Politik

Merkel mahnt Präsidenten Tunesien wird erstmals von Frau regiert

Die weitgehend unbekannte Universitätsdozentin Najla Bouden soll die Regierung Tunesiens anführen.

Die weitgehend unbekannte Universitätsdozentin Najla Bouden soll die Regierung Tunesiens anführen.

(Foto: AP)

In einem medial inszenierten Schritt stellt Tunesiens Präsident Saied eine neue Regierungschefin für sein Land vor. Die Universitätsdozentin Bouden soll "in den nächsten Stunden oder Tagen" ein neues Kabinett präsentieren. Ihre Machtbefugnisse sind derweil nur eingeschränkt.

In Tunesien ist mit Najla Bouden erstmals eine Frau zur Ministerpräsidentin ernannt worden. Zwei Monate nach der Entmachtung der bisherigen Regierung beauftragte Präsident Kais Saied Bouden, "so schnell wie möglich" eine Regierung zu bilden, wie Saieds Büro mitteilte. Saied telefonierte zudem mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, die eine Rückkehr zur "parlamentarischen Demokratie" anmahnte.

Die 63-jährige Universitätsdozentin Bouden ist in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Ihre Befugnisse als künftige Regierungschefin sind deutlich eingeschränkt, seitdem Saied vor einer Woche seine eigenen Machtbefugnisse ausgeweitet hat. In einem vom Präsidialamt veröffentlichten Video empfing Saied Bouden in seinem Büro und wies sie an, ein neues Kabinett zu bilden und "in den nächsten Stunden oder Tagen" zu präsentieren. Zentrale Aufgabe der künftigen Regierung sei es, "der Korruption und dem Chaos, das sich in vielen staatlichen Einrichtungen ausgebreitet hat, ein Ende zu setzen".

Der Staatschef bezeichnete die Nominierung Boudens als "Ehre für Tunesien und Anerkennung für die tunesischen Frauen". Obwohl Saied wiederholt betonte, wie "historisch" die Ernennung einer Frau sei, kam in dem Video nur er zu Wort. Vor ihrer überraschenden Ernennung leitete Bouden ein Hochschulreform-Projekt. Sie hat einen Doktortitel in Geologie und war in der Vergangenheit auch in leitender Position im Hochschulministerium tätig.

Präsident stürzt Land in Verfassungskrise

Regierungssprecher Steffen Seibert zufolge würdigte Merkel in ihrem Telefonat mit Saied die demokratischen Errungenschaften Tunesiens "in der Vergangenheit". Sie betonte demnach, dass eine "Rückkehr zur parlamentarischen Demokratie im Dialog mit allen politischen Akteuren" essenziell sei.

Saied hatte Ende Juli mithilfe eines Notstandsartikels der Verfassung den bisherigen Regierungschef Hichem Mechichi abgesetzt, die Arbeit des Parlaments ausgesetzt und die Immunität der Abgeordneten aufgehoben. Die Entmachtung der Regierung und die Suspendierung des Parlaments stürzten Tunesien in eine Verfassungskrise. Die bis dahin regierende Ennahdha-Partei warf ihm einen "Putsch" vor. Hunderte Tunesier hatten gegen Saieds Vorgehen protestiert. Viele fürchteten einen Rückfall in die Zeit vor dem Arabischen Frühling 2011, der zum Sturz des langjährigen Machthabers Zine El Abidine Ben Ali geführt hatte.

Tunesien galt lange als Musterland des Arabischen Frühlings. Allerdings hat das Land auch mehr als zehn Jahre nach dem demokratischen Wandel nicht zu politischer Stabilität gefunden. Seit dem Sturz von Langzeit-Machthaber Ben Ali gab es zahlreiche Regierungen, von denen sich einige nur Monate an der Macht halten konnten.

Quelle: ntv.de, fzö/AFP

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