Fünf Tage Quarantäne Spahn fordert einheitliche Regeln an Schulen
06.09.2021, 16:42 Uhr
Spahn strebt eine einheitliche Linie von Bund und Ländern an Schulen an.
(Foto: imago images/photothek)
Vor Beratungen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern fordert Bundesminister Spahn einheitliche Regeln an den Schulen. Er bringt eine Fünf-Tage-Quarantäne ins Spiel - aber nur bei entsprechenden Schutzmaßnahmen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat vor den Beratungen mit seinen Länderkollegen für Einheitlichkeit bei den Quarantäneregeln an Schulen geworben. Spahn schlug in Berlin einen Quarantänezeitraum von fünf Tagen bei Corona-Verdachtsfällen vor. Danach sollen sich Schülerinnen und Schüler mit einem negativen Testergebnis freitesten können. Zudem solle diese Regelung bei Auftreten eines Infektionsfalls in der Schule nur für die umsitzenden Schüler gelten, nicht für die gesamte Klasse.
Voraussetzung müsse dabei aber sein, dass alle Masken tragen, dass regelmäßig getestet werde und dass entsprechende Lüftungskonzepte vorhanden seien. "Es geht darum, die richtige Balance zu finden zwischen Alltagstauglichkeit für den Schulbetrieb und dem, was eben einen guten Schutz für die Kinder, für die Jugendlichen, für alle in der Schule dann bedeutet", sagte Spahn. Die unterschiedlichen Regeln sorgten gegenwärtig für viel Unverständnis.
"Ich werde dafür werben, dass wir uns auf diese einheitliche Linie verständigen", sagte der Minister. Spahn kritisierte, dass es bislang zum Teil sogar innerhalb der Länder wegen der verschiedenen Vorgehensweisen der Gesundheitsämter Unterschiede gebe: Manchmal müsse die gesamte Klasse in Quarantäne, manchmal seien es nur die umsitzenden Schüler. Die oft verhängten 14 Tage seien zudem "eine lange Zeit, wenn es um Kitas und Schulen geht".
Söder verteidigt bayerische Regelung
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek von der CDU schloss sich dem Vorschlag Spahns an. "Eine große gemeinsame Linie der Länder würde für sehr viel Akzeptanz gerade auch der Eltern sorgen", sagte die Ministerin. Die Beratungen der Gesundheitsminister sollen am Montagnachmittag beginnen. Auch Kanzleramtsminister Helge Braun sprach sich für einheitliche Quarantäne-Regeln in den Schulen aus. Die Regelung solle sich eng an dem Beschluss der Ministerpräsidenten orientieren, der eine fünftägige Quarantäne "plus dann Freitestmöglichkeit" vorsehe, sagte der CDU-Politiker im ZDF. "Ich glaube, dass wir auch so am besten die Ausbreitung in den Schulen verhindern können."
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, forderte ebenfalls umsichtige Quarantäneregeln für den Schulbetrieb. "Wenn eine gute Lüftung im Klassenzimmer gewährleistet ist, wenn vielleicht sogar eine Raumluftfilteranlage drin ist, dann muss man nicht die Kinder einer ganzen Klasse in Quarantäne schicken", sagte er im Podcast "Die Schulstunde" des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). "Dann kann man sich auch auf die unmittelbaren Banknachbarn konzentrieren." Geimpfte Kinder müssten nicht in Quarantäne geschickt werden.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder verteidigte die in Bayern bereits geltenden Lockerungen bei den Quarantäne-Regeln an Schulen. "Es ist falsch, ganze Klassen 14 Tage in Quarantäne zu schicken, maximal fünf, maximal das Umfeld", sagte der CSU-Chef in seiner Rede beim politischen Frühschoppen auf dem Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg. Bei bestimmten Maßnahmen könne die Quarantäne sogar ganz entfallen, etwa wenn es in der betroffenen Klasse Luftreiniger gebe und alle Schüler eine Woche lang täglich getestet würden.
Scharfe Kritik aus der Linkspartei
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin sprach sich für gezieltere Quarantäneregeln an Schulen aus. Bedingung sei eine sorgfältige Kontrolle über Tests, sagte Präsident Jörg Dötsch bei einem Pressebriefing des Science Media Centers. In einigen Ländern werde schon jetzt geschaut, ob nur das infizierte Kind in Quarantäne geschickt werden und der Rest zur Schule gehen könne. Wenn man diesen Weg sorgfältig und kontrolliert beschreite, sei das insgesamt gut. Dötsch rief zugleich Erwachsene zu Impfungen auf. Es seien die Kinder gewesen, die Erwachsene mit geschützt hätten, als es noch keinen Impfstoff gab. Schulschließungen hätten dazu beigetragen, dass es unter Erwachsenen weniger schwere Verläufe gegeben habe.
Spahn appellierte ebenfalls an die Verantwortung der Älteren. Kinder und Jugendliche hätten in der Pandemie auf viel verzichtet, jetzt hätten sie es verdient, dass auf sie Rücksicht genommen werde. Dazu gehöre, die Corona-Ausbreitung durch Vorsicht einzudämmen - denn es gebe einen klaren Zusammenhang zwischen den Infektionen insgesamt und dem Ausbruchsgeschehen etwa in Kitas und Schulen. Zudem sollten sich mehr Menschen impfen lassen. "Es sollten nicht die Impfmuffel am Ende auch noch die unter Zwölfjährigen mit in eine schwierige Situation bringen", sagte Spahn. Für Kinder unter zwölf gibt es keinen Impfstoff.
Die Opposition warf der Regierung allerdings Versäumnisse vor. "Hätten sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Bundesbildungsministerin Anja Karliczek schon vor eineinhalb Jahren für die Situation an den Schulen interessiert, müssten wir heute nicht über einheitliche Quarantäneregeln reden", erklärte Linken-Parlamentsgeschäftsführer Jan Korte. "Keine Schülerin und kein Schüler könnte es sich leisten, so viel Zeit zu verpennen wie Spahn und Karliczek, ohne von der Schule zu fliegen."
Quelle: ntv.de, mli/AFP/rts/dpa