Russen gestehen Rückschläge ein Ukraine schlägt an mehreren Frontabschnitten zurück
08.06.2023, 11:10 Uhr Artikel anhören
Ukrainische Soldaten auf dem Weg zur Front.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Der Fokus in der Ukraine liegt derzeit auf den schlimmen Folgen des zerstörten Kachowka-Staudamms. Derweil nimmt die ukrainische Gegenoffensive Fahrt auf, berichten russische Militärblogger. Kiew schweigt weiterhin eisern zum eigenen Vorgehen.
In der Ukraine wird nach Angaben britischer Geheimdienstexperten weiterhin an mehreren Frontabschnitten heftig gekämpft. Die Ukrainer behielten dabei in den meisten Gebieten die Initiative, hieß es im täglichen Geheimdienstbericht zum Krieg in der Ukraine des Verteidigungsministeriums in London. Die russischen Truppen seien wahrscheinlich angewiesen, so bald wie möglich zum Angriff überzugehen. So hätten tschetschenische Einheiten einen erfolglosen Versuch gemacht, den Ort Marjiwka nahe der Stadt Donezk einzunehmen.
Derzeit ist die ukrainische Militärführung sehr schweigsam, was ihre Kampfaktivitäten betrifft. In sozialen Netzwerken dominieren daher vielfach die Stimmen russischer Militärblogger. Die legen nahe, dass die Ukraine an mehreren Frontabschnitten die russischen Verteidigungslinien attackiert. Die Streitkräfte würden demnach weiterhin versuchen, das durch Wagner-Söldner eroberte Bachmut einzukesseln. Dabei soll es zuletzt nördlich der Stadt einige kleinere Erfolge gegeben haben. Von einer Einkesselung ist Bachmut dennoch deutlich entfernt. Zuletzt hatten sich die Söldner der Wagner-Gruppe laut eigenen Angaben aus der Stadt zurückgezogen und reguläre russische Streitkräfte die Kontrolle übernommen.
Zudem scheint es zwei weitere größere Gebiete zu geben, in denen ukrainische Truppen vorrücken - einige Experten sprechen hier teils nur von Aufklärungsmissionen, andere bereits von tatsächlichen Eroberungsversuchen der russischen Verteidigungslinien. Die Hauptattacken scheinen derzeit südlich der Ortschaft Welyka Nowosilka stattzufinden, beziehungsweise weiter östlich bei Nowodonezke. Dort soll es bereits in den letzten 72 Stunden mehrere Angriffe gegeben haben, laut russischer Militärblogger unter Einsatz erheblichen Kriegsmaterials aufseiten der Ukraine.
Unbestätigten Angaben zufolge sei direkt zu Beginn der Gegenoffensive die Ortschaft Neskuchne erobert worden, angeblich konnte auch ein Höhenzug westlich der Ortschaft Storozheve durch ukrainische Truppen besetzt werden. Von der Anhöhe hätten die Streitkräfte nun die Möglichkeit, russische Truppen mit Artillerie zu beschießen. Es wird vermutet, dass die ukrainischen Truppen auf beiden Seiten des Flusses Mokri Yali gen Süden vorrücken. So soll es auch bereits Kämpfe um die Stadt Balhodatne geben, die am Ostufer des Flusses liegt.
Russischer Kommandeur widerspricht Verteidigungsministerium
Das russische Verteidigungsministerium behauptete, es hätte alle ukrainischen Attacken zurückgeschlagen und dabei zahlreiches Kriegsgerät vernichtet. Dem hatte allerdings ein russischer Kommandeur später widersprochen. Zudem bestätigte Verteidigungsminister Sergei Schoigu, dass es aufseiten des russischen Militärs Verluste gab. Der Schritt ist ungewöhnlich, da Moskau fast nie eigene Verluste benennt. Allerdings übertrafen nach Aussage Schoigus die ukrainischen Verluste die russischen um ein Vielfaches. Keine der beiden Behauptungen lässt sich unabhängig überprüfen.
Die dritte Stoßrichtung soll sich nach Angaben russischer Militärblogger weiter westlich befinden, nahe der Ortschaft Orichiw in der Region Saporischschja. Nach nicht weiter überprüfbaren Angaben hätten ukrainische Truppen dort russische Schützengräben mit HIMARS-Systemen attackiert. Erste Angriffe der Bodentruppen seien von russischen Soldaten zurückgeschlagen worden, heißt es weiter. Später sei es ukrainischen Truppen jedoch gelungen, eine Anhöhe südlich von Orichiw zu erobern. Alle Angaben lassen sich schwer überprüfen. Spezialisten versuchen jedoch anhand von Satellitenaufnahmen die Einschlagskrater von Artillerie zu untersuchen, um so Rückschlüsse auf vorrückende ukrainische Bodentruppen zu erhalten. Diese Aufnahmen scheinen die beiden Angriffswellen im Süden im Großen und Ganzen zu bestätigen.
Quelle: ntv.de, als/dpa