Politik

Experten ordnen Angriffe ein US-Vorgehen in der Karibik verstößt mehrfach gegen Völkerrecht

23.12.2025, 18:44 Uhr
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Die USA haben Soldaten, Kriegsschiffe, einen Flugzeugträger und einen Langstreckenbomber in die Region nahe Venezuela verlegt. (Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

US-Streitkräfte greifen seit Monaten Boote in der Karibik an, die angeblich Drogen schmuggeln. Inwieweit verstößt die Trump-Regierung damit gegen internationales Recht? Fachleute erklären, um welche Regelungen es geht und was die Reaktion anderer Staaten damit zu tun hat.

Die Angriffe der USA auf mutmaßliche Drogenschmuggler in der Karibik haben eine breite völkerrechtliche Debatte ausgelöst. Experten werfen der Regierung von US-Präsident Donald Trump klare Verstöße gegen internationales Recht vor. Aber um welche Regelungen geht es genau? Und was für Folgen könnten solche Verstöße haben?

Das Völkerrecht regelt die Rechtsbeziehung von Staaten untereinander. Es ergibt sich aus Verträgen - oft als Übereinkommen oder Konventionen bezeichnet - sowie durch Urteile internationaler Gerichte wie dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Eine zentrale Bedeutung hat zum Beispiel die Charta der Vereinten Nationen von 1945.

Die US-Einsätze in der Karibik verstoßen zunächst wohl gegen das in der UN-Charta verankerte Gewaltverbot, erklärt Thilo Marauhn, Leiter der Forschungsgruppe Völkerrecht am Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung. Danach ist sowohl die Androhung als auch die Anwendung militärischer Gewalt verboten. Da die USA nicht angegriffen wurden und der UN-Sicherheitsrat die Maßnahmen nicht erlaubt hat, träfe keine der beiden anerkannten Ausnahmen von diesem Verbot zu, so Marauhn.

Die USA haben in den vergangenen Monaten mehrere Boote in der Karibik angegriffen, die angeblich Drogen schmuggelten. Außerdem wurden Soldaten, Kriegsschiffe, ein Flugzeugträger und ein Langstreckenbomber in die Region nahe Venezuela verlegt. Das Vorgehen begründet die US-Regierung mit dem Kampf gegen Drogenkartelle. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro sieht dahinter aber den Versuch, einen Machtwechsel im Land zu erzwingen.

Das humanitäre Völkerrecht, das Regeln für Kriege und andere internationale bewaffnete Konflikte setzt, greife in Bezug auf die US-Einsätze in der Karibik wohl nicht, sagt Markus Krajewski, Leiter des Lehrstuhls für Völkerrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Denn einen Krieg zwischen einem Staat und einem Drogenkartell, wie Trump das Vorgehen der USA rechtfertige, kenne das humanitäre Recht nicht als Kategorie.

Krajewski sieht in den Angriffen der USA aber unter anderem einen Verstoß gegen internationales Seerecht. Dieses besage, dass ein Staat ein verdächtiges Schiff nicht ohne Vorwarnung versenken darf. Bei Verdacht auf schwere Straftaten müsse das Schiff zunächst zum Anhalten aufgefordert werden. Reagiere es nicht, sei ein Warnschuss erlaubt. Hält es an, dürfe man es durchsuchen und Verdächtige festnehmen. Ein Versenken sehe das Seerecht aber nicht vor, so Krajewski.

Felix Herbert vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht betont, dass vor allem das Menschenrecht auf Leben verletzt werde, das Menschen vor willkürlichen Tötungen schützt. Anders als von der US-Regierung behauptet seien die getöteten Menschen auf den mutmaßlichen Drogenbooten keine "unrechtmäßigen Kombattanten", sondern Zivilisten. Der Drogenhandel verursache in den USA zwar Schäden - diese reichten aber nicht aus, um bei den Getöteten von unrechtmäßigen Kombattanten auszugehen.

Rechtliche Folgen werden die Völkerrechtsverstöße für die USA aber wohl nicht haben. "Im Völkerrecht kann man nur vor einem Gericht verklagt werden, wenn man der Zuständigkeit dieses Gerichts zugestimmt hat", so Herbert. Da die USA aber etwa kein Vertragspartner des Internationalen Strafgerichtshofs sind, gebe es kaum Möglichkeiten für eine völkerstrafrechtliche Verfolgung.

Ob völkerrechtliche Regeln wie das Gewaltverbot international durchgesetzt werden, hänge daher vor allem davon ab, wie andere Staaten auf mögliche Verstöße reagieren und ob sie diese klar benennen, betont Marauhn. "Wenn ein Staat nicht Stellung bezieht, nimmt er in Kauf, dass das Recht sich in seinem Inhalt verändert und das, was bisher verboten war, irgendwann erlaubt ist."

Quelle: ntv.de, are/dpa

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