Abtreibungsrecht auf der Kippe Tausende Menschen protestieren in den USA
03.10.2021, 01:05 Uhr
Eine Umarmung bei der Demonstration in Los Angeles.
(Foto: AP)
Die Abtreibungsgegner in den USA wittern eine historische Chance, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch zu kippen. Das Oberste Gericht in den USA ist so konservativ besetzt wie seit vielen Jahrzehnten nicht. Abtreibungsbefürworter gehen zu Tausenden auf die Straßen.
Tausende Menschen haben in der US-Hauptstadt Washington und anderen Städten des Landes für das Recht auf Abtreibung demonstriert. Zahlreiche Organisationen hatten nach eigenen Angaben zu Demonstrationen in allen US-Bundesstaaten aufgerufen. In Washington zogen die Demonstranten vor das Oberste Gericht.
Der Supreme Court wird sich bald mit einem erneuten Versuch befassen, das aktuelle Recht auf Abtreibungen in den USA zu kippen. Für Anfang Dezember ist dort eine mündliche Verhandlung zu einem entsprechenden Rechtsstreit aus dem Bundesstaat Mississippi angesetzt.
An den Protesten beteiligten sich weit weniger Menschen als beim ersten Mal vor vier Jahren. Zum landesweiten "Women's March" aus Protest gegen die Anti-Abtreibungshaltung des damaligen US-Präsidenten Donald Trump kamen etwa vier Millionen Menschen. Es war der größte Protest in der US-Geschichte. Seither ist die Zahl der Demonstranten jedes Jahr geschrumpft. Wegen der Verhandlung am Supreme Court hoffen Organisatoren und Aktivisten auf eine Neubelebung der jährlichen Märsche. Zudem stehen im kommenden Jahr Kongresswahlen an.
In dem Fall aus Mississippi wird versucht, eine wegweisende Entscheidung (Roe gegen Wade) des Obersten Gerichts rückgängig zu machen, mit der Abtreibungen landesweit für rechtens erklärt worden waren. Ein neues Gesetz in Mississippi, das bisher von Gerichten blockiert wurde, verbietet Abtreibungen nach der 15. Schwangerschaftswoche. Der Bundesstaat verlangt, die Supreme-Court-Entscheidung im Fall Roe gegen Wade aus dem Jahr 1973 generell zurückzunehmen.
Der Streit über das Recht auf Abtreibung beschäftigt die Gerichte und die Gesellschaft in den USA seit Jahrzehnten. Es ist nicht das erste Mal, dass Roe v. Wade zu kippen droht - aber jetzt scheint die Möglichkeit so groß wie selten zuvor. Denn unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump ist der Supreme Court deutlich konservativer geworden.
Zuletzt sorgte in den USA ein neues Gesetz im Bundesstaat Texas für große Empörung: Es verbietet fast alle Abtreibungen, sobald der Herzschlag des Fötus festgestellt worden ist. Viele Frauen wissen zu diesen Zeitpunkt gar nicht, dass sie schwanger sind. Der Supreme Court hatte einen Eilantrag gegen das Gesetz abgewiesen. Zwar hat er dabei nicht in der Sache an sich geurteilt. Viele fürchten aber, dass die Entscheidung erahnen lässt, wie das Gericht im Mississippi-Fall entscheiden wird.
Quelle: ntv.de, rpe/dpa