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Offensive gegen U-Ausschuss Trump erwägt Blitzbewerbung für 2024

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Verliert Donald Trump die Geduld?

Verliert Donald Trump die Geduld?

(Foto: AP)

Im Kongress zerpflücken ihn seine Gegner wegen des Aufstands am 6. Januar 2021, das Urteil des Supreme Courts zum Abtreibungsrecht elektrisiert sie. Nun denkt Ex-Präsident Trump über eine ungewöhnliche Gegenstrategie nach: noch vor den Kongresswahlen die Absicht zu erklären, wieder ins Weiße Haus zu wollen.

Eine der wichtigsten Fragen im politischen Washington ist seit 2016: Was macht Donald Trump? Die aktuelle Antwort: Er bereitet seine Präsidentschaftskandidatur für 2024 vor. Das hat der Ex-Präsident schon länger getan, aber laut US-Medien erwägt er, seine Bewerbung noch in diesem Monat zu verkünden. Längst nicht alle Republikaner und sogar nicht alle in seinem eigenen Lager sind mit einem solch ungewöhnlichen Schritt einverstanden. Unter Parteikollegen gibt es zudem große Zweifel daran, dass Trump der beste Kandidat für die Partei wäre.

Eine Verkündung käme ungewöhnlich früh; schließlich stehen zunächst die Kongresswahlen im November an. Mehrere hochrangige Republikaner würden zumindest bis dann noch warten. Würde Trumps Schatten die Basis von den Zwischenwahlen ablenken, den republikanischen Kandidaten für Abgeordnetenhaus und Senat sogar schaden? Oder die Basis elektrisieren und an die Urnen treiben?

Üblicherweise loten Bewerber lange vorher ihre Chancen aus, was vor allem mit dem finanziellen Aufwand zu tun hat. Wer es nicht schafft, genügend Spenden einzutreiben, kann sich keinen kostspieligen Wahlkampf leisten. Dieses Problem hat Trump nicht, bereits jetzt warten etwa 100 Millionen US-Dollar auf ihren Einsatz. Nicht zu unterschätzen ist auch die hohe Spendenbereitschaft seiner Basis. Trump erwägt den Schritt, um seinen Führungsanspruch bei den Republikanern zu unterstreichen und mit der Aufmerksamkeit möglichen Rivalen den Boden zu entziehen, schreibt die "New York Times".

Hält Trump für parteischädigend: die Republikanerin Liz Cheney.

Hält Trump für parteischädigend: die Republikanerin Liz Cheney.

(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

Die erhöhte Aktivität in Trumps Lager dauert demnach schon mehrere Wochen an. Zuletzt soll er Beratern gegenüber gesagt haben, er erwäge, seine Bewerbung ohne Vorlauf über soziale Medien zu verkünden. Entsprechend hastig sollen seine Mitarbeiter bereits ein Basis-Wahlkampfteam zusammenstellen. Grund für die Eile sollen die öffentlichen Anhörungen des Untersuchungsausschusses im Kongress sein. Der versucht derzeit, Trump öffentlich zu diskreditieren. Das Justizministerium hält zugleich Ausschau nach Beweisen für eine potenzielle Anklage.

Brisante Aussagen von Ex-Mitarbeiterin

Bei den im US-Fernsehen übertragenen Befragungen zum Sturm aufs Kapitol vom 6. Januar 2021 werden Trump schwere Vorwürfe gemacht, kommen verstörende Details ans Licht, zeichnet sich mitunter das Bild eines jähzornigen Möchtegern-Autokraten ab. Dem Ex-Präsidenten wird vorgeworfen, den Aufstand seiner Anhänger nicht verhindert oder sogar aktiv gefördert zu haben. Laut Cassidy Hutchinson, einer Mitarbeiterin des Weißen Hauses, wusste Trump, dass die Demonstranten bewaffnet waren und wollte unbedingt mit ihnen zum Kapitol laufen.

Zum Ausschuss gehören auch die parteiinternen Trump-Kritiker Liz Cheney und Adam Kinzinger. Das Gremium könnte seine Ermittlungen sogar an die Staatsanwaltschaft übergeben. Der Ausschuss hat bereits mehrere Fälle an das Ministerium verwiesen, dessen Chef zugleich der Generalstaatsanwalt der USA ist. Der frühere rechte Präsidentenflüsterer Steve Bannon etwa weigerte sich, vor dem Kongress auszusagen und könnte deshalb ins Gefängnis gehen. "Am Ende entscheidet dies das Justizministerium", sagte Cheney. So wie bei Trumps Stabschef Mark Meadows, gegen den die Staatsanwälte kein Verfahren eingeleitet haben.

