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Mugshot zur Mittagszeit Trump wandert heute in die Verbrecherdatei

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Trump ging am Montagnachmittag durch einen Nebeneingang in den Trump Tower. Vor dem Gebäude gelten scharfe Sicherheitsvorkehrungen.

Trump ging am Montagnachmittag durch einen Nebeneingang in den Trump Tower. Vor dem Gebäude gelten scharfe Sicherheitsvorkehrungen.

(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

Mit oder ohne Handschellen? Vor dem heutigen Trump-Auftritt vor einem Strafgericht in Manhattan wird viel über Einzelheiten spekuliert. Sicher ist: Der Termin ist historisch.

Irgendwann heute Mittag, Ortszeit New York, ist es so weit: Der ehemalige US-Präsident Donald Trump erscheint vor einem Strafgericht in Manhattan, dort wird dann seine Anklageschrift verlesen. Vorher muss Trump seine Fingerabdrücke abgeben und sich polizeilich fotografieren lassen. Der so entstehende "Mugshot" dürfte auch dann in die Geschichte eingehen, wenn er nie veröffentlicht wird.

Mugshots, das sind die legendären Porträts von Tatverdächtigen in den USA. Das ist wichtig zu betonen, denn diese Fotos wirken zwar, als zeigten sie Schwerverbrecher, aber tatsächlich werden sie bereits bei der Festnahme aufgenommen, also vor der Verurteilung. Anders als in Deutschland werden solche Fotos in den USA normalerweise von den Strafverfolgungsbehörden veröffentlicht. In der Regel nimmt der Staat kein Copyright auf die Bilder wahr, sie dürfen daher von den Medien munter reproduziert werden.

In New York ist das anders, hier sind Mugshots nicht automatisch frei zur Veröffentlichung. Trumps Anwälte wollen dies daher verhindern. "Ich mag Transparenz. Ich denke, dass sie in bestimmten Situationen eine gute Sache ist. Ich habe ein Problem mit dem Durchstechen von Bildern", sagte seine Rechtsanwältin Alina Habba bei CNN. Angesichts des Wahlkampfes und weil Trump der "führende" Kandidat der Republikaner sei, ist die Veröffentlichung solcher Bilder aus ihrer Sicht "nicht hilfreich". Der aktuell laufende Wahlkampf ist ein innerparteilicher: Trump bewirbt sich erneut für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner, es geht um die Wahl 2024.

Die Mugshots dürften im Wahlkampf helfen

Dem britischen "Independent" zufolge überlegt Trump allerdings, ob er selbst das Foto nutzen sollte, um es für die Finanzierung seines Wahlkampfes zu verwenden, indem er es etwa auf Werbemitteln abdruckt. Der Strafverteidiger Alan Dershowitz, der Trump bei anderen Gelegenheiten vertreten hat, sagte, er habe dem Ex-Präsidenten empfohlen, genau dies zu tun.

Auch ohne Trumps Zutun könnten zahlreiche Mugshots kursieren: Die Zeitschrift "Time" schreibt, Anhänger des Ex-Präsidenten hätten in Online-Foren verabredet, so viele künstlich hergestellte Mugshots wie möglich in Umlauf zu bringen, damit niemand mehr wisse, welches das echte Foto sei. Das entspräche der "Flood the zone with shit"-Strategie des früheren Trump-Beraters Steve Bannon: der Öffentlichkeit so viele Lügen und so viel Unfug präsentieren, dass die Aufmerksamkeit zwar immer auf Trump liegt - aber nie auf den Themen, die ihm wirklich schaden könnten.

"Hexenjagd" zur besten Sendezeit

Mugshot oder nicht, in jedem Fall ist der Termin historisch: Trump ist der erste ehemalige US-Präsident, der in einem Strafverfahren angeklagt ist. Erwartet werden Proteste von Anhängern und Gegnern; nach den Erfahrungen mit dem Sturm auf das Kapitol in Washington durch aufgehetzte Trump-Anhänger hat New York scharfe Sicherheitsvorkehrungen verhängt.

Gestern reiste er von seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida nach New York, am Montagnachmittag betrat er, beobachtet von Fotografen und Kameraleuten, den Trump Tower in der Fifth Avenue. Falls er es schnell genug zurück nach Hause schafft, will er nach seinem Gerichtstermin heute Abend in Mar-a-Lago eine Rede halten - um 20.15 Uhr Ostküstenzeit, zur besten Sendezeit also. In Deutschland ist es dann 2.15 Uhr am Mittwochmorgen. Vermutlich wird Trump dann ein weiteres Mal davon sprechen, dass gegen ihn eine "Hexenjagd" im Gange sei - ein Vorwurf, den er seit Jahren erhebt, wenn er in politischen oder juristischen Schwierigkeiten steckt.

Im aktuellen Fall geht es um Schweigegeldzahlungen an die ehemalige Pornodarstellerin Stormy Daniels. Ihrer Aussage zufolge hatten die beiden 2006 Sex. Zehn Jahre später habe Trump ihr vor den Präsidentschaftswahlen 130.000 Dollar gezahlt, damit sie den Mund hält. Die Zahlung wurde später von Trump und seinen Anwälten bestätigt. Die Anklageschrift ist noch nicht öffentlich, sie wird erst beim Gerichtstermin verlesen. Klar ist, dass es nicht illegal war, Schweigegeld zu zahlen. Berichten zufolge wird dem Ex-Präsidenten jedoch vorgeworfen, dabei gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen zu haben. Insgesamt sollen Trump 34 Straftaten zur Last gelegt werden, die allesamt mit einer Haftstrafe geahndet werden.

"Gereizt" und "entkräftet"

Die Zahlung des Schweigegelds lief 2016 über Trumps damaligen Anwalt Michael Cohen, der sich 2018 von diesem lossagte und sich der illegalen Wahlkampffinanzierung schuldig bekannte. Cohens Zahlung an Stormy Daniels wurde ihm von Trump erstattet, wie dieser selbst einräumte. Laut "Washington Post" könnte die Anklage heute zu einem Schwerverbrechen ausgeweitet werden, wenn der Verdacht besteht, dass Unterlagen gefälscht wurden, um eine andere Straftat zu vertuschen oder zu begehen.

Für den Mugshot und den folgenden Gerichtstermin dürfte Trump offiziell in Gewahrsam genommen werden. Normalerweise werden Angeklagte in Handschellen vorgeführt - ob das jedoch auch mit einem ehemaligen Präsidenten gemacht wird, der permanent in Begleitung von Secret-Service-Agenten unterwegs ist, darf bezweifelt werden. Noch Ende März soll Trump mit Blick auf den Gerichtstermin guter Dinge gewesen sein, er soll sogar Witze über "goldene Handschellen" gemacht haben, mit denen er in New York erscheinen werde. Am vergangenen Donnerstag habe sich seine Stimmung jedoch gedreht, so die "Washington Times", ein Berater beschrieb ihn der Zeitung zufolge als "gereizt" und "entkräftet".

Quelle: ntv.de

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