Politik

Obama-"Show" in Berlin Was sollte das?

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Der frühere US-Präsident Obama ist noch immer ein gefragter Mann. Bei seinem Berlin-Besuch kommt er mit Kanzler Scholz zusammen und trifft Angela Merkel. Am Abend versammeln sich Tausende in einer großen Arena, um ihn live zu sehen. Die Musik spielt aber mittlerweile woanders.

Als die Nachricht nach Berlin schwappte, dass Barack Obama demnächst in die deutsche Hauptstadt kommt, war die Freude bei vielen groß. Ruckzuck waren zumindest die günstigsten der Tickets für den Abend in der 9500 Sitzplätze fassenden Mercedes-Benz-Arena ausverkauft - bei Preisen von gut 60 bis hin zu 2500 Euro. Doch nachdem das, was als "Ein Abend mit Barack Obama" angekündigt worden war, am Mittwoch um kurz nach 21 Uhr vorbei war, stiegen doch einige Fragezeichen in den Berliner Nachthimmel hinauf. Allen voran: Was sollte das eigentlich?

Doch zunächst einmal zu den Fakten: Obama war tatsächlich da, allerdings nur die letzten gut 60 Minuten von insgesamt zweieinhalb Stunden Programm. TV-Comedian Klaas Heufer-Umlauf führte durch den Abend, der mit einem Auftritt der Sängerin Cassandra Steen begann. Dann folgte eine Podiumsdiskussion über Bildungspolitik, bei der die Teilnehmer, eine Professorin, Journalisten und Aktivisten, sich im Wesentlichen einig waren, dass vieles schlecht läuft im deutschen Bildungssystem und dass sich daran dringend etwas ändern müsse.

Obama ließ sich dabei nicht blicken und so hatte die Runde etwas von einer Vorband, die die Zeit bis zum eigentlichen Star des Abends überbrücken sollte. So wie es Heufer-Umlauf sagte: "Wäre das hier ein Festival, wäre klar, wer der Headliner ist." Überhaupt erinnerte der Abend an die Pop- oder Rockkonzerte, die sonst in der Arena stattfinden. Zu Beginn sprach ein Ansager von der "Show", die nun beginne. Scheinwerferkegel leuchteten wild oder farbig umher, in den Pausen lief Musik und immer wieder wurde ein altes Foto Obamas eingeblendet, von dem manche Zuschauer in den Pausen wiederum Fotos machten. Nach der Bildungsdebatte spielte dann noch der britische Punk-Geiger Nigel Kennedy - was zwar großartig war, aber etwas deplatziert wirkte.

Die Leute reißt es von den Sitzen

Aber dann, gegen 20 Uhr, kommt er dann endlich doch noch. Heufer-Umlauf spricht jetzt Englisch und kündigt IHN an, Mr. Barack Obama. Als der mit Musik und tanzenden Scheinwerfern auf die Bühne trabt, reißt es einen großen Teil von den Sitzen, die Menschen klatschen, jubeln, freuen sich, dass er nun endlich da ist. Das Haar ist noch immer voll, aber mittlerweile fast weiß, ansonsten ist er kaum gealtert, rank und schlank, trotz seiner nunmehr 61 Jahre. Womit er aber immer noch deutlich jünger ist als seine beiden Nachfolger Donald Trump (76) und Joe Biden (80).

Das Gespräch beginnt im Plauderton, Obama erzählt von seinem Amsterdam-Besuch, wo er mit einem Boot über den Kanal gefahren sei und wie sich eine Tulpengärtnerin vor allem deswegen für ihn interessiert habe, weil er Bruce Springsteen persönlich kenne. Ein erster, nicht der letzte Lacher. Immer wieder streut Obama solche selbstironischen Sprüche ein, Entertainer ist er eben auch - natürlich. In der niederländischen Hauptstadt sowie in Zürich hatte Obama ebenfalls solche Abende veranstaltet. In Berlin erinnert er an seinen Besuch 2008, damals noch als Präsidentschaftskandidat, als er vor 200.000 Menschen an der Siegessäule sprach. "Damals hatte ich noch keine grauen Haare!", scherzt er und wieder schallt ein Lachen durchs Publikum.

In dem sich anschließenden, etwa einstündigen Gespräch geht es um die Themen unserer Zeit. Er warnt vor den Gefahren für die Demokratie, wie Rechtspopulisten oder etwa Medien wie Fox News es zum Geschäftsmodell erhoben hätten, die Menschen möglichst wütend zu machen und Fake News verbreiteten. Trump erwähnt er dabei nur am Rande. Ein großes Problem sei es, dass die Menschen mittlerweile nicht einmal mehr von den gleichen Fakten ausgingen.

