Politik

Entmachtung des Bundestags? Union läuft Sturm gegen Corona-Bonds

Ein Paar spaziert durch Venedig. Italiens Wirtschaft wird von der Krise besonders hart getroffen.

Ein Paar spaziert durch Venedig. Italiens Wirtschaft wird von der Krise besonders hart getroffen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Haushaltspolitiker von CDU und CSU protestieren mit drastischen Warnungen gegen Hilfsmaßnahmen in Form von Corona-Bonds. Durch die Vergemeinschaftung der Schulden würde der Bundestag quasi entmachtet.

Haushaltspolitiker der Union haben sich vehement gegen Corona-Bonds ausgesprochen. Corona-Bonds mit gesamtschuldnerischer Haftung würden auf eine teilweise Entmachtung des Bundestags und damit einen Schaden für das Demokratieprinzip in Deutschland hinauslaufen, heißt es in einem Papier der AG Haushalt der Unions-Bundestagsfraktion.

Der Bundestag verfüge über das alleinige Budgetrecht - das bedeute, er entscheide über die Ausgaben, Einnahmen, Schulden und Garantien, die die deutschen Steuerzahler zu tragen hätten. Auf Deutschland aber kämen unbegrenzte Haftungsverpflichtungen für andere Staaten zu, auf deren Eintrittsrisiko die Abgeordneten des Bundestages und damit die Wähler in Deutschland keinen Einfluss hätten.

Corona-Bonds als gemeinsame europäische Schuldtitel sind höchst umstritten: Frankreich, Spanien und Italien fordern sie vehement, Deutschland und die Niederlande sind dagegen. Die Unions-Haushälter schreiben in dem Papier, eine Vielzahl von rechtlichen, ökonomischen und politischen Gründen spreche gegen die Einführung von Corona-Bonds.

So heißt es, Deutschland dürfe nicht überlastet werden. Die Zinsersparnis von Corona-Bonds für die betroffenen Staaten sei angesichts der geringen Risikoaufschläge und der EZB-Anleihekäufe gering. Deutschland dagegen müsste einen größeren Anteil der Schulden tragen, als es selbst an zusätzlichen Mitteln zugeteilt bekäme.

Deutschland müsste 264 Milliarden Euro zurückzahlen

Bei einer gemeinsamen Anleihe von 1000 Milliarden Euro, wie von einigen deutschen Ökonomen vorgeschlagen, würde Deutschland nach dem EZB-Kapitalschlüssel rund 264 Milliarden Euro zurückzahlen müssen, selbst aber keine oder nur geringe Mittel in Anspruch nehmen. Die Haftungsübernahme für andere Staaten sei dabei noch nicht mitgerechnet. "Ein derartig hoher Transfer ist für den Bundeshaushalt - zusätzlich zu den ohnehin schon absehbaren Mehrbelastungen im europäischen Kontext - nicht leistbar." Deutschland sei zudem selbst in erheblichem Ausmaß von der Corona-Pandemie betroffen.

Deutschland sei solidarisch und pro-europäisch, heißt es weiter. Corona-Bonds seien kein Maßstab für die europäische Solidarität. Deutschland leiste einen enormen Beitrag, etwa bei der unmittelbaren Unterstützung im Gesundheitsbereich. Deutschland sei zudem größter Garantie- und Kapitalgeber für die europäischen Rettungsschirme EFSF und ESM.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in der Vergangenheit bekräftigt, Corona-Bonds abzulehnen. Sie zeigte sich bei einer Pressekonferenz am Nachmittag optimistisch, dass sich die Euro-Finanzminister bei ihrem heutigen Treffen auf Corona-Hilfen für die besonders betroffenen Länder einigen können. "Eine Einigung wäre ein sehr gutes Zeichen, zumal man sich sehr nahe ist", sagte Merkel.

Sie sei sich mit dem italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte einig, dass auch Deutschland Solidarität leisten müsse, sagte die Kanzlerin. Das werde Deutschland auch tun. Zugleich lehnte Merkel aber die von einigen Euro-Ländern geforderten Euro-Bonds erneut ab, also eine gemeinsame Haftung für neue Schulden. Mit den drei Elementen der Hilfen über den Rettungsschirm ESM, die Europäische Förderbank EIB und eine europäische Kurzarbeiterregelung lägen gute Instrumente der Solidarität auf dem Tisch.

Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz hält eine Einigung der EU-Staaten auf Hilfen für stark von der Corona-Krise getroffene Länder für möglich. Vor einer erneuten Video-Konferenz der EU-Finanzminister habe es viele bilaterale Gespräche gegeben, sagte Scholz. Dies habe dazu beigetragen, "dass alle ihren Willen gesteigert haben, hier zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen". Es sehe "danach aus, dass eine Einigung möglich ist".

Quelle: ntv.de, bdk/dpa/rts

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