Lukaschenko-Gegnerin im Exil Tichanowskaja zu 15 Jahren Haft verurteilt
06.03.2023, 18:34 Uhr
"Prozess ist eine Farce": Lukaschenkos Widersacherin Tichanowskaja ist nach Litauen geflohen.
(Foto: picture alliance/dpa/KEYSTONE)
Viele Belarussen sehen sie als die eigentliche Wahlsiegerin bei der Abstimmung 2020. Nun wird die ins Exil geflohene Tichanowskaja zu 15 Jahren Haft verurteilt. Der Vorwurf des Lukaschenko-Regimes: Sie wollte die Macht ergreifen.
Die im Exil lebende belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja ist wegen ihrer Rolle bei regierungskritischen Protesten in ihrer Heimat zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Belta meldete, wurde die nach Litauen geflohene Tichanowskaja in Abwesenheit wegen Hochverrats und "Verschwörung zur Machtergreifung" schuldig gesprochen. Die 40-Jährige kündigte umgehend an, ihren politischen Kampf fortzusetzen.
Tichanowskaja war im Sommer 2020 bei der Präsidentschaftswahl in der ehemaligen Sowjetrepublik gegen den langjährigen Machthaber Alexander Lukaschenko angetreten. Nach dessen vom Westen nicht anerkannter angeblicher Wiederwahl prangerte Tichanowskaja Wahlfälschung an und reklamierte den Sieg für sich. Massenproteste nach der Wahl ließ der autoritär regierende Staatschef gewaltsam niederschlagen. Tausende Menschen wurden festgenommen oder flohen ins Ausland, darunter auch Tichanowskaja. Neben der 40-Jährigen, die ihre Anhänger als eigentliche Wahlsiegerin sehen, wurde der ehemalige Diplomat und Kulturminister Pawel Latuschko ebenfalls in Abwesenheit zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt, drei weitere Aktivisten erhielten Haftstrafen von jeweils zwölf Jahren.
"Lukaschenkos Rache"
Tichanowskaja gilt als Gesicht der belarussischen Opposition, regelmäßig prangert sie die anhaltenden Übergriffe der Regierung an. In einer ersten Reaktion auf ihre Verurteilung kündigte sie an, sich auch weiterhin für alle inhaftierten politischen Gefangenen in ihrer Heimat einzusetzen. "Ich werde nicht aufhören, bis jeder von ihnen freigelassen wird," erklärte sie in den Online-Netzwerken. Bereits im Januar hatte Tichanowskaja ihren Prozess als "Farce" und "persönliche Rache" Lukaschenkos bezeichnet. Der lettische Außenminister Edgars Rinkevics sprach von einem "Scheingericht" und einem "Missbrauch der Justiz" durch das "illegitime Lukaschenko-Regime".
Zu den führenden Aktivisten, die in Belarus in Haft sitzen, gehören Tichanoswakajas Mann Sergej Tichanowski und Friedensnobelpreisträger Ales Bjaljazki. Ein Gericht in Minsk hatte den bereits seit 2021 inhaftierten 60-jährigen Mitgründer der Bürgerrechtsorganisation Wjasna am Freitag zu weiteren zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Wjasna zählte zum 1. März insgesamt 1461 politische Häftlinge in Belarus. Lukaschenko regiert seit fast drei Jahrzehnten. Er ist ein treuer Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Quelle: ntv.de, mau/AFP