
"Wenn er so weitermacht, wird er unschlagbar sein": Donald Trump will es noch einmal wissen.
(Foto: dpa)
Kokettiert hat er damit fast permanent, nun ist sicher: Donald Trump will für die Republikaner 2024 wieder US-Präsident werden. In Mar-a-Lago macht er unter den Augen der US-Bürger bereits Wahlversprechen. Die ersten Pflöcke sind eingeschlagen.
Donald Trump, so ernst wie selten, dazu ausgeruht und kampfeslustig: Der Ex-Präsident will wieder ins Weiße Haus. Die Papiere hat er bereits eingereicht, die Gäste in Mar-a-Lago jubeln bei seiner Verkündung, konservative Kommentatoren sind elektrisiert. "Wenn er so weitermacht, wird er unschlagbar sein", sagt einer beim Fernsehsender Fox News mit Überzeugung.
Es ist früher Dienstagabend, noch zwei Stunden bis zur "großen Ankündigung" von Donald Trump. Rund um den Wohnsitz des Ex-Präsidenten in Mar-a-Lago schieben sich teure Autos auf die Parkflächen, die anderen müssen sich auf Geheiß der Polizisten vorbeiquetschen. Die ersten US-Fernsehsender schalten bereits live aus dem Innern des Anwesens im Süden Floridas.
Vom Festland führen zwei Brücken hinüber nach Palm Beach, etwa 200 Anhänger verteilen sich darauf. Die wenigen öffentlichen Parkplätze sind voll, manche von der Polizei abgesperrt. Trump-Fahnen flattern im Wind. "Jene, die zu Präsident Trump stehen", ist auf einem Banner zu lesen, hinter dem sich eine große Gruppe versammelt hat. Ein Pickup mit riesigen MAGA-LEDs dröhnt an ihnen vorbei. Andere stehen an der Einfahrt und winken den Ankommenden zu. Geladene Gäste und Medien sind nicht die einzigen, die von einer Verkündung der erneuten Bewerbung um die Kandidatur der Republikaner ausgehen.
Auf den Fernsehgeräten der USA ist derweil zu sehen, wie sich die Menschen im goldüberladenen Saal drängeln, da verkündet Fox News: Vor einem Augenblick habe Donald Trump die Dokumente für seine Bewerbung bei den Behörden eingereicht. Joe Biden hingegen, erzählt der Nachrichtensprecher, sei beim G20-Gipfel in Asien "benebelt und verwirrt". Dabei sei doch so viel auf der Welt zu tun, wo ist er nur? Jedenfalls nicht im Mittelpunkt des Interesses des US-Publikums. Dort ist Trump.
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Pünktlich um 21 Uhr übernimmt der Kommentator Sean Hannity; einer, der regelmäßig mit dem Ex-Präsidenten telefoniert. Die Hymne "God bless the USA" erklingt in Mar-a-Lago, und Melania und Donald schreiten bei der Zeile "Ich bin stolz, ein Amerikaner zu sein" mit ernster, fast schon staatsmännischer Miene in Richtung Pult. Der Ex-Staatschef winkt ein wenig, bedankt sich - und hält sich zunächst überraschend streng an seinen Teleprompter.
Der Unterschied zwischen dem geschriebenen Wort und seinem Plauderton ist noch nie zu überhören gewesen. In Maßen anders ist sein Tonfall. Trump sagt die gleichen Dinge wie als Präsident, aber weniger aggressiv und mit dem Wissen, weiterhin und auch ohne Amt der einflussreichste Politiker der Republikaner zu sein. Er wirkt ausgeruht und selbstsicher.
Trump zählt zuerst all das auf, was er als Erfolge seiner ersten Präsidentschaft erachtet. Also alles: Nicht weniger als Frieden auf der Welt, die beste Wirtschaft der Welt, zudem war die Südgrenze dicht, alle gefährlichen Staaten der Welt hatte er unter Kontrolle, die Globalisierung gestoppt und so weiter und so fort. Er schmeißt mit Superlativen um sich, und es klingt, als wolle er die Vergangenheit noch einmal schreiben, aber eine Frage hinzufügen: Warum wurde ich eigentlich abgewählt? Die "große Ankündigung", auf die seine Anhänger seit einer Woche warten, ist damit auch die Rede, die Trump nach seiner Niederlage nie vor nationalem Fernsehpublikum halten durfte.