Sagte öffentlichkeitswirksam im Ausschuss des Abgeordnetenhauses aus: Cassidy Hutchinson.

Sagte öffentlichkeitswirksam im Ausschuss des Abgeordnetenhauses aus: Cassidy Hutchinson.

(Foto: IMAGO/UPI Photo)

Im Weißen Haus waren sich laut Hutchinson verschiedene Mitarbeiter bewusst, dass die explosive Situation am 6. Januar zu juristischen Konsequenzen führen könnte. Der Rechtsberater Eric Herschmann etwa warnte Trump davor, "kämpfen" und andere Wörter bei seiner Rede vor dem Aufstand zu verwenden. Trumps Berater Pat Cipollone sagte zu Hutchinson, "wir werden wegen jedem vorstellbaren Verbrechen angeklagt werden", falls sein Stab zuließe, dass Trump mit seinen Anhängern zum Kapitol laufen würde. Es könnte dann so aussehen, als würde der Präsident zum Aufstand anstiften oder Wahlbetrug unterstützen.

Laut Justizminister Merrick Garland verfolgen die Staatsanwälte in seinem Haus die Anhörungen im Kongress zum 6. Januar aufmerksam. Das Ressort hält nach Beweisen und Hinweisen für eine mögliche Anklage Ausschau. Über 800 am Aufstand beteiligte Personen sind bereits angeklagt worden. "Wir blicken auf die Verbrechen und arbeiten uns nach oben", sagte Vizejustizministerin Lisa Monaco. Ganz oben, sind viele Demokraten überzeugt, da werden sie Trump vorfinden.

Beliebtester Kandidat unter Republikanern

Der Ex-Präsident ist in der Öffentlichkeit zwar noch immer präsent, steht aber nicht so im Mittelpunkt wie früher. Die Absichtserklärung einer Kandidatur wäre eine Gegenstrategie für mehr Aufmerksamkeit und größeren Einfluss auf den Mediendiskurs und damit möglicherweise die öffentliche Meinung. Der Ex-Präsident ist von verschiedenen sozialen Medien ausgesperrt worden, unter anderen seinem früheren Sprachrohr Twitter. Sein selbst gegründetes soziales Netzwerk "Truth Social" gibt es nicht für alle Plattformen und ist eine Echokammer seiner Basis.

Es ist unklar, ob und wie viel Einfluss die Anhörungen zum 6. Januar 2021 auf die öffentliche Meinung haben. Trump ist in Umfragen weiterhin mit Abstand der populärste mögliche Präsidentschaftskandidat unter Republikanern: 55 Prozent sagten zuletzt den Meinungsforschern von Emerson Polling, sie würden seine Nominierung unterstützen. Der Verfolger ist Floridas Gouverneur Ron DeSantis mit 20 Prozent. Würde Trump wieder gegen Joe Biden antreten, läge er bei allen Wählern mit 44 Prozent vor dem US-Präsidenten, für den sich 39 Prozent entscheiden würden. Die Antworten wurden am 28. und 29. Juni eingesammelt. Die bislang letzte öffentliche Anhörung, bei der Hutchinson auftrat, fand am 29. statt.

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Sollte das Justizministerium den Ex-Präsidenten tatsächlich anklagen, könnte dies eine weitere Amtszeit Trumps verhindern. Laut Verfassung darf niemand vereidigt werden, der sich zuvor eines Aufstands oder einer Rebellion gegen staatliche Institutionen schuldig gemacht oder "deren Feinde begünstigt oder ihnen geholfen hat". Genau das will der Untersuchungsausschuss belegen. Ein Prozess würde vor regulären Zivilgerichten stattfinden.

Manche Republikaner befürchten, dass ein erklärter Bewerber Trump ihre Erfolgsaussichten bei den Kongresswahlen deutlich verschlechtern könnte. Sein Sohn Donald Trump Junior etwa rät dem Ex-Präsidenten laut "New York Times", zunächst ein schlagkräftigeres Wahlkampfteam aufzubauen. Das dürfte sein Vater brauchen. Schon das konservative Urteil des Supreme Courts, den Bundesstaaten beim Abtreibungsrecht freie Hand zu lassen, hat zu einer deutlichen Umfragedelle der Republikaner geführt. Die Demokraten könnten eine mögliche Bewerbung Trumps zur zusätzlichen Mobilisierung seiner Gegner und der eigenen Wähler nutzen.

(Dieser Artikel wurde am Montag, 04. Juli 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de

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