Über 100 vorläufige Festnahmen Tausende ziehen bei Corona-Demos durch Berlin
28.08.2021, 21:20 Uhr
Bei einer Kundgebung auf dem Leipziger Platz gegen die Corona-Politik der Regierung kommt es zu Rangeleien mit der Polizei.
(Foto: dpa)
Die Berliner Polizei verbietet neun Demonstrationen, da sie davon ausgeht, dass die Corona-Regeln gebrochen werden. Nur eine Versammlung bleibt erlaubt. Dennoch versammeln sich Tausende an verschiedenen Orten in der Hauptstadt. Es kommt zu Zusammenstößen und Dutzenden Festnahmen.
Trotz des Verbots einiger Veranstaltungen haben sich in Berlin nach Polizeiangaben Tausende Demonstranten aus Protest gegen die Corona-Politik versammelt. Am Abend twitterte die Polizei: "Über 100 Menschen mussten wir heute mindestens kurzzeitig die Freiheit beschränken, mehrere dutzend Ordnungswidrigkeiten- und Strafanzeigen schreiben." Die Polizei begleitete die einzelnen Züge und zog dabei nach eigenen Angaben immer wieder Rädelsführer aus den Gruppen. Es gab einige Angriffe auf Einsatzkräfte, dabei wurde nach bisherigen Angaben ein Polizist verletzt.
An der Lessingbrücke zwischen den Ortsteilen Tiergarten und Moabit versuchten Demonstranten nach Angaben der Einsatzkräfte auch, eine Polizeiabsperrung zu durchbrechen. Dies habe aber auch durch den Einsatz von Pfefferspray verhindert werden können. Der RBB berichtete von tumultartigen Szenen und Rangeleien.
Der "Tagesspiegel" schreibt, es habe mehrere unangemeldete Protestzüge gegeben. Demonstranten zogen unter anderem durch die Bezirke Mitte und Tiergarten. Die "Berliner Zeitung" berichtet, ein Zug in Moabit sei auf rund 3000 Teilnehmende angewachsen. Zuvor habe es in Mitte eine Demo mit knapp 1000 Teilnehmenden gegeben.
Der Verein "Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus" twitterte, "wir wurden von Teilnehmenden einer 'Die Basis'-Kundgebung am Leipziger Platz massiv bedrängt und mussten Arbeit einstellen". Die Polizei habe gesagt, sie nicht schützen zu können, da sie zu wenige Beamte seien. "Es wird immer schwerer für Presse bei Querdenken", hieß es weiter.
Nach mehreren Verboten für einzelne Versammlungen lief ein großer Teil Augenzeugen zufolge zu Beginn eher ziellos durch die Straßen. Zunächst zogen einzelne Gruppen durch den Stadtteil Friedrichshain. Die Menschen waren in der weit überwiegenden Mehrheit ohne Masken oder andere Schutzmaßnahmen unterwegs.
2000 Beamte im Einsatz
Im benachbarten Stadtteil Prenzlauer Berg versuchten die Protestler dann immer, wieder zu einem "Zug der Liebe" dazu zustoßen, zu dem bei House- und Technomusik rund 10.000 Menschen erwartet wurden. Die Polizei verhinderte dies mit Absperrungen. Polizeihubschrauber waren zur Beobachtung der unübersichtlichen Szenerie eingesetzt, weite Teile des Regierungsviertels abgesperrt.
Die Polizei hatte sich trotz zahlreicher Demonstrationsverbote auf größere Einsätze eingestellt. Rund 2000 Kräfte standen nach eigenen Angaben bereit, darunter ist auch Unterstützung aus Baden-Württemberg, Niedersachsen, Bayern und Sachsen.
Neun Demonstrationen waren von der Polizei verboten worden, darunter Kundgebungen der "Initiative Querdenken" auf der Straße des 17. Juni. Drei Eilanträge gegen die Verbote wies das Verwaltungsgericht zurück, einem gaben sie statt: Eine für diesen Samstag und Sonntag angemeldete Versammlung mit je 500 erwarteten Teilnehmern durfte stattfinden. Auf diese Veranstaltung wurde dann über das soziale Netzwerk Telegram hingewiesen.
Bereits Anfang August hatten in der Hauptstadt Tausende Menschen trotz Verbots gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert. Die Polizei sprach damals von mehr als 5000 Teilnehmern. Dabei gab es auch Angriffe auf Einsatzkräfte und einen Gewerkschaftsvertreter. Hunderte Menschen wurden festgenommen.
Vor einem Jahr, am 29. August 2020, hatten Zehntausende in Berlin gegen die Corona-Einschränkungen protestiert. Dabei hatten Demonstranten eine Absperrung am Reichstagsgebäude durchbrochen, die zahlenmäßig weit unterlegenen Wachkräfte bedrängt und für einige Zeit eine Treppe vor einem Eingang besetzt. Die Bilder davon lösten breite Empörung aus und sorgten auch international für Aufsehen.
Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP