Politik

Streit um Wagenknecht bei Linken Bartsch lehnt Rücktritt als Fraktionschef ab

Bartsch will Wagenknecht kein Redeverbot erteilen.

Bartsch will Wagenknecht kein Redeverbot erteilen.

(Foto: IMAGO/Future Image)

Nach der umstrittenen Rede von Sahra Wagenknecht, in der sie der Bundesregierung die Schuld am Konflikt mit Russland gab, sind die Wogen selbst innerhalb der Linkspartei noch nicht geglättet. Fraktionschef Dietmar Bartsch sieht aber keine Gefahr für den Bestand der Fraktion im Bundestag.

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch lehnt personelle Konsequenzen wegen der umstrittenen Rede seiner Parteikollegin Sahra Wagenknecht im Bundestag ab. Auf die Frage, ob er Forderungen nach seinem Rücktritt nachkomme, sagte Bartsch dem "Stern": "Nein, sicher nicht."

Der Vorschlag, dass Wagenknecht vergangene Woche in der Debatte zum Haushalt des Wirtschaftsministeriums sprechen solle, sei nicht von der Fraktionsführung gekommen, "sondern von den Haushältern", sagte Bartsch. "Es gab eine Debatte in der Fraktion. Da hätte jedes Mitglied der Fraktion den Antrag stellen können: Sahra Wagenknecht soll nicht reden. Hat aber niemand." Bartsch betonte, dies sei auch in anderen Fraktionen die übliche Art, die Rednerinnen und Redner zu bestimmen. "Glauben Sie, dass Friedrich Merz in der Unions-Fraktion entscheidet, wer in welcher Debatte zu jedem Einzelplan redet? Das legen Fachpolitiker fest, er nimmt das zur Kenntnis, und so machen wir das auch."

"Das ist Putins Krieg, das hätte Wagenknecht deutlicher machen müssen"

Wagenknecht hatte in ihrer Rede gesagt, Deutschland habe "die dümmste Regierung in Europa". Sie warf der Bundesregierung zudem vor, "einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen unseren wichtigsten Energielieferanten vom Zaun zu brechen". Die Rede sorgte für heftigen Widerspruch, auch in den Reihen der Linken. Prominente Mitglieder wie der Präsident des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, erklärten ihren Parteiaustritt. Kritiker werfen Wagenknecht schon lange vor, nicht die Mehrheitsmeinung der Partei zu vertreten.

Bartsch sagte dem "Stern", man könne über die Sanktionen gegen Russland diskutieren. "Ich möchte aber nicht, dass mit dieser Debatte am eigentlichen Problem vorbeigeredet wird: Das ist Putins Krieg gegen die Ukraine. Sahra Wagenknecht hat den Krieg in ihrer Rede zwar verurteilt, aber das hätte sie deutlicher machen müssen."

Die Gefahr, dass Abgeordnete die Fraktion verlassen könnten, sieht Bartsch nicht. "Meine Position ist klar: Alle Abgeordneten haben ein Mandat für die Linke bekommen, die drei direkt gewählten Abgeordneten vielleicht mit einer gewissen Ausnahme. Ich sage Ihnen voraus: Die Fraktion wird zusammenbleiben." Sollten drei Abgeordnete die Fraktion verlassen, ginge der Status als Fraktion verloren.

Seit Jahren tief zerstritten

Im Deutschlandfunk sagte Bartsch, dass sich Abgeordnete an Beschlüsse der Partei halten müssten. "Wir haben einen Korridor", sagte der Fraktionschef. Dieser werde von Wahlprogrammen und Beschlüssen der Partei bestimmt. Kern der Politik der Linken sei es, "die soziale Opposition im Bundestag" zu sein und sich mit der Politik der Ampel-Koalition auseinanderzusetzen.

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Als nicht zielführend wertete Bartsch zudem Wagenknechts Äußerungen über Parteichef Martin Schirdewan. Bei "Zeit Online" hatte die frühere Fraktionschefin diesen als "Fehlbesetzung" bezeichnet. Schirdewan hatte am Mittwoch den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt: "Der Austritt von Schneider und anderen schmerzt sehr und zeigt: Die Missachtung demokratischer Beschlüsse bei Auftritten im Namen der Fraktion durch einzelne Abgeordnete schadet unserer Partei massiv." Es sei die Aufgabe der Fraktionsführung, dafür zu sorgen, dass sich so etwas nicht wiederhole.

Die Linkspartei ist bereits seit Jahren zerstritten. 2012 sprach der damalige Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi auf einem Parteitag davon, dass in der Bundestagsfraktion "auch Hass" herrsche. Die Fronten in Fraktion und Partei verlaufen nicht mehr entlang der inhaltlichen Gruppierungen oder Flügel, sondern sind längst persönlicher Art.

(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 15. September 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, hvo/ara/dpa

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