Politik

Sonderumfrage zum NegativrekordWeshalb Merz so unbeliebt wie nie ist

02.12.2025, 17:10 Uhr
Berlin-Deutschland-Bundeskanzleramt-Pressekonferenz-nach-Koalitionsausschuss-Bundeskanzler-Friedrich-Merz-CDU
21 Prozent aller Befragten halten Merz "gebrochene Wahlkampfversprechen" vor. (Foto: picture alliance / dts-Agentur)

Nach sechs Monaten im Amt ist Friedrich Merz als Bundeskanzler laut RTL/ntv Trendbarometer so unbeliebt wie Vorgänger Olaf Scholz nach mehr als zweieinhalb Jahren. Eine Sonderumfrage zeigt: Viele fühlen sich getäuscht und vermissen Führung - insbesondere die Unionswähler.

Nie gut für Politiker, wenn sich die eigenen Zitate als Bumerang erweisen. Friedrich Merz bekommt derzeit reihenweise von Grünen und Linken Sätze vorgehalten, die er einst als Oppositionsführer dem Bundeskanzler Olaf Scholz entgegenschleudert hat. Etwa, dass dieser ein "Klempner der Macht" sei. "Sie können es nicht", hat Merz dem Amtsinhaber im Bundestag zugerufen. Inzwischen spottet die Linke, Merz verfüge nicht einmal über Klempnerwerkzeug.

Ein anderes Beispiel: Es sei "einfach respektlos", hatte Merz im Januar 2024 dem Portal "Table Media" gesagt, "wenn ein Bundeskanzler mit einer so niedrigen Zustimmungsrate keinerlei Anzeichen gibt, an seiner Kommunikation, seiner Politik, seinem Führungsstil etwas zu ändern". Was hieße das jetzt für Merz? Nach nur sechs Monaten im Amt ist der CDU-Chef Merz ein unbeliebterer Kanzler als Scholz gegen Ende seiner Regierungszeit.

Am 6. Mai wurde Merz als zehnter Bundeskanzler vereidigt. Drei Wochen später zeigten sich im RTL/ntv Trendbarometer 38 Prozent der Befragten zufrieden mit seiner Arbeit, 52 Prozent waren unzufrieden. 10 Prozent hatten sich noch keine Meinung gebildet. In der zweiten Juni-Woche hatte Merz mit einem Zufriedenen-Anteil von 43 Prozent und 49 Prozent Unzufriedenen seinen Höhepunkt erreicht. Seit Ende August fiel der Wert von noch 31 Prozent Zufriedenen auf nunmehr 22 Prozent, bei 76 Prozent Unzufriedenen.

Einen so schwachen Wert hat Scholz in der Forsa-Umfrage nie erreicht. Nach 31 Monaten Amtszeit - in der zweiten Juli-Woche 2024 - zeigten sich zwar ebenfalls 76 Prozent der Befragten unzufrieden mit dem damaligen Bundeskanzler. Mit 23 Prozent Zufriedenen hatte Scholz aber noch einen Punkt mehr Zustimmung als Merz heute. Möglich, dass Scholz' Ansehen später in seiner Amtszeit noch niedriger war. Forsa hat die Meinungen zum SPD-Kanzler in den verbleibenden Ampel-Monaten nur noch in Relation zu seinen Herausforderern bei der folgenden Bundestagswahl abgefragt.

Merz' Zufriedenheitswerte sind selbst unter denjenigen, die zur Bundestagswahl CDU oder CSU gewählt haben, schwach: 57 Prozent der Unionsanhänger sind mit seiner bisherigen Arbeit als Regierungschef zufrieden. 43 Prozent sind unzufrieden. Unter SPD-Anhängern sind immerhin noch 28 Prozent zufrieden mit Merz. Unter den Anhängern von Grünen, Linken und AfD sind die Werte deutlich schlechter: Zwischen 89 und 96 Prozent der Anhänger der drei Oppositionsparteien sind unzufrieden mit Merz.

Im Auftrag von RTL und ntv fragte Forsa zusätzlich die Gründe für die Unzufriedenheit mit Bundeskanzler Merz ab. Zwei Gründe stechen dabei besonders hervor: In der offenen Abfrage ohne vorgegebene Antwortmöglichkeiten nannten 24 Prozent Merz' "vollmundige Ankündigungen ohne Folgen". Unter Anhängern von CDU/CSU nannten diesen Grund sogar 32 Prozent. Man hatte sich offenbar mehr davon versprochen, der Union die Stimme zu geben.

Ähnlich gelagert ist die zweithäufigste Antwort: "gebrochene Wahlversprechen". 21 Prozent unter allen Befragten genauso wie 21 Prozent der Unionsanhänger haben den Eindruck, Merz halte sich nicht an den Kern seines Wahlprogramms.

Insbesondere hatte Merz im Wahlkampf eine Lockerung der Schuldenbremse rigoros ausgeschlossen - und diese binnen Wochen nach der Bundestagwahl abgeräumt. Die Bundesregierung hat nun allein in den Haushalten 2025 und 2026 eine addierte Neuverschuldung von mehr als 320 Milliarden Euro beschlossen. Das von der Union so entschieden abgelehnte Heizungsgesetz ist weiter in Kraft und auch der versprochene Aufschwung bei der Wirtschaftsentwicklung bleibt bislang aus.

Zwei weitere Themenkomplexe betreffen Merz' Führungskompetenz und sein öffentliches Auftreten: 15 Prozent der Befragten gaben an, Merz "bedenkt zu wenig, was er sagt". Zuletzt hatte der Kanzler in kurzer Folge mit seiner "Stadtbild"-Äußerung und als abfällig wahrgenommene Bemerkungen über Brasilien ungewollt Debatten losgetreten. 7 Prozent der Befragten meinen gar, "Arroganz, zu großspuriges Auftreten" beim Kanzler zu beobachten.

Die Unionsanhänger stören sich aber mehr noch an Merz' Führungsstil: 21 Prozent nannten "mangelnde Führungsstärke" als Grund für Unzufriedenheit. Weitere 18 Prozent finden, Merz lasse "keine klare Linie" erkennen. Unter allen Befragten werden diese Gründe von 10 beziehungsweise 14 Prozent genannt.

Ein Hinweis darauf, dass die Erwartungen von Unionswählern an den CDU-Chef im Kanzleramt sich durchaus unterscheiden von den Wünschen der Allgemeinbevölkerung. So oder so: Will sich Merz an die eigenen Vorgaben halten, die er als Oppositionsführer für den Kanzler definiert hat, muss er "an seiner Kommunikation, seiner Politik, seinem Führungsstil etwas ändern".

Die Daten im RTL/ntv-Trendbarometer zur Zufriedenheit mit Friedrich Merz wurden vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag von RTL Deutschland zwischen dem 25. November und 1. Dezember erhoben. Datenbasis: 2501 Befragte. Statistische Fehlertoleranz: plus/minus 2,5 Prozentpunkte. Die Daten zu den Gründen für die Unzufriedenheit mit Merz wurden von Forsa zwischen dem 26. November und 28. November erhoben. Datenbasis: 1.052 Befragte. Statistische Fehlertoleranz: plus/minus 3 Prozentpunkte.

Weitere Informationen zu Forsa hier.

Quelle: ntv.de, shu/lst/mmo

RTL/ntv-TrendbarometerCSUCDUBundestagswahl 2025Friedrich Merz