Abstimmung "verfassungswidrig" Tusk ruft zum Wahl-Boykott in Polen auf
28.04.2020, 21:19 Uhr
Donald Tusk nennt die geplante Wahl am 10. Mai verfassungswidrig.
(Foto: imago images/Ukrinform)
In Polen soll am 10. Mai die Präsidentschaftswahl trotz Coronavirus-Pandemie wie geplant stattfinden. Allerdings soll als reine Briefwahl abgestimmt werden. Der ehemalige EU-Ratspräsident Tusk verweigert sich deshalb der Stimmabgabe - und ruft die polnische Bevölkerung dazu auf, es ihm gleichzutun.
Der Vorsitzende der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) und ehemalige EU-Ratspräsident, Donald Tusk, hat zum Boykott der inmitten der Corona-Krise geplanten Präsidentschaftswahl in Polen aufgerufen. Die Abstimmung sei "verfassungswidrig", sagte der ehemalige polnische Ministerpräsident in einer Videobotschaft auf Twitter. Die Regierung in Warschau steht seit Wochen in der Kritik, weil sie die Wahl trotz der Pandemie weiterhin am 10. Mai abhalten will.
"Ich werde mich nicht an der Abstimmung am 10. Mai beteiligen", sagte Tusk in seiner Botschaft. Er vermeide "absichtlich das Wort 'Wahl'", denn die geplante Abstimmung habe "nichts mit einer Wahl zu tun". Er bezog sich dabei auf ein Anfang des Monats verabschiedetes Gesetz, wonach die Wahl wegen der Coronavirus-Pandemie als reine Briefwahl organisiert werden soll. Die Opposition und viele Experten sehen dies als Verstoß gegen die Verfassung.
Niemand garantiere, dass "die Stimmabgabe geheim ist", sagte Tusk weiter, weshalb "wir nicht an dieser Abstimmung teilnehmen sollten". Die Änderungen des Wahlgesetzes seien "verfassungswidrig, weil sie kurz vor der Abstimmung vorgenommen wurden", erläuterte er.
Opposition kann keinen Wahlkampf machen
Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) beharrt auf der Abhaltung der Wahl am 10. Mai. Sie argumentiert damit, dass die Briefwahl die Sicherheit der Bürger gewährleistet und die Abstimmung eine verfassungsmäßige Notwendigkeit sei. Jedoch spricht sich nur einer von vier Polen laut einer veröffentlichten Umfrage für das Durchführen der Wahl am geplanten Termin aus.
Die meisten Experten sind der Ansicht, eine Abstimmung im Mai erhöhe die Chancen von Präsident Andrzej Duda, der in den Umfragen führt. Grund ist unter anderem, dass die Opposition wegen des Versammlungsverbots keinen Wahlkampf machen kann, während der Amtsinhaber regelmäßig mit Ansprachen zum Kampf gegen das Coronavirus in den Medien präsent ist.
Eine Verschiebung hingegen könnte negative Auswirkungen auf seine Wiederwahl haben. Duda ist eng mit Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski verbunden. Tusk hingegen hat nach wie vor einen starken Einfluss auf die liberale Opposition in Polen. Deren Kandidatin Malgorzata Kidawa-Blonska verlor zuletzt laut Meinungsumfragen an Popularität.
Quelle: ntv.de, vmi/AFP