Westerwelle lässt sich feiern "Super, der Typ kann was"
21.01.2012, 11:57 Uhr
"50 geworden und nicht 80": Westerwelle hat noch einiges vor.
(Foto: dpa)
Guido Westerwelle ist 50 geworden und lädt zur Party. Die "üblichen Verdächtigen" aus Showbiz und Politik lassen es sich nicht nehmen, ihm zu gratulieren. Ein Blick auf die Anfänge mit dem "lieben Guido" und gute Ratschläge bleiben da nicht aus. Das eigentliche "Feuerwerk" aber zündete die Bundeskanzlerin.
Die Gästeliste beachtlich, die Reden amüsant, das Buffet rheinländisch-deftig und der Geehrte mit sich und der Welt zufrieden: zwar ist Guido Westerwelle "nur" noch Bundesaußenminister und nicht mehr Vizekanzler und FDP-Vorsitzender, aber wenn die Liberalen seinen 50. Geburtstag feiern, lässt sich eine Location wie das Tipi-Zelt am Berliner Kanzleramt locker hochkarätig füllen. 850 Gäste - die "üblichen Verdächtigen", ein paar Überraschungsgäste und viele Journalisten - eine bunt gemischte Partygesellschaft, die dem einstigen Überflieger der FDP einen unvergesslichen Abend bescherte.
Egal, ob Guido Westerwelle seine Hand bei der Platzierung der Gäste im Spiel hatte oder die Veranstalter allein verantwortlich waren, in jedem Fall kommt es vorübergehend zu einigen bemerkenswerten (Tisch-)Nachbarschaften: der Linke Gregor Gysi sitzt an einem Tisch mit der liberalen Bundesjustizminister Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, dem CSU-Urgestein Edmund Stoiber und Gabriele Begum Aga Khan, Frank-Walter Steinmeier, Chef der SPD-Bundestagsfraktion, neben Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe, Bertelsmann-Patriarchin Liz Mohn neben "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann. Der Ehrentisch - absolut hochkarätig bestückt: neben Westerwelle und seinem Mann Michael Mronz die Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Bundesverteidigungsminister Thomas de Maiziere und seine Ehefrau, die EU-Beauftragte für Außenpolitik Lady Catherine Ashton, FDP-Legende Hans-Dietrich Genscher und Frau Barbara, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und Westerwelles ältester Freund Werner Hümrich.
Und auch sonst hat man den Eindruck, dass "alle" da sind: die FDP scheinbar komplett, was nicht heißen soll, dass das Tipi sämtliche noch standhafte Liberale beherbergen könnte, so gut wie das gesamte Kabinett, die Vorsitzenden der Unions- und der Grünen Fraktion, Volker Kauder und Jürgen Trittin. Auch die Showbranche ist ordentlich vertreten: Entertainer Thomas Gottschalk, Filmproduzent Atze Brauner und Schlagersängerin Vicky Leandros, die das Festzelt dazu bringt, Happy Birthday zu singen - Westerwelle, den so schnell nichts umhaut, ist sichtlich bewegt. Die Anspannung des letzten Jahres scheint von ihm abgefallen zu sein. An diesem Abend in Berlin genießt er es, gefeiert zu werden, auch wenn er weiß, dass so manches, was hier in Reden und Grußworten gesagt wird, ein überschaubares Verfallsdatum hat.
Merkel bringt den Saal zum Toben
Dennoch, er hört es gern, als seine Duz-Freundin Angela Merkel erzählt, wie sie ihn kennengelernt hat: "Ich habe Dich dafür bewundert, weil Du so eiskalt alles durchgestochen hast an die Bonner Medien, was wir im Koalitionsausschuss besprochen haben. Und da ich zu der Sorte Mensch gehöre, die schon beim Abschreiben in der Schule immer erwischt wurde, habe ich mir gesagt: super, der Typ kann was." Dass sie ihm damals in einer "Mischung aus Bewunderung und Ängstlichkeit" begegnet sei, kann man sich heute kaum noch vorstellen. Westerwelle hätte das - wie er sagt - liebend gern vor den Koalitionsverhandlungen im Herbst 2010 gewusst. Angela Merkel hält die beste Rede des Abends, unterhaltsam, schlagfertig, witzig - der Saal tobt. Sie ist der heimliche Star ohne die eigentliche Hauptperson zu brüskieren.
Ob Philipp Rösler seine Rede Kopfschmerzen bereitet hat, wissen wir nicht, aber einfach war das wohl nicht. Er hat Westerwelle vor nicht einmal einem Jahr aus dem Amt des Parteivorsitzenden gekickt, ihn als Außenminister brüskiert und agiert seit Mai 2011 glücklos als FDP-Vorsitzender. Aber an diesem Abend erzählt auch Rösler von seinen Anfängen mit dem "lieben Guido", 1995 beim Bundeskongress der Jungen Liberalen in Bad Salzuflen. Rösler als frisch gewählter Delegierter habe damals allen Mut zusammengenommen, um eine Frage an den damaligen Generalsekretär zu richten. "Sehr geehrter Herr Dr. Westerwelle …". Der "sehr geehrte Herr Dr. Westerwelle" sei gleich dazwischen gegangen, so fange man gar nicht erst an. "Ich bin doch auch ein Junger Liberaler. Für Dich, für Euch bin ich der Guido." Rösler war baff - und beschränkt sich an diesem Abend darauf, ein paar rhetorische Klassiker aus Westerwelles Repertoire zum Besten zu geben: "Wer Deutschland für kapitalistisch hält, der hält auch Kuba für demokratisch." Gregor Gysi und Edmund Stoiber lachen gemeinsam. Stoiber, weil er das lustig findet, und Gysi, weil er wirklich Spaß versteht. Als Rösler einen anderen Westerwelle-Klassiker zitiert, geht wohl so manches Stoßgebet zum Zelt-Himmel, in der Hoffnung, der ehemalige FDP-Vorsitzende möge recht behalten mit der Aussage: "Es gibt auf der Welt zwei Organisationen, die Erfahrung haben mit der Wiederauferstehung: die katholische Kirche und die Freie Demokratische Partei."
