
Zuletzt sprach Trump bei einer Wahlkampf-Kundgebung in Charlotte vor etlichen Anhängern.
(Foto: REUTERS)
Im November wählen die US-Bürger einen neuen Präsidenten. Donald Trump würde das Amt gerne weitere vier Jahre bekleiden. Doch die Corona-Pandemie bremst seinen Wahlkampf aus - bis jetzt. Sein für Samstag geplantes Event in Oklahoma löst Kritik aus und könnte seine Anhänger in Gefahr bringen.
110 Tage werden vergangen sein, bis Donald Trump am Samstag wieder Zehntausenden Menschen die Worte "Keep America Great" zurufen und für seine Präsidentschaftskandidatur werben kann. Zuletzt hatte der Staatschef am 2. März in Charlotte in North Carolina eine Wahlkampf-Kundgebung abgehalten. Danach machte der Erreger Sