Nach Einmarsch der Türkei in Irak Trittin fordert Abzug aus Incirlik
21.11.2016, 07:22 Uhr
Die Stationierung von Bundeswehr-Soldaten in Incirlik ist in Deutschland umstritten.
(Foto: REUTERS)
Gerade erst hat der Bundestag das Mandat für den Bundeswehr-Einsatz in Incirlik verlängert - doch mit dem Einmarsch türkischer Truppen in den Irak ist für Jürgen Trittin eine rote Linie überschritten. Er fordert einen anderen Umgang mit Präsident Erdogan.
Angesichts des Vorgehens der Türkei in Syrien und dem Irak hat der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin einen Abzug der deutschen Tornado-Aufklärungsjets aus Incirlik gefordert. Die Gefahr, dass die türkische Armee deutsche Aufklärungsergebnisse für Angriffe gegen die Kurden-Milizen in Nordsyrien verwende, sei "sehr hoch", sagte Trittin in Istanbul. Im Irak operiere die türkische Armee gegen den erklärten Willen der dortigen Regierung. "Das ist im Kern ein völkerrechtswidriges Verhalten."
Trittin ist Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der Nato, deren Jahrestagung derzeit in Istanbul stattfindet. Am letzten Tag der Konferenz des beratenden Gremiums werden auch Ansprachen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erwartet.
Trittin forderte, die Rüstungszusammenarbeit der Nato-Staaten mit dem Bündnispartner Türkei zu stoppen. "Die Türkei marschiert im Irak und in Syrien mit schwerem Gerät ein, dass sie aus Deutschland hat. Das kann nicht ohne Konsequenzen bleiben." Die "Grundmelodie" im Umgang mit Erdogan müsse sein: "Wir sind an guten Beziehungen mit der Türkei interessiert, lassen uns aber nicht auf der Nase herumtanzen."
Auch Kujat kritisierte Incirlik-Mandat
Erst Anfang November war das Mandat für den Bundeswehreinsatz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak verlängert worden. Auf Drängen der SPD wurde im Verteidigungsausschuss des Bundestages aber eine Erklärung zu Protokoll gegeben, in der die Regierung betont, sie werde Alternativstandorte für den Einsatz prüfen. Außerdem wolle sie die Forderung nach einem uneingeschränkten Besuchsrecht für deutsche Abgeordnete in Incirlik Nachdruck verleihen.
Zuvor hatte vier Monate lang kein deutscher Abgeordneter die 250 in Incirlik stationierten Bundeswehrsoldaten besuchen dürfen. Das Verbot war von der Führung in Ankara wegen der Armenien-Resolution des Bundestags ausgesprochen worden. Auch deshalb gab es viel Kritik an der Mandatsverlängerung. Sich in Incirlik nicht erneut - wie schon beim Flüchtlingsdeal - in die Hand der Türkei zu begeben, sei eine Frage der Selbstachtung, hatte der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, erklärt.
Quelle: ntv.de, jug/dpa