Teilnehmer an Russlandgespräch Ukrainischer Geheimdienst tötet angeblichen Top-Spion
06.03.2022, 10:37 Uhr
Kireev bei den Gesprächen am 28. Februar (hinten rechts).
(Foto: picture alliance/dpa/BelTA/AP)
Bei den ersten Gesprächen mit Russland sitzt auf ukrainischer Seite auch Denis Kireev mit am Tisch. Wenige Tage später ist Kireev tot. Der Mann mit Verbindungen in allerhöchste ukrainische Regierungskreise soll ein russischer Spion gewesen sein. Oder sogar ein Doppelagent.
Der ukrainische Inlandsgeheimdienst (SBU) hat ein Mitglied des ukrainischen Verhandlungsteams getötet, das an den Gesprächen mit Russland teilgenommen hat. Das berichtet das ukrainische Nachrichtenportal "Ukrainska Prawda" unter Berufung auf Regierungskreise. Denis Kireev sei bei einem Festnahmeversuch erschossen worden, heißt es. Zuvor hatte es dem Bericht zufolge "starke Hinweise" gegeben, dass Kireev Informationen an die russische Seite weitergegeben habe. Deshalb wurde er des Hochverrats verdächtigt. Im Internet kursieren Bilder, die Kireevs Leichnam zeigen sollen. Dabei wird gemutmaßt, dass der 44-Jährige vor seinem Tod geschlagen wurde.
Während Kireevs Tod von dem Abgeordneten Oleksandr Dubinsky bestätigt wurde, sind viele Details des Falles noch unklar. So veröffentlichte ein anderer ukrainischer Geheimdienst, der Militärgeheimdienst GUR, kurz nach Bekanntwerden des Todes auf Facebook, eine Mitteilung, dass Kireev in seinen Diensten gestanden habe. Er sei gestorben, während er die Ukraine verteidigt habe, heißt es weiter. Seine Taten hätten die Ukraine näher zum Sieg gebracht. Die Berichte sind derzeit nicht überprüfbar.
Der Investigativ-Journalist Michael Weiss vertrat auf Twitter die Auffassung, Kireev könnte als Doppelagent im Einsatz gewesen sein. Ein Ex-Geheimdienstchef habe ihm gesagt, dass Kireev "genauso viel Zeit" darauf verwendete, feindliche Spione zu verstecken wie sie zu fassen.
Kein offizieller Delegationsteilnehmer
Die erste Verhandlungsrunde, an der Kireev teilgenommen hatte, fand am 28. Februar zwischen der ukrainischen und der russischen Delegation statt. Angeführt wurde die Delegation aus Moskau vom ehemaligen russischen Kulturminister Vladimir Medinsky. Außerdem gehörten zur Moskauer Delegation Vertreter des russischen Außenministeriums, des Verteidigungsministeriums und der Präsidialverwaltung. Der ukrainischen Abordnung gehörten der Vorsitzende der Regierungspartei "Diener des Volkes", David Arachamia, Verteidigungsminister Oleksij Resnikov und der Berater des Leiters der Präsidialverwaltung, Michailo Podoljak, an. Auf einem der offiziellen Bilder ist aber auch Kireev hinten am Tisch zu erkennen.
Wie Kireev in die ukrainische Delegation kam und wofür er verantwortlich war, sei unbekannt, betont die "Ukrainska Prawda". Auf der offiziellen Liste des ukrainischen Präsidentenbüros für das Gespräch wird er nicht erwähnt.
Der Zeitung zufolge verfügte der Inlandgeheimdienst SBU über belastbare Beweise für Kireevs Verrat, darunter seien unter anderem Aufzeichnungen von Telefongesprächen und gefundene Abhörgeräte. Kireev hatte Berichten zufolge "freien Zugang" zum Büro des SBU-Chefs, Iwan Bakanow, und zum Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kirill Budanow.
Laut der ukrainischen Nachrichtenagentur UNIAN hatte Kireev in den vergangenen Jahren leitende Positionen bei SKM Finance, der österreichischen Unternehmensgruppe SLAV AG, Ukreximbank, Oschadbank sowie Private Equity Funds und Fixed Income Funds inne.
Dem Nachrichtenportal Obozrevatel zufolge wurde Kireev schon 2020 wegen Spionageverdachts angeklagt. Damals hieß es, er sei oft nach Russland gereist und habe Verbindungen zu Oligarchen, die für den Putin-nahen Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch arbeiten. Die Ermittlungen seien wegen Kireevs enger Verbindungen zu Budanow fallengelassen worden.
Quelle: ntv.de, sba