"Welt"-Journalist droht Anklage Staatsanwalt will Yücel in Haft behalten
27.02.2017, 17:10 Uhr
Yücel hatte sich freiwillig bei der Polizei eingefunden.
(Foto: imago/Müller-Stauffenberg)
Die türkische Justiz reizt ihre Frist aus und lässt den "Welt"-Journalisten Yücel 14 Tage ohne Richterentscheid in Gewahrsam. Der Staatsanwalt beantragt nach einer Befragung des Deutschtürken nun einen Haftbefehl. Eine Entscheidung muss schnell fallen.
Der in der Türkei festgesetzte deutsch-türkische Korrespondent der Zeitung "Die Welt", Deniz Yücel, ist in Istanbul von der Staatsanwaltschaft vernommen worden. Wie aus der Redaktion der "Welt" verlautete, entschied der Staatsanwalt nach der Befragung, ihn einem Haftrichter vorzuführen. Dieser muss nun entscheiden, ob Yücel in Untersuchungshaft kommt oder ob er freigelassen wird.
Den Informationen zufolge wurde der Journalist allgemein zu seinen Artikeln befragt. Dabei sei es sowohl um seine Recherchen in den Kurdengebieten gegangen, als auch um die Affäre um angebliche E-Mails des türkischen Energieministers Berat Albayrak, die Ende September von der linken Hackergruppe Redhack im Internet veröffentlicht wurden. Eine Entscheidung des Haftrichters soll noch heute Abend fallen.
Yücel hatte sich am 14. Februar freiwillig der Polizei in Istanbul zur Befragung gestellt und war daraufhin in Polizeigewahrsam genommen worden. Gemäß dem geltenden Ausnahmezustand kann die Polizei Terrorverdächtige bis zu 14 Tage festhalten, ohne dass diese einem Richter vorgeführt werden müssen. Diese Frist würde für Yücel an diesem Dienstag ablaufen.
Kritik an der Bundesregierung
Yücel ist sowohl türkischer als auch deutscher Staatsbürger. Dem Korrespondenten werden laut Medienberichten Datenmissbrauch, Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Dabei geht es um Berichte Yücels über die angeblichen Enthüllungen zu Albayrak, der ein Schwiegersohn von Staatschef Recep Tayyip Erdogan ist. In den E-Mails soll es um dubiose Geschäfte gehen.
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hatte die lange Untersuchungshaftzeit Yücels am Wochenende als "weder nötig noch fair" kritisiert. Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir warf Gabriel allerdings vor, viel zu lange zu dem Schicksal Yücels geschwiegen zu haben und wertete dies in der "Bild am Sonntag" als einen "Skandal".
Der Fall wird in Deutschland aufmerksam verfolgt, und zahlreiche Journalisten und Politiker haben sich für den inhaftierten Korrespondenten eingesetzt. Am Wochenende forderten mehr als 160 Bundestagsabgeordnete verschiedener Parteien die rasche Freilassung Yücels. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei einem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim den Fall angesprochen.
Quelle: ntv.de, shu/AFP