Fischer verteidigt Flüchtlinge "Wer wird Herrn Gauland pflegen?"
06.04.2018, 21:09 Uhr
Feiert demnächst seinen 70. Geburtstag: Joschka Fischer.
(Foto: picture alliance / Rolf Vennenbe)
In einem Interview äußert der ehemalige Außenminister Fischer große Sorge um die Entwicklung im Westen. Die Wahl von Trump und den Brexit bezeichnet er als "Schockmomente". Und auch für die AfD findet er wieder deutliche Worte.
Ex-Außenminster Joschka Fischer blickt besorgt in die Zukunft des Westens. Einst habe in der Welt der Freihandel bestanden, so der Grünen-Politiker in einem Interview mit dem RBB. "Nun befinden sich die zwei Großen, also China und USA, in einem Handelskrieg." Er denke, dass diese Auseinandersetzung auch für die nicht direkt Beteiligten schlimme Folgen haben werde. "Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie eine Welt ohne funktionierenden freien Welthandel überhaupt funktionieren soll", so der Politiker, der am 12. April seinen 70. Geburtstag feiert.
Die Wahl von US-Präsident Donald Trump und den Brexit bezeichnete Fischer als "Schockmomente" und "fundamentale Zäsur". Deutschland und Europa erlebten gerade einen Ordnungsverlust, so der Ex-Minister. Bislang sei der freie Welthandel, die Ordnung und Sicherheit durch die USA garantiert gewesen. Dies sei nun nicht mehr so.
Zudem beklagte Fischer in dem Interview, dass das Thema Zuwanderung zu perspektivlos diskutiert werde. Ihm fehle eine Verbindung zum demografischen Wandel, so der Politiker. Mit kritischem Blick Richtung AfD und deren Chef erklärte Fischer: "Wer wird Herrn Gauland pflegen, wenn er mal ein Pflegefall wird? Ich kann ihm jetzt schon sagen, dass die Pflegekraft garantiert nicht blond und blauäugig sein wird."
Die Entscheidung von Kanzlerin Angela Merkel Flüchtlinge ins Land zu lassen, unterstützte Fischer. "Angela Merkel hat das Richtige getan", sagte der Politiker. Dennoch hätte sie es besser angehen können. "Der Eindruck des Kontrollverlustes war fatal. Außerdem hätte Merkel den Deutschen sofort erklären müssen, wie die Lage ist und warum sie die Entscheidung so treffen muss." Ebenso hätte die Regierung die Besorgnisse, die geäußert wurden, ernster nehmen müssen.
Zur neuen politischen Stärke der Rechtenn insbesondere der AfDn sagte Fischer: "Man muss eine politische Auseinandersetzung mit ihnen führen. Man darf sich nicht wegducken und anpassen. Das heißt nicht, dass man den Funktionären und ihrem rassistischen Wortgeklingel hinterherlaufen muss. Aber man muss die berechtigten Einwände, die es gibt, ernst nehmen." Fischer lobte die neue Debattenkultur im Bundestag. "Ein Parlament ist nicht, wo einer vorliest und der Rest döst. Im Parlament wird mit Worten hart um die Sache gestritten." Dennoch sei es bitter, dass erst die AfD kommen müsse, um alle wach zu rütteln. Dies sei ein Zeichen einer bedenklichen Demokratie.
Quelle: ntv.de, kpi