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Moskau eröffnet Strafverfahren Wagner-Chef ruft zum Aufstand gegen Armeeführung auf

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Wagner-Chef Prigoschin will die russische Militärführung "stoppen".

Wagner-Chef Prigoschin will die russische Militärführung "stoppen".

(Foto: IMAGO/UPI Photo)

Der Machtkampf zwischen dem Wagner-Chef und der russischen Armeeführung eskaliert. Prigoschin wirft Verteidigungsminister Schoigu vor, sein Militärlager bombardiert zu haben. Anders als sonst kommt diesmal sofort eine Reaktion aus Moskau. Der FSB eröffnet ein Strafverfahren, Putin sei informiert, heißt es.

Der russische Geheimdienst FSB ermittelt gegen Söldnerchef Jewgeni Prigoschin wegen versuchten Militärputsches. Prigoschin habe zum Kampf gegen Moskaus Militärführung aufgerufen, teilte das Nationale Anti-Terror-Komitee laut Nachrichtenagentur Interfax mit. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte, Präsident Wladimir Putin sei über den Fall informiert.

Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner hatte der russischen Militärführung vorgeworfen, seine Truppen bombardiert zu haben. Durch die Angriffe sei eine "sehr große" Zahl an Wagner-Söldnern getötet worden, sagte Jewgeni Prigoschin in einer von seinem Pressedienst veröffentlichten Sprachbotschaft. Der Söldner-Chef warf dem russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu vor, er habe die Angriffe mit Raketen und Helikoptern auf Lager der Wagner-Truppen persönlich angeordnet.

"Er benutzte Schützen und Piloten in Helikoptern, um uns im Dunkeln zu zerstören", heißt es in Prigoschins Telegram-Nachricht. Schoigu sei dafür extra nach Rostow am Don an der Grenze zur Ostukraine gereist. "Um 21.00 Uhr ist er geflohen - feige wie ein Weib - um nicht zu erklären, warum er Hubschrauber hat abheben und Raketenschläge durchführen lassen, um unsere Jungs zu töten. Dieses Biest wird aufgehalten", so Prigoschin weiter.

"Wir waren bereit, Zugeständnisse an das Verteidigungsministerium zu machen, unsere Waffen abzugeben", sagte Prigoschin. Dennoch hätten "sie Raketenangriffe auf unsere hinteren Feldlager ausgeführt". Der Wagner-Chef gelobte, auf die Angriffe zu "antworten" und die russische Militärführung zu "stoppen".

Geheimdienst FSB eröffnet Strafverfahren

Prigoschin rief die russischen Soldaten zur Meuterei gegen die russische Militärführung auf. "Wir sind 25.000", sagte Prigoschin in seiner Sprachbotschaft weiter und rief "alle, die sich uns anschließen wollen", dazu auf, "dem Chaos ein Ende zu bereiten". Es handele sich nicht um einen Putsch, sondern um einen "Marsch für die Gerechtigkeit".

Das Dementi aus Moskau kam umgehend. Verteidigungsminister Schoigu bestritt Angriffe auf die Wagner-Söldner. Wörtlich heißt es auf dem Telegram-Kanal: "Alle im Namen von Prigoschin in sozialen Netzwerken verbreiteten Nachrichten und Videoaufnahmen über die angebliche 'Ausführung eines Angriffs des russischen Verteidigungsministeriums auf die rückwärtigen Wagner-Lager' entsprechen nicht der Realität und stellen eine informative Provokation dar." Üblicherweise schweigt das Verteidigungsministerium zu den Vorwürfen, die der Wagner-Chef seit Wochen gegen die Armeeführung in Moskau vorträgt.

Auch das Nationale Anti-Terror-Komitee nannte die Vorwürfe haltlos. "Die Behauptungen, die im Namen von Jewgeni Prigoschin verbreitet werden, entbehren jeder Grundlage. Darum hat der FSB auf der Basis dieser Aussagen ein Strafverfahren wegen des Aufrufs zu einem bewaffneten Umsturz eingeleitet", heißt es in der verbreiteten Erklärung der Behörde. Dem Komitee gehören neben dem FSB praktisch auch alle anderen russischen Sicherheitsorgane an.

Prigoschin stellt Kriegsgründe infrage

Erst am Morgen hatte Prigoschin die offiziellen russischen Kriegsgründe infrage gestellt. Entgegen der russischen Propaganda-Behauptung sagte Prigoschin in einem veröffentlichten Video, Russland sei vor Kriegsbeginn im Februar 2022 überhaupt nicht durch die Ukraine gefährdet gewesen. Die angeblich "wahnsinnige Aggression" vonseiten Kiews und der NATO habe es so nie gegeben. "Das Verteidigungsministerium versucht, den Präsidenten und die Öffentlichkeit zu täuschen", sagte Prigoschin und zielte abermals auf Schoigu.

"Die militärische Spezial-Operation wurde aus ganz anderen Gründen begonnen." Dann fügte der Söldnerchef hinzu: "Der Krieg war notwendig, damit Schoigu den Titel eines Marschalls erhält. (...) Und nicht, um die Ukraine zu demilitarisieren und zu denazifizieren." Außerdem hätten sich russische und prorussische Oligarchen Vorteile von dem Krieg erhofft, sagte Prigoschin.

Quelle: ntv.de, mau/AFP/dpa/rts

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