"Eine olle Klamotte" Weil schießt in VW-Affäre zurück
07.08.2017, 07:08 Uhr
Niedersachsens Ministerpräsident Weil in Erklärungsnot: Er soll sich von VW einen Redeentwurf umformulieren lassen haben.
(Foto: dpa)
Erst verliert der rot-grüne Landtag in Niedersachsen seine Mehrheit - nun steht Landeschef Weil im Fadenkreuz, weil der VW-Konzern seine Rede weichgespült haben soll. Forderungen nach seinem Rücktritt weist Weil jedoch zurück. Er spricht von einem "Wahlkampfmanöver".
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat Berichte über eine Einflussnahme des VW-Konzerns auf eine Regierungserklärung aus dem Jahr 2015 zurückgewiesen. Dies sei ein "absurder Vorwurf", sagte Weil der "Bild"-Zeitung. "Der angeblich neue Ärger ist eine olle Klamotte und schon vor mehr als einem Jahr in Niedersachsen diskutiert worden. Das ist ein Wahlkampfmanöver." Volkswagen habe sich damals in einer dramatischen Situation befunden, es sei auch um viele Tausend Arbeitsplätze gegangen, fügte Weil hinzu. "Deswegen war eine besondere Sorgfalt bei öffentlichen Äußerungen zwingend notwendig."
Bei der Abstimmung mit VW sei es lediglich um Rechts- und Faktenfragen gegangen. Im Kern sei der Redetext unverändert geblieben, auch Kritik an VW sei nicht herausgefallen. Thema der Rede war der Skandal um illegale Abschalteinrichtungen in der Motorsteuerung von VW-Diesel-Fahrzeugen, die in den USA Schadenersatzklagen ausgelöst hatten. "Ich habe einen Redeentwurf diktiert und meinen Fachleuten, einem Anwalt und auch VW zuleiten lassen mit der Bitte, auf rechtliche oder sachliche Bedenken hinzuweisen. Um mehr ging es nicht und mehr ist auch nicht berücksichtigt worden."
Die "Bild" hatte berichtet, Redenschreiber des VW-Vorstands hätten "problematische Passagen" gestrichen und "positivere Formulierungen" eingefügt. Das weist Weil zurück - und zieht ein Beispiel zu seiner Verteidigung heran. "In meinem Redeentwurf hatte ich kritisiert, dass die US-Behörden ein Jahr lang mit Volkswagen diskutieren mussten, bis man die Manipulation zugab. Und ich hatte es als einen schweren Fehler bezeichnet, dass die Manipulationen nicht deutlich früher zugegeben worden sind. Den Hinweis auf den schweren Fehler wollte VW streichen. Aber natürlich ist er drinnengeblieben."
SPD spricht von Ablenkungsmanöver
SPD-Vize Ralf Stegner verteidigte Weil und bezeichnete die Vorwürfe im Zusammenhang mit der VW-Affäre als reines Ablenkungsmanöver. "Das ist jetzt ein plumper Versuch, die erfolgreiche Regierung unter Stephan Weil zu diskreditieren und von den Machenschaften der CDU in Niedersachsen abzulenken, die hinter dem Wechsel einer Grünen-Abgeordneten zur CDU-Fraktion steht", sagte Stegner. "Solche Intrigen fördern Politikverdrossenheit und schaden der Demokratie."
In der "Bild"-Zeitung von Montag bekräftigte Weil, er setze nach dem Verlust der rot-grünen Regierungsmehrheit auf schnelle Neuwahlen. Dabei werde er "selbstverständlich" wieder antreten. Der Ministerpräsident will im Laufe des Tages mit allen Fraktionen das weitere Vorgehen besprechen. Durch den am Freitag verkündeten Wechsel der einstigen Grünen-Abgeordneten Elke Twesten zu den Christdemokraten verlor er seine Regierungsmehrheit. Weil kündigte daraufhin an, vorgezogene Neuwahlen herbeiführen zu wollen.
CSU-Generalsekretär fordert Rücktritt
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer forderte hingegen Konsequenzen für Weil. "Das Gemauschel bei der Regierungserklärung in Niedersachsen ist eine handfeste Affäre und muss definitiv Weils Rücktritt bedeuten", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Herbert Behrens, niedersächsischer Bundestagsabgeordneter der Linken und ehemaliger Vorsitzender des Untersuchungsausschusses Abgasskandal, nannte das Verhalten Weils ungeheuerlich. Weil wende sich als Kontrolleur an diejenigen, die er kontrollieren soll. "Das ist absurd, aber auch ein deutlicher Hinweis auf die wahren Machtverhältnisse in Niedersachsen."
Der Landtag soll am 16. August über seine Auflösung beraten, der Beschluss dazu könnte frühestens am 27. August fallen. Dann könnte die Landtagswahl zeitgleich mit der Bundestagswahl am 24. September stattfinden.
Quelle: ntv.de, jug/dpa/AFP