Politik

Protest gegen "Sklavengesetz" Ungarns Opposition besetzt Staatsfernsehen

Die Demonstranten treibt es erneut auf die Straße - vor die Tore des Staatsfernsehens.

Die Demonstranten treibt es erneut auf die Straße - vor die Tore des Staatsfernsehens.

(Foto: Reuters)

Der Protest gegen die Regierung Orbans in Ungarn ebbt nicht ab. Oppositonspolitiker verschanzen sich fast 24 Stunden im Staatsfernsehen, um eine Petition zu verlesen. Obwohl das nicht gelingt, feiern die Demonstranten sie wie Helden - und der Druck auf Orban wächst.

Die seit Tagen anhaltenden Proteste in Ungarn gegen die Regierung des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban verlagern sich zusehends zum Sitz des staatlichen Fernsehens MTV. 13 Oppositionsabgeordnete hatten sich bereits nach der Demonstration der Regierungsgegner am späten Sonntagabend Zutritt zu dem Gebäude verschafft und die Nacht und den folgenden Tag dort verbracht.

Am Abend versammelte sich erneut eine große Menge vor dem MTV-Sitz. Nach fast 24 Stunden verließen die Abgeordneten das Gebäude - und wurden von den Protestierenden wie Helden gefeiert. "Wir werden und ihr werdet stets dort sein, wo es dem Regime wehtut", rief einer der Besetzer, der links-liberale Abgeordnete Bence Tordai. Am Nachmittag hatten sich die Oppositionellen geweigert, der Aufforderung der Polizei Folge zu leisten, das Gebäude zu verlassen. Wie Bilder von Handy-Kameras zeigen, legten sie sich zeitweise auf den Boden, um ein gewaltsames Abführen zu erschweren. Zuvor hatten die Politiker vergebens gefordert, im Fernsehen eine Petition der Demonstranten verlesen zu können.

Bereits am Sonntagabend waren mehr als 10.000 Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Regierung Orban zu demonstrieren -  der vierte Protest in fünf Tagen. Anlass war eine am vergangenen Mittwoch im Parlament beschlossene neue Überstundenregelung. Sie sieht vor, dass Arbeitgeber von ihren Mitarbeitern bis zu 400 Überstunden im Jahr verlangen können. Kritiker sprechen deshalb von einem "Sklavengesetz".

Zu Themen der Proteste wurden aber auch andere Missstände unter der Orban-Regierung, darunter die einseitige regierungsfreundliche Berichterstattung des staatlichen Rundfunks, die Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit und die Korruption rund um hochrangige Regierungsvertreter und ihre Familien.

Rangeleien mit Sicherheitsleuten

Die Petition der Demonstranten, die die Abgeordneten nun im Fernsehen verlesen wollten, umfasst fünf Punkte. Die Forderungen beinhalten die sofortige Rücknahme des Überstundengestezes, die Reduzierung der Überstunden für Polizisten, eine unabhängige Justiz, den - von der Regierung bisher abgelehnten - Beitritt Ungarns zur geplanten Europäischen Staatsanwaltschaft und unabhängige öffentlich-rechtliche Medien.

Beim Staatsfernsehen wurde den Oppositionellen jedoch jeder Zutritt zu Studios und Redaktionen verwehrt. Zwei der Abgeordneten waren bereist am Morgen von einem privaten Sicherheitsdienst des Fernsehens gewaltsam aus dem Gebäude geworfen worden. Auf der Straße kam es zu Rangeleien zwischen Sicherheitsleuten und weiteren Abgeordneten, die als Volksvertreter Zutritt zur öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt verlangten. Auch im Gebäude kam es zu Zusammenstößen. Der Abgeordnete Agnes Vadai und Laszlo Varju von der linken Demokratischen Koalition wurden leicht verletzt.

Der Direktor der staatlichen Medien-Holding MTVA, Daniel Papp, beschuldigte die Abgeordneten, ihre Rechte missbraucht zu haben, um den Sendebetrieb zu stören. Infolgedessen habe das Sicherheitspersonal Gewalt anwenden müssen, behauptete Papp in einer Erklärung, die das regierungsnahe Portal "origo.hu" veröffentlichte.

Die MTVA ist die Dach-Holding für das staatliche Fernsehen, das staatliche Radio und die Nachrichtenagentur MTI, die im gleichen Gebäude sitzt. Papp hatte sich dennoch die ganze Zeit über geweigert, die Abgeordneten zu treffen.

Quelle: ntv.de, ftü/dpa

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