"Das bewegt mich zutiefst"
Rainer Brüderle, ein gewieftes Schlitzohr, versichert Klaus Wowereit, dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, dass die rheinische Lebenskultur, die mit dem Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin gekommen sei, im Grunde ein "Upgrade" für die Hauptstadt bedeute. Er selbst freut sich am meisten über den gelungenen Scherz, der den Saal einmal mehr zum Toben bringt. Das ist das einzige Mal, dass ein Spitzenpolitiker, wenn auch verklausuliert, erwähnt wird, der an diesem Abend nicht da ist und den auch niemand zu vermissen scheint.
Ganz zum Schluss spricht Westerwelle selbst: "Ich kann Ihnen versichern, dass ich die vielen freundlichen Worte genossen habe, aber dass ich sie auch nicht überbewerte. Ich weiß es zu schätzen, aber ich weiß auch, dass an solchen Abenden die eine oder andere Übertreibung dazugehört, aber ich müsste lügen, wenn ich nicht sagen würde, gern gehört habe ich es trotzdem." Deutlich ist ihm anzusehen, wie bewegt er ist, als er über seine über viele Jahre verheimlichte Homosexualität redet: "Wenn man in der Zeit groß geworden ist, in der ich groß geworden bin, und wenn man weiß, dass das nicht selbstverständlich ist und zu meiner Jugend niemals selbstverständlich sein konnte, dass man als Mann mit meiner Veranlagung heute einmal so im öffentlichen Leben steht und dass das wie selbstverständlich hier in einer so hochansehnlichen Versammlung stattfindet, dass Sie meinen Lebenspartner, meinen Mann, in Ihre Glückwünsche einbeziehen, das bewegt mich zutiefst und das bedeutet mir unendlich viel." An seinem Platz wird er von Michael Mronz mit einer langen innigen Umarmung in Empfang genommen.
Guido Westerwelle ist 50 geworden - er wirkt gereifter, gelassener. Das vergangene Jahr war hart, selbst für einen wie ihn, der austeilen und einstecken kann. Zum Geburtstag bekommt er viele Glückwünsche: Hans-Dietrich Genscher: "Viel Erfolg und dass er mit gutem Gewissen und großer Befriedigung seine Arbeit erfüllen kann. Das tut er. Und ich glaube, dass er einmal als ein guter Außenminister betrachtet werden wird."
"Mit 50 wird man erwachsen"
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich: "Er ist beschwingt und leicht und gut drauf. Das merkt man ihm an und ich hoffe, dass das so bleibt, denn ab 50 muss man sich das Leben schön machen. Er weiß, dass er sich auf mich verlassen kann."
Gregor Gysi: "Mit 50 wird man erwachsen. Da folgt eine anstrengende Zeit, das hab ich ihm gesagt. Ab 60 darf er wieder kindisch werden. Dann nimmt man das Leben wieder leichter. Aber in Wirklichkeit ist es natürlich so, dass er schon sehr schwierige Zeiten hinter sich hat. Der FDP geht es sehr berechtigt gar nicht gut, aber falsch ist natürlich, dass er allein dafür verantwortlich ist. Und in so einer Situation soll man kommen und gratulieren, auch wenn man ganz andere politische Auffassungen hat."
Liz Mohn: "Ich wünsche ihm, dass er weiter viel Erfolg hat. Ich finde, er hat sich toll entwickelt, auch als Außenminister. Und ich wünsche mir auch, dass die FDP uns in Deutschland erhalten bleibt, denn in den vergangenen Jahrzehnten hat diese Partei viel für Deutschland getan. Und ich fand, heute gab es unheimlich tolle Reden, die Bundeskanzlerin war ein Feuerwerk und ich bin froh, dass ich dabei war."
Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel: "Glück, Gesundheit und dass er so gut aussehend bleibt, wie er im Moment ist. Wir arbeiten ja sehr eng zusammen. Das ist eine tolle Kooperation und ich warte darauf, dass wir das auch in der nächsten Legislaturperiode so weitermachen."
Thomas de Maiziere tröstet den Kabinettskollegen über die 50 hinweg: "Für mich war der 30. Geburtstag schwierig. Da war ich irgendwie nicht mehr jugendlich. 50 - da hatte ich auch ein schönes Fest. Aber das war kein großer Einschnitt. Ich glaube, die 60 wird schwieriger."
Guido Westerwelle selbst erinnert an diesem Abend daran, er sei "50 geworden und nicht 80". Das klingt ganz so, als habe er noch einiges vor. Einige werden das gern gehört haben. Andere werden sich eher besorgt fragen, was er damit wohl gemeint haben könnte.
Quelle: ntv.de