Es dauert bis 21.22 Uhr, als Trump mit einem Satz großen Jubel im Saal auslöst: "Um Amerika wieder groß und ruhmreich zu machen, verkünde ich hiermit meine Kandidatur für die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten." Danach wird der Hausherr gelöster und geht häufiger in seinen typisch plaudernden Wahlkampfstil über. Er erklärt sich dabei als selbstlos, da er ja bloß seine Pflicht als US-Bürger erfülle, sein Land zu verteidigen. Ihm gefalle es nämlich überhaupt nicht, dass er dafür ein Politiker sein müsse.
Fahne eingerammt
Trump hat seine Bewerbung äußerst früh verkündet. Wahrscheinlich, um seine Fahne im Feld der Republikaner einzurammen. Damit niemandem im Kongress einfällt, jetzt auszuscheren. Denn das Repräsentantenhaus etwa wird in zwei Jahren erneut gewählt. Jeder wird es sich sehr genau überlegen, Trump für jemand anderen aufzugeben.
Für jeden möglichen Konkurrenten wird es so 2024 äußerst schwierig sein, an Trump vorbeizukommen. Womöglich werden es trotzdem ein paar versuchen: Mike Pence etwa, Trumps Vize im Weißen Haus, der mit ihm nach dem Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 brach, könnte darunter sein. Auch Ron DeSantis, Gouverneur von Florida und der große innerparteiliche Gewinner der Zwischenwahlen, wird als wahrscheinlicher Bewerber gehandelt.
Im zweiten Teil der Rede führt der Ex-Präsident auf, was wegen der zwei Jahre mit den Demokraten an der Macht angeblich so schlimm ist im Land. Die Südgrenze sei "ausradiert" worden, Millionen Menschen strömten nach Norden und brächten Drogen mit. Die Inflation mache alles kaputt, die Straßen der Großstädte seien voller Blut ob der dortigen Gewalt. Der chaotische Abzug aus Afghanistan sei äußerst beschämend für das US-Militär gewesen, und Biden spiele mit dem Risiko eines Dritten Weltkriegs mit Atomwaffen.
"Wir sind heute hier, um zu sagen: Es muss nicht so sein", verkündet Trump: "Nochmal solche vier Jahre hält unser Land nicht aus." Dann wird er auch vom Heilsbringer zum Vertreter der vermeintlich ungehörten breiten Bevölkerung. "Ich bin eure Stimme", stellt er sich vor. "Das wird nicht meiner, sondern unser Wahlkampf, alle zusammen." Er macht Wahlversprechen an die Veteranen, will Bidens historisches Klimapaket wieder außer Kraft setzen, da ja die Atomwaffen viel gefährlicher seien als das bisschen höherer Meeresspiegel.
Nachtreten gegen Merkel
Trump will "Frieden durch Stärke" schaffen, wie bei seiner ersten Präsidentschaft. Aber die größte Bedrohung, unkt er, die drohe von innen. "Wir müssen die eiternde Fäulnis in Washington D.C. säubern und werden den Staat im Staate (den sogenannten deep state, Anm. d. Red.) auseinandernehmen." Auch die Mandate von Kongressmitgliedern müssten begrenzt werden, Wahlkampfspenden von Ex-Mitgliedern verboten werden. Für all diese Ausführungen erntet Trump viel Beifall. "Von jetzt bis zum Wahltag 2024 werde ich kämpfen wie nie zuvor", verspricht er. "Ich trete an, weil wir den Gipfel noch nicht erreicht haben."
Bereits während Trump noch spricht - etwa über Angela Merkel und eine gescheiterte deutsche Energiewende, die der Grund für die USA sein sollte, wieder auf fossile Energieträger zu setzen - hakt Sean Hannity bei Fox News verbal ein und befragt Gesprächspartner zu ihrer Meinung. Die überschlagen sich zumeist vor Begeisterung.
Nach länger als einer Stunde ist die "große Ankündigung" vorbei, Trump winkt und bedankt sich. Zwar sind die Republikaner mit ihm als wichtigstem Gesicht vom Ergebnis der Zwischenwahl enttäuscht. Aber Trump schärfte seine Themen für diese wichtigste Rede seit fast zwei Jahren noch einmal nach, garnierte sie ein wenig mit Selbstlosigkeit und anderem Tonfall. Ob das reicht, um 2024 "unschlagbar" zu sein?
(Dieser Artikel wurde am Mittwoch, 16. November 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de