraine" gehen und fügte hinzu, sein Land versuche, "den Krieg so bald wie möglich zu fairen ukrainischen Bedingungen zu beenden".
Gegen Mittag ist eine Pressekonferenz geplant. Anschließend trifft Selenskyj mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zusammen. Am Freitagabend wird der ukrainische Präsident in Paris erwartet. Nach Angaben des Elysée-Palasts will Selenskyj auch mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron ein bilaterales Sicherheitsabkommen unterzeichnen.
Die Abkommen sollen die Zeit überbrücken, bis die Ukraine Mitglied in der NATO wird. Eine Aufnahme in das Militärbündnis ist für das von Russland angegriffene Land bisher nicht in Sicht. Eine erste bilaterale Sicherheitsvereinbarung hatte bereits Großbritannien mit der Ukraine geschlossen.
Heusgen: Wichtige Unterstützung
Der Besuch des ukrainischen Präsidenten erfolgt vor dem Hintergrund der schwierigen Lage der Ukraine im Krieg gegen Russland. Kiew bemüht sich derzeit auch verstärkt um weitere militärische Hilfen der westlichen Verbündeten. Am Samstag ist Selenskyj bei der dreitägigen Münchner Sicherheitskonferenz zu Gast, die an diesem Freitag eröffnet wird. Dort wird Selenskyj eine Rede halten und Gespräche mit US-Vizepräsidentin Kamala Harris führen.
Der Chef der Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, sieht das Sicherheitsabkommen als wichtige Hilfe für das von Russland angegriffene Land. Die Sicherheitskonferenz biete die Möglichkeit zu überlegen, wie man den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj unterstützen und auch den europäischen Teil dafür wichtiger werden lassen könne, sagte Heusgen vor der Eröffnung der Konferenz in der ARD. "Und da ist ja mit diesem Sicherheitsabkommen, was heute unterschrieben wird in Berlin, ein wichtiger Schritt gemacht - auch von der Bundesregierung."
Die Sicherheitsgarantien einzelner Staaten wie Deutschland und Frankreich gelten als eine Art "Trostpflaster" für die Ukraine, weil dem Land beim jüngsten NATO-Gipfel in Vilnius noch kein Beitritt zur NATO versprochen wurde.
Was darunter genau zu verstehen ist, ist noch nicht ganz klar. Die G7-Länder sollten bilateral Sicherheitsgarantien aushandeln, um die Ukraine im Krieg gegen Russland zu unterstützen und nach dem Krieg vor neuen Überfällen zu schützen - zumindest bis ein NATO-Beitritt möglich ist.
Keine Beistandspflicht wie in der NATO
Als erstes Land erfüllte Großbritannien Mitte Januar das in der litauischen Hauptstadt gegebene Versprechen: Das in Kiew unterzeichnete, bilaterale Sicherheitsabkommen sieht unter anderem Hilfe beim "Schutz" und bei der "Wiederherstellung der international anerkannten Grenzen" vor, die "Verhinderung und aktive Abschreckung einer militärischen Eskalation und/oder einer neuen Aggression" durch Russland sowie die "Unterstützung der künftigen Integration der Ukraine in die euro-atlantischen Institutionen".
Die Verpflichtung zu einer aktiven Beteiligung an der militärischen Verteidigung des anderen Landes ähnlich dem im Artikel 5 geregelten NATO-Bündnisfall ist nicht vorgesehen. Es handelt sich eher um eine Formalisierung der bisherigen Unterstützung etwa durch Waffenlieferungen.
Die Ukraine steht noch mit anderen Staaten in Verhandlungen über Sicherheitsabkommen, darunter die USA und Italien. Auch Polen und skandinavische Länder haben sich der G7-Initiative angeschlossen.
Deutschland hat in der Vergangenheit Sicherheitsabkommen unter anderem mit Serbien, Georgien, und Tunesien geschlossen. Dabei ging es etwa um Hilfe bei der Bekämpfung organisierter Kriminalität, illegaler Migration oder des Terrorismus.
Quelle: ntv.de, vpe/AFP/dpa