Politik

Der Kriegstag im Überblick Ukraine befürchtet zweites Butscha in Cherson - Gazprom stichelt im Turbinen-Streit

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Die Ukraine rechnet mit Massakern in der lange besetzten Region Cherson.

(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)

Im Süden des Landes bereiten die ukrainischen Gegenangriffe den Besatzern zunehmend Probleme, die Rückeroberung der Dörfer und Städte könnte jedoch wieder russische Kriegsverbrechen ans Tageslicht bringen: Der Gouverneur der Region Cherson befürchtet ein zweites Butscha. Derweil legt der russische Konzern Gazprom im Streit um die Pipeline-Turbine nach. Der 161. Kriegstag im Überblick.

Russland will Heimatstadt von Selenskyj erobern

Russland bereitet nach ukrainischen Angaben eine neue Offensive im Süden des Landes vor. Dazu gehöre der Aufbau einer Truppe, die einen Angriff auf Krywyj Rih - die Heimatstadt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj - vorbereite, teilte das Militärkommando der Südukraine mit. Die von der Ukraine kontrollierte Stadt ist bekannt für ihre Stahlproduktion und liegt rund 50 Kilometer von der südlichen Frontlinie entfernt. Russland eroberte in der ersten Phase des Krieges weite Teile der Südukraine.

Gouverneur: Werden in Cherson weiteres Butscha sehen

Und ähnlich wie in den früh besetzten Gebieten rund um Kiew könnte es auch in Cherson kommen. Der Gouverneur der Region, Dmitri Butri, fürchtet, dass russischen Truppen auch hier ein Massaker an der Zivilbevölkerung verübt haben. Nach der Befreiung werde man ähnliche Verbrechen des russischen Militärs wie in Butscha sehen, wird Butri von der Agentur Interfax Ukraine zitiert. Er ruft demnach alle Zivilisten auf, die Region zu verlassen. Nach dem Abzug der russischen Truppen aus Butscha, einem Vorort von Kiew, waren im Frühjahr Dutzende Leichen von Zivilisten entdeckt worden.

London: Ukrainische Angriffe unterbrechen russische Routen

In Cherson bereiten die ukrainischen Gegenangriffe den russischen Besatzern nach Einschätzung britischer Geheimdienste zunehmend Probleme. Ein ukrainischer Angriff auf einen russischen Munitionszug habe vorübergehend eine Nachschubroute von der besetzten Halbinsel Krim unterbrochen, hieß es in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums. Zwar könnten die Russen diese Route innerhalb einiger Tage reparieren, allerdings werde sie eine Schwachstelle bleiben.

Auch die durch ukrainische Raketen beschädigte Antoniwka-Brücke erschwere Moskau die Versorgung seiner Besatzungsarmee westlich des Flusses Dnipro. Die Russen müssten dafür mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf eine kürzlich für Zivilisten eingerichteten Fährroute ausweichen, um ihre Truppen und Nachschub über den Fluss zu bringen.

Kiew: Kämpfe um Bachmut in Ostukraine halten an

Im ostukrainischen Gebiet Donezk dauern die Kämpfe um die Stadt Bachmut an. Der Feind konzentriere seine Hauptanstrengung in Richtung dieser Stadt, teilte der ukrainische Generalstab mit. Es habe Artilleriebeschuss auf Siedlungen etwa südlich von Bachmut gegeben, "um unsere Einheiten zurückzudrängen". Russische Angriffe seien aber zum Teil abgewehrt worden, hieß es. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Inspektion an Getreide-Frachter beendet - Ukraine hebt Ernteprognose an

Für Hoffnung sorgt derzeit der Frachter "Razoni, der erstmals seit Kriegsbeginn Ende Februar Getreide aus der Ukraine auf dem Seeweg transportiert. Nach einer dreistündigen Inspektion kann er seine Fahrt Richtung Libanon fortsetzen. Das Schiff dürfte am späten Wochenende oder Anfang nächster Woche sein Ziel erreichen.

Die Ukraine hob daraufhin ihre Prognose für die diesjährige Getreideernte an. Nach Angaben von Ministerpräsident Denys Schmygal werden nun 65 bis 67 Millionen Tonnen anstatt 60 Millionen Tonnen erwartet. Auf Telegram lobte er Landwirte, die sogar in Kampfzonen die Ernte fortsetzen würden.

Schröder nach Interview in der Kritik

Parteiübergreifende Kritik kassierte Altkanzler Gerhard Schröder nach strittigen Äußerungen im Interview mit RTL/ntv zu einer angeblichen Verhandlungsbereitschaft Russlands im Ukraine-Krieg sind gestoßen. Vertreter von FDP und Union verwiesen auf Äußerungen des russischen Außenministers Sergej Lawrow, nach denen Moskau einen Regierungswechsel in Kiew herbeiführen und die Ukraine von der Landkarte tilgen wolle.

Sie höre "mehr hin, was Herr Lawrow sagt, mit großer Ernsthaftigkeit, als was der ehemalige Bundeskanzler sagt", sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, bei RTL/ntv. "Wenn er sagt, dass Putin eine Lösung will, dann kann ich Ihnen heute schon sagen, wie die Lösung auszusehen hat: Nämlich, Putin will die Ostukraine."

Gazprom: Sanktionen machen Turbinen-Lieferung unmöglich

Die Siemens-Turbine für die Gaspipeline Nord-Stream-1 kann nach Darstellung des russischen Konzerns Gazprom wegen westlicher Sanktionen nicht an die Kompressorstation Portowaja geliefert werden. Hintergrund seien Strafmaßnahmen Kanadas, der EU und Großbritanniens, teilt der Energiekonzern mit.

Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz Russland vorgeworfen, die Lieferung der wichtigen Turbine zu blockieren, um die gelieferte Gasmenge weiterhin zu drosseln. Deutschland sucht händeringend nach alternativen Energiequellen, um die durch die reduzierten Gaslieferungen aus Moskau entstandene Lücke zu schließen.

Mit dem Fehlen der Siemens-Turbine, die in Kanada gewartet worden war, hatte der russische Energiekonzern Gazprom die Reduzierung der Gaslieferungen auf inzwischen nur noch 20 Prozent des möglichen Umfangs begründet.

Weitere wichtige Texte zum Ukraine-Krieg:

Alle weiteren Entwicklungen können Sie in unserem Liveticker zum Ukraine-Krieg nachlesen.

Quelle: ntv.de, mba/dpa/AFP/rts

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