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Nur noch 2000 alte Modelle da? Russlands Panzer-Produktion am Anschlag - trotzdem drohen massive Engpässe

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T-72B3-Panzer bei der Montage im russischen Werk Uralwagonsawod.

T-72B3-Panzer bei der Montage im russischen Werk Uralwagonsawod.

(Foto: picture alliance / Photoagency Interpress)

Einst wurden Russlands Panzer-Bestände als quasi unerschöpflich beschrieben, doch mittlerweile sollen sich die Lager stark geleert haben. Laut Nato läuft die Produktion am Anschlag, doch es werde vor allem auf Wiederherstellungen älterer Modelle gesetzt. Und von denen gibt es wohl nicht mehr allzu viele.

Ein hochrangiger Nato-Vertreter hat beim Gipfel in Den Haag Einschätzungen zur russischen Herstellung von Panzern, Schützenpanzern und Truppentransportern abgegeben. Er sagte dabei laut "European Prawda" vor Journalisten, die Rüstungsindustrie habe ihr Produktionsmaximum erreicht.

Die Nato geht davon aus, dass dieses Maximum auch noch mindestens ein Jahr lang aufrechterhalten werden kann. Heißt: Die russische Rüstungsindustrie kann monatlich weiterhin Hunderte Panzer, Schützenpanzer und Truppentransporter neu bauen oder wiederherstellen.

Dem Vertreter zufolge produziert Russland derzeit rund 130 Kampfpanzer pro Monat. Der überwiegende Teil davon sollen jedoch keine Neuproduktionen sein, sondern wiederhergestellte und modernisierte alte Panzer. Die Ukraine meldete für den Mai 136 zerstörte oder beschädigte russische Kampfpanzer. Für den Juni wird die Zahl vermutlich etwas geringer ausfallen. Das würde bedeuten, dass Russland seine aktuellen Verluste im Krieg durch die Rüstungsindustrie ausgleichen kann.

Allerdings ist der Bestand an Kampfpanzern, welche die Rüstungsindustrie für die Wiederherstellung nutzen kann, endlich. Die Nato geht laut "European Prawda" davon aus, dass Moskau derzeit noch 2000 alte Kampfpanzer besitzt. "Aber ein Teil von ihnen ist nur für die 'Kannibalisierung' geeignet, also für die Verwendung von Ersatzteilen."

Wenn Russland also weiterhin viele Panzer in der Ukraine verliert, die über solche wiederhergestellten Modelle ausgeglichen werden, dürften die alten 2000 Kampfpanzer stetig weniger werden. Dass Russland diese zeitnah ausgehen, ist aber wohl nicht zu erwarten.

In einem Bericht der "Washington Post" hieß es vergangenen Monat, zu Beginn des Krieges habe Russland noch über schätzungsweise 13.000 stillgelegte Panzer aus Sowjetzeiten in seinen Lagern verfügt. Nach Berechnungen westlicher Experten könnte dieser Bestand in den nächsten Monaten zur Neige gehen, so die US-Zeitung.

Ukraine meldet deutlich weniger eliminierte Panzer

Massive Verluste wie zu früheren Zeiten kann sich der Kreml demnach wohl nicht mehr erlauben. Was dazu passen würde: In den letzten Monaten hat die Ukraine laut Berechnungen von ntv.de immer weniger zerstörte oder beschädigte Panzer gemeldet. Waren es im Februar im Schnitt noch fast zwölf Stück pro Tag, sank die Zahl im März auf 8,8, im April auf 7,76 und Mai auf rund 4,38. Im Juni liegt der Schnitt bislang bei nur 4 eliminierten Panzern pro Tag - und damit so niedrig wie seit Mai 2023 nicht mehr.

Zu den genaueren Hintergründen ist jedoch nichts bekannt und die von Kiew gemeldeten Zahlen können nicht unabhängig überprüft werden. Eine Option wäre, dass die Kreml-Streitkräfte sparsamer sein müssen und weniger Fahrzeuge in den Kampf schicken.

Keine Produktionssteigerungen erwartet

Die Nato geht davon aus, dass Moskau seit Beginn der Großinvasion in der Ukraine mindestens 2700 Panzer verloren hat. Die Ukraine spricht von knapp 11.000 zerstörten oder beschädigten Exemplaren.

Auch zu Schützenpanzern und gepanzerten Truppentransportern äußerte sich der Nato-Vertreter. Die russischen Produktionskapazitäten sollen bei ungefähr 183 Stück liegen. "Ich betone jedoch, dass sie, obwohl sie viel produzieren, seit Beginn des großangelegten Krieges mindestens 5000 verloren haben – das ist doppelt so viel, wie sie ursprünglich im Jahr 2022 vorbereitet hatten", so der Vertreter. Die Ukraine spricht gar von knapp 23.000 zerstörten oder beschädigten russischen gepanzerten Kampffahrzeugen.

Die Nato erwartet dem Bericht zufolge nicht, dass Russland seine Produktionsmengen steigern können wird. Es gebe interne Schwierigkeiten und die Rüstungsindustrie habe ihre maximale Kapazität erreicht.

Quelle: ntv.de, rog

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