Was gute Führung ausmacht

Als er über die Klimakrise redet, kommt einem unweigerlich die deutsche Debatte in den Sinn: "Man muss erkennen, dass man nicht alles sofort erreichen kann", sagt er. Wenn jemand mit dem Auto zur Arbeit fahren müsse, dann seien Benzinpreise wichtig für seine Familie. "Da kann man nicht sagen: Du musst hungern, weil wir den Planeten retten müssen." Ob es richtig ist, zum Januar 2024 den Neueinbau von Gasheizungen zu verbieten, fragt Heufer-Umlauf allerdings nicht.

Dann geht es darum, was gute Führung ausmacht - Obama sagt, man müsse wissen, was man erreichen will, eine Vision haben und Leute um sich versammeln, die diese teilen. Das Wichtigste sei es dann, interessiert an diesen Menschen zu sein und sie zu ermutigen. "Sie müssen ihnen helfen, erfolgreich zu sein." Er habe immer darauf geachtet, möglichst unterschiedliche Leute um sich zu versammeln, um möglichst viele Perspektiven in seine Entscheidungen miteinzubeziehen. Bei Treffen mit Generälen und hochrangigen Beamten habe er manchmal die an der Wand sitzenden jungen Referenten gefragt: "Hey Sie, was denken Sie darüber?"

Als es um die Globalisierung geht, sagt Obama, deren Sinn sei zu lange nur aus Sicht der Unternehmen betrachtet worden, nicht der Arbeiter. Zu viele Jobs seien ins Ausland abgewandert - was nicht zuletzt eine der Botschaften war, mit denen Trump 2016 zum Präsidenten gewählt wurde. Einwanderern, die beispielsweise Frauen unterdrücken wollten, müsse man die eigenen Prinzipien klarmachen, sagt Obama. Es sei aber falsch, Mauern zu bauen - ein Seitenhieb auf Trump - man müsse Brücken bauen. Nach diesem Spruch erhebt sich wie gelegentlich an anderer Stelle eher müder Applaus.

Keine Überschrift, kein Thema

Obama traf sich am Dienstagabend mit seiner alten Verbündeten Angela Merkel in einem Berliner Restaurant - vermutlich fand dort das spannendere Gespräch statt.

Obama traf sich am Dienstagabend mit seiner alten Verbündeten Angela Merkel in einem Berliner Restaurant - vermutlich fand dort das spannendere Gespräch statt.

(Foto: dpa)

Denn insgesamt verläuft das Gespräch eher zäh. Mitreißend und inspirierend, eigentlich Obamas Spezialität, ist es jedenfalls nicht. Vielleicht liegt es daran, dass Heufer-Umlauf kaum nachfragt, das Gespräch nicht führt. Er gibt eher Stichworte, zu denen sich der Stargast dann äußert. Fragen hätte es genug gegeben: Glaubt er an einen erneuten Wahlsieg Trumps? Was würde das für Deutschland bedeuten? Und für die Ukraine? Sollte Biden wirklich noch einmal antreten? Wie steht er heute zu den Entscheidungen Angela Merkels? Stichwort Nord Stream 2? Oder auch: Bereut er den Drohnenkrieg? Wurde alles nicht gefragt. Das mag so gewollt gewesen sein. Besser machte es das nicht.

Obama hat auch heute noch interessante Sachen zu sagen, doch in dieser Gesprächsform kamen sie nicht besonders zur Geltung. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn der Ex-Präsident eine Rede gehalten hätte, was kaum jemand kann wie er. Der ganze Abend hatte keine Überschrift, kein Thema. Es ging um alles und nichts, es gab nicht das eine Anliegen und so wurde viel Potenzial verschenkt. Obama sagte auch nichts, was man nicht schon von ihm gehört hätte. Daher die Frage: Was sollte das eigentlich? Ging es am Ende nur darum, diesen klugen, weisen, großartigen Mann mal wieder auf eine Bühne zu bringen und ein Programm drumherum zu stricken?

Laut "Tagesspiegel" hatte Obama am Dienstagabend Angela Merkel in einem Restaurant getroffen und vier Stunden lang mit ihr geredet. Dort mitzuhören, wäre vermutlich der interessantere Abend gewesen.

Quelle: ntv.de

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