Rekrutierung von Häftlingen "Seltsames Wasser" ließ Wagner-Söldner strahlen
17.02.2023, 19:43 Uhr
Die Identität des Söldners wurde in dem Interview nicht enthüllt.
(Foto: Screenshot Youtube/@Raminaeshakzai)
Er wurde im September 2022 in einem russischen Gefängnis für den Krieg in der Ukraine rekrutiert und nach einem Tag an der Front gefangen genommen. In einem Interview enthüllt ein anonymer Wagner-Kämpfer nun, was Häftlingen versprochen wurde.
Ein russischer Kämpfer der Söldnergruppe Wagner hat einer ukrainischen Bloggerin erzählt, wie der Chef der Truppe, der Putin-Vertraute Jewgeni Prigoschin, in russischen Straflagern für die Teilnahme am russischen Krieg gegen die Ukraine wirbt. Prigoschin sei mit einem Hubschrauber in die Strafkolonie gekommen, sagte der Söldner in einem Interview für den Kanal der Bloggerin Ramina Eshakzai. Er habe es geschafft, die Hälfte der Gefangenen davon zu überzeugen, dass es für sie attraktiv wäre, in den Krieg zu ziehen.
"Er sagte, man müsse Bachmut einnehmen, man bekäme eine Geldzulage und eine weiße Weste." Mit anderen Worten: Nicht nur die Haftstrafe sollte den Gefangenen erlassen werden, ihre Vorstrafen sollten auch aus den Akten getilgt werden. Für die Betroffen wäre es damit einfacher, einen normalen Job zu finden. Dies sollte schon nach sechs Monaten Dienst gelten. "Das ist eine Lüge", kommentierte der Söldner. "Aber es gab keine Gerüchte, dass Wagner betrügt. Wenn es solche Gerüchte gegeben hätte, dann hätte niemand aus meiner Kolonie angenommen."
Aus dem Straflager des Söldners, der später in der Ukraine gefangen genommen wurde, stimmten 300 bis 400 von insgesamt 655 Gefangenen zu. Nach eigener Darstellung wurde dem Söldner erst in der Ukraine klar, wie gefährlich der Einsatz für ihn war. "Wenn du dich als Gefangener [den Ukrainern] ergibst, töten dich dort deine eigenen Leute. Wir erfuhren davon erst, als wir schon dort waren." Im Straflager habe Prigoschin über den Einsatz "so bunt" gesprochen, "dass es sogar dem Chef der Kolonie gefallen hat", so der Söldner.
"Wir lächelten über beide Ohren"
Seine Gruppe sei zuerst in das Dorf Krymske in der Region Luhansk geschickt worden. "Wir gruben Gräben und standen an Kontrollpunkten. Dann wurden wir zu einem Stützpunkt in Luhansk geschickt. Dort absolvierten wir eine dreiwöchige Ausbildung. Wir gingen zu Schießständen und schossen jeweils zwei bis vier Schüsse. Dann ging es nach Bachmut." Für den Weg dorthin hätten sie "Marschverpflegung und seltsames Wasser" bekommen. "Ungefähr zwei Minuten, nachdem wir das Wasser getrunken hatten, liefen wir fröhlich herum, lächelten bis über beide Ohren und hatten jede Menge Energie. Was in diesem Wasser war, weiß ich nicht." An der Front sei er nur einen Tag gewesen. "Ich war der Einzige, der überlebte und sich den ukrainischen Streitkräften ergab".
Prigoschin war im vergangenen Sommer durch russische Strafkolonien getingelt, um Gefangene für den Krieg gegen die Ukraine zu rekrutieren. Wie viele Häftlinge er dabei verpflichten konnte, ist nicht sicher bekannt. Schätzungen zufolge könnte es sich um 40.000 bis 50.000 Mann handeln.
Die Rekrutierung dauerte bis vor kurzem an und hat erst in den letzten Wochen deutlich abgenommen, wie der britische Geheimdienst berichtet. Offiziell hat Prigoschin verkündet, die Rekrutierung von Gefangenen im Februar 2023 einzustellen. Er warf dem russischen Verteidigungsministerium vor, ihm diese Möglichkeit der Rekrutierung genommen zu haben.
Quelle: ntv.de, mbr