Neue Produktionsstätten geplant Wehrbeauftragte fordert 300 Milliarden für die Truppe
14.01.2023, 15:16 Uhr
Die Munition der Bundeswehr reicht nur für wenige Tage.
(Foto: dpa)
Mit einem 100-Milliarden Sondervermögen soll die Bundeswehr nach einem jahrelangen Sparkurs wieder ertüchtigt werden. Der Wehrbeauftragten Högl reicht dies nicht. Sie ruft nach einer deutlichen Aufstockung und neuen Fertigungskapazitäten. Mit ihrer Forderung steht sie nicht allein.
Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine fordert die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, das Sondervermögen für die Bundeswehr von heute 100 Milliarden auf 300 Milliarden Euro zu verdreifachen. Weiter sagte die SPD-Politikerin der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", die weitere Unterstützung der Ukraine mit Waffen und Munition gehe "nicht ohne neue Fertigungskapazitäten".
Man bräuchte 300 Milliarden Euro, um in der Bundeswehr signifikant etwas zu verändern, so Högl. "Das scheint mir nicht aus der Luft gegriffen zu sein". Allein für die Beschaffung von Munition werden nach ihren Worten mindestens 20 Milliarden Euro benötigt. "Neue Fregatten, Panzer oder F-35-Kampfflugzeuge kosten ebenfalls Milliarden, und da haben wir noch nicht über Personalkosten, die energetische Gebäudesanierung, die notwendigen 50 Milliarden Euro Investitionen in Infrastruktur und auch nicht über die Inflation gesprochen."
Die Wehrbeauftragte ist für den Fall eines Rücktritts von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht von der SPD als mögliche Nachfolgerin im Gespräch. Unterstützung erhielt sie von Verteidigungsexpertinnen von Grünen und FDP. Wer Frieden wolle, müsse "auch in Sicherheit investieren", verlangte die Grünen-Politikerin Sara Nanni in der FAS. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP, verwies auf Nachschubprobleme bei Munition aus der Schweiz und folgerte: "Die Herstellung von Munition gehört in eines der NATO-Länder oder nach Deutschland."
Hintergrund sind auch entsprechende Forderungen von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Man müsse "die Produktion hochfahren, um die Vorräte der Alliierten aufzufüllen und um sicherzustellen, dass wir die Ukraine lange weiter versorgen können", verlangte er ebenfalls in der FAS. Stoltenberg wies darauf hin, dass die Ukraine für die Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg "eine enorme Menge Munition" verbrauche. Aus der NATO wird daher der Aufbau kompletter neuer Rüstungsfabriken gefordert.
Rheinmetall baut Kapazitäten aus
Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall setzt dies dem Bericht zufolge bereits um. Laut FAS will das Unternehmen kommende Woche den Bau eines neuen Munitionswerks im ungarischen Várpalota bekanntgeben. Von 2024 an solle dort 30-Millimeter-Munition hergestellt werden. Ein weiteres Werk entstehe im niedersächsischen Unterlüss.
"Wir nutzen alle Möglichkeiten, die Kapazitäten weiter auszubauen, zum Beispiel durch die Einführung von Zwei- oder Drei-Schicht-Modellen und die Einstellung neuer Mitarbeiter", sagte Rheinmetall-Vorstandschef Armin Papperger dem Blatt. "Von der Politik erbitten wir uns Planungssicherheit in Bezug auf künftige Beschaffungen, um großvolumige Investitionen rechtzeitig angehen zu können."
Dies wird auch von den Verteidigungspolitikern der Koalition unterstützt. Die Hersteller brauchten "eine bindende Zusage, dass die Produkte finanziert und abgenommen werden", sagte Högl. Nötig seien "verbindliche Aufträge - keine Appelle", zitierte die FAS Nanni. Niemand könne von der Industrie "erwarten, dass sie mal eben Munition auf Vorrat produziert, nach dem Motto: Wird schon abgenommen werden", sagte auch Strack-Zimmermann.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP