Rebellen wollen Kampf fortsetzen Taliban rechtfertigen Erstürmung Pandschirs
06.09.2021, 12:21 Uhr
Taliban-Kämpfer vor dem Sitz des Gouverneurs im Pandschir-Tal.
(Foto: via REUTERS)
Mit dem gewaltsamen Einmarsch im Pandschir-Tal sind die Taliban nun in allen Provinzen Afghanistans präsent. Die Schuld am Scheitern der Verhandlungen geben die Islamisten den Führern der Widerstandsbewegung. Die gibt den Kampf noch nicht verloren.
Die Taliban haben die gewaltsame Eroberung der afghanischen Provinz Pandschir gerechtfertigt. Nachdem Verhandlungen gescheitert seien, weil zwei Personen die Gespräche verweigerten, seien die Taliban gezwungen gewesen, Streitkräfte zu entsenden und eine Operation zu starten, sagte der Sprecher der Islamisten, Sabiullah Mudschahid, während einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Kabul.
Es ist davon auszugehen, dass er damit die zwei Anführer des Widerstands, den bisherigen Vizepräsidenten Amrullah Saleh und Ahmad Massoud, Sohn des legendären Nordallianz-Führers Achmad Schah Massoud, meinte. Pandschir sei nun vollständig unter Kontrolle der Taliban, der Krieg sei vorbei und das Land aus der Krise, sagte Mudschahid weiter. Gleichzeitig warnte er vor jeglichem Widerstand gegen ihre neue Herrschaft. Dieser würde hart bestraft werden, sagte Mudschahid. Ehemalige Regierungstruppen forderte er auf, sich den Taliban anzuschließen.
Widerstandsführer Massoud soll in Sicherheit sein
Vonseiten der Nationalen Widerstandsfront (NRF) in Pandschir gab es kein klares Dementi zur Eroberung der Provinz. Der Kampf werde fortgesetzt, bis die Aggressoren aus dem Land entfernt seien, teilte die Gruppe mit. Man sei noch immer in "strategischen Positionen" im Tal präsent. Ein Sprecher der NRF schrieb auf Twitter, Ahmad Massoud sei an einem sicheren Ort und werde sich bald äußern. Ein Bewohner des Bezirks Schutul am Talanfang sagte, Taliban seien in seinem Dorf und durchsuchten Häuser nach Waffen. Die allermeisten Menschen seien noch immer in den Bergen.
Taliban-Sprecher Mudschahid sagte weiter, Pandschir sei ein "Teil unseres Körpers" und die Pandschiris "unsere Brüder". Für Pandschir würden Behördenvertreter aus dem Tal ernannt und auch Sicherheitskräfte dort im Dienst sein, die für alle akzeptabel seien. Auch Telefon- und Internetverbindungen in der Provinz wolle man wieder herstellen sowie wieder Nahrungsmittellieferungen in das Tal erlauben, sagte Mudschahid weiter. Über die Anführer des Widerstands Saleh und Massoud sagte er, diese würden vermisst. Es gebe Gerüchte, dass Saleh aus dem Land geflohen sei.
Das Pandschir-Tal hat eine hohe symbolische Bedeutung: In den 80er Jahren verteidigten sich die Bewohner gegen die Sowjets, im darauffolgenden Jahrzehnt wehrten sie die Taliban ab und standen nie unter deren Kontrolle. Nach der Eroberung Kabuls durch die Taliban sollte die Pandschir-Frage ursprünglich durch Verhandlungen gelöst werden. Am Dienstag aber begannen Gefechte, als nach Angaben von Widerstandskämpfern Taliban Kontrollpunkte am Taleingang angriffen.
Quelle: ntv.de, jpe/dpa/AFP