"Wollen Bolsonaro im Gefängnis" Tausende Brasilianer demonstrieren für Demokratie
10.01.2023, 15:47 Uhr
Tausende Brasilianer distanzieren sich von den Krawallen der Bolsonaro-Anhänger und gehen für Demokratie auf die Straße.
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
Bolsonaro-Anhänger stürmen am Wochenende den Kongress, das Oberste Gericht und den Regierungssitz und hinterlassen eine Spur der Verwüstung. Während das Land gerade die Nähe des Sicherheitsapparats zum rechten Ex-Präsidenten auslotet, stellen sich Tausende gegen die Randalierer.
Nach dem Sturm radikaler Anhänger von Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro auf das Regierungsviertel in Brasília sind Tausende Brasilianer für die Verteidigung der Demokratie auf die Straße gegangen. Die Demonstranten in den Millionenmetropolen São Paulo und Rio de Janeiro sowie in anderen Städten des südamerikanischen Landes forderten harte Konsequenzen für die Täter, wie das brasilianische Nachrichtenportal "G1" am Montagabend (Ortszeit) berichtete. Demnach trugen die Demonstranten Plakate mit Aufschriften wie "Keine Amnestie und kein Verzeihen. Wir wollen Bolsonaro im Gefängnis".
Am Vortag war ein Protestcamp mit Bolsonaro-Anhängern geräumt worden. Wie "G1" weiter berichtet, wurden nun Mütter von kleinen Kindern und ältere Menschen wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Bundespolizei ließ sie in der Nacht auf Dienstag (Ortszeit) in zwei Bussen wegfahren, hieß es. Bei der Räumung nahm die Polizei rund 1200 Bolsonaro-Unterstützer fest und brachte sie zur Akademie der Bundespolizei, um ihre Personalien festzustellen. Nach einer Vernehmung sollte entschieden werden, ob sie freigelassen oder in Untersuchungshaft genommen werden, teilte Justizminister Flávio Dino mit. Direkt beim Angriff auf das Regierungsviertel waren bereits 300 Menschen festgenommen worden.
Die Hintergründe zum Sturm rütteln derzeit Brasilien auf: War es nur Nachlässigkeit, Inkompetenz oder steckten die Sicherheitskräfte in Brasília mit den rechtsradikalen Angreifern auf das Parlament sogar unter einer Decke?
Sicherheitskräften wird Bolsonaro-Nähe vorgeworfen
Einige Kommentatoren heben dabei die Nähe des Sicherheitsapparats zum abgewählten Staatschef hervor. "Die Tragödie in Brasília" sei "mehr als vorhersehbar" gewesen, kommentierte die Tageszeitung "O Povo". Die Zeitung "Estado de S. Paulo" beklagte "die erschreckende Leichtigkeit, mit der die Vandalen in die Orte der Macht in Brasília eingedrungen sind - der schlimmste Angriff auf die brasilianische Demokratie seit dem Ende der Militärdiktatur".
Am Sonntag hatten radikale Bolsonaro-Anhänger das Regierungsviertel in der brasilianischen Hauptstadt Brasília gestürmt. Sie brachten kurzzeitig die Schaltzentralen der wichtigsten Staatsgewalten des Landes unter ihre Kontrolle. Sie drangen in den Kongress, das Oberste Gericht und den Regierungssitz ein, randalierten und hinterließen eine Spur der Verwüstung. Erst nach Stunden brachten die Sicherheitskräfte die Lage wieder unter Kontrolle. Derzeit ermittelt die Polizei, wer sich bei dem Angriff auf das Regierungsviertel strafbar gemacht hat. Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva warf seinem Vorgänger Bolsonaro vor, seine Anhänger aufgestachelt zu haben. Der ehemalige Präsident wies die Anschuldigungen zurück.
Quelle: ntv.de, ysc/dpa/AFP