Politik

Rechte Dauer-Demo Wie Halle vergeblich einen Neonazi bekämpft

Sven Liebich vor dem Rathaus von Halle

Sven Liebich vor dem Rathaus von Halle

(Foto: picture alliance/dpa)

Mehrmals pro Woche beschallt ein stadtbekannter Rechtsextremist die Innenstadt von Halle mit rechten und volksverhetzenden Parolen. Es hagelt Anzeigen aus allen Richtungen - doch bisher muss die Stadtverwaltung dem Treiben machtlos zusehen.

Mehr als 200 Anzeigen sind allein im vergangenen Jahr bei der Staatsanwaltschaft in Halle (Saale) gegen Sven Liebich eingegangen, unter anderem wegen Volksverhetzung und Beleidigung. Liebich ist ein stadtbekannter Neonazi mit Verbindungen zum rechtsextremen Netzwerk "Blood and Honour", das seit dem Jahr 2000 verboten ist. Mehrmals pro Woche tritt der mehrfach vorbestrafte Mann mit einem kleinen Trupp Anhänger an verschiedenen Orten in Halle auf, am liebsten direkt auf dem Marktplatz.

Halles Bürgermeister Bernd Wiegand würde die rechte Dauer-Beschallung gerne verhindern, aber so einfach ist das nicht: "Das Versammlungsrecht gibt weitläufige Möglichkeiten, eine Versammlung durchzuführen, deshalb müssen die von Liebich angemeldeten Versammlungen kraft Gesetzes auch bestätigt werden", sagt Wiegand RTL. Die Stadt in Sachsen-Anhalt versucht daher, der rechtsextremen Hetze durch kreative Maßnahmen Einhalt zu gebieten. "Die Markthändler dürfen ihre Stände jetzt bis 21 Uhr betreiben, so versuchen wir, Sven Liebich vom Markt fernzuhalten", so Wiegand. Genutzt hat aber auch das bisher eher wenig.

Hinter dem Pöbeln in Endlosschleife steckt neben einer tiefbraunen Gesinnung auch wirtschaftliches Kalkül, denn Liebich betreibt einen Online-Shop für Aufkleber, Shirts und andere Accessoires. Dieser Shop wird von ihm sowohl auf den Veranstaltungen als auch über seine diversen Social-Media-Kanäle beworben. Man könnte sagen: Seine Auftritte sind Verkaufsveranstaltungen der anderen Art.

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Um den Rechtsextremisten wirklich dauerhaft vom Pöbeln abzuhalten, müssten die vielen Anzeigen gegen ihn auch zu Verurteilungen führen, denn daran könnten wiederum stärkere Auflagen für zukünftige Versammlungen geknüpft werden. Doch bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Halle hinterließ der renitente Schreihals bisher relativ wenig Eindruck; die meisten Verfahren wurden eingestellt. RTL konfrontierte den Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Halle, Klaus Wiechmann, mit der Kritik, seine Behörde sehe dem rechtsextremen Treiben mehr oder weniger tatenlos zu. Aus seiner Sicht gibt es jedoch keinen Anlass zur Kritik: "Ausgangspunkt für unsere Arbeit ist der sogenannte Anfangsverdacht, also tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat. Und da gibt es für den Sachbearbeiter, den Staatsanwalt, auch einen gewissen Ermessensspielraum."

Diesen Ermessensspielraum scheint die zuständige Staatsanwältin regelmäßig zu Liebichs Gunsten auszulegen. In Sicherheitskreisen sorgt das - gelinde gesagt - durchaus für Erstaunen: Der Verfassungsschutz widmet dem rechtsextremen Schreihals im aktuellen Verfassungsschutzbericht alleine vier Seiten.

Quelle: ntv.de

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