"Ein Geschäft mit dem Teufel" USA bitten Kiew um Verhandlungsbereitschaft
08.11.2022, 10:35 Uhr (aktualisiert)
Putin-Karikatur bei einer Demonstration gegen den russischen Überfall auf die Ukraine.
(Foto: picture alliance / NurPhoto)
Washington geht nicht davon aus, dass Russlands Präsident Putin an ernsten Friedensverhandlungen interessiert ist. Trotzdem hoffen US-Diplomaten, dass Kiew seine strikte Weigerung aufgibt, mit dem Kreml über ein Ende des Krieges zu sprechen. Grund sei die "Ukraine-Müdigkeit" in einigen Ländern.
Die Regierung von US-Präsident Biden hat inoffiziell die ukrainische Führung ermutigt, Bereitschaft zu Verhandlungen mit Russland zu signalisieren. Die Ukraine solle ihre öffentliche Weigerung aufgeben, sich an Friedensgesprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu beteiligen, berichtet die Washington Post und zitiert mit den Gesprächen vertraute Personen.
Der Zeitung zufolge zielt das Drängen amerikanischer Beamter nicht darauf ab, die Ukraine an den Verhandlungstisch zu zwingen. Vielmehr soll es sich um einen kalkulierten Versuch handeln, Kiew die Unterstützung anderer Verbündeter zu sichern, deren Bürger einen Krieg über viele Jahre hinweg befürchten.
Zwar würden die US-Beamten die Einschätzung ihrer ukrainischen Amtskollegen teilen, dass Putin momentan nicht an ernsten Verhandlungen interessiert sei. Dennoch würde die Weigerung von Selenskyj, Gespräche mit Putin zu führen, in Teilen Europas, Afrikas und Lateinamerikas große Besorgnis auslösen, wo die Auswirkungen des Krieges auf die Lebenshaltungskosten am stärksten zu spüren seien. "Die Ukraine-Müdigkeit ist für einige unserer Partner ein echtes Problem", zitierte die Washington Post einen mit der Sache vertrauten US-Beamten. Der Nationale Sicherheitsrat des Weißen Hauses und das Außenministerium reagierten zunächst nicht auf Bitten um eine Stellungnahme zu dem Bericht.
"Sein Preis wird Ihnen nicht gefallen"
In den Wochen nach der russischen Invasion hatte Selenskyj Vorschläge für einen Verhandlungsfrieden vorgelegt, darunter die ukrainische Neutralität und die Rückgabe der seit diesem Datum von Russland besetzten Gebiete. Nach Bekanntwerden systematischer Gräueltaten durch russische Soldaten sowie aufgrund der Luftangriffe auf zivile Ziele und die völkerrechtswidrige Annektierung besetzter Gebiete durch den Kreml hat sich Kiews Haltung jedoch verhärtet.
Putin selbst scheint von seinen Maximalforderungen noch nicht abgekehrt zu sein. Erst vergangenen Monat behauptete er erneut, dass Russen und Ukrainer ein Volk seien und argumentierte, dass Russland "der einzige wirkliche und ernsthafte Garant für die Staatlichkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine" sein könne.
"Wenn Russland gewinnt, werden wir eine Zeit des Chaos erleben: Aufblühen der Tyrannei, Kriege, Völkermorde, nukleare Wettrennen", warnte der ukrainische Präsidentenberater, Mychajlo Podoljak, am Freitag. "Jegliche 'Zugeständnisse' an Putin heute - ein Geschäft mit dem Teufel. Sein Preis wird Ihnen nicht gefallen."
(Dieser Artikel wurde am Sonntag, 06. November 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, jpe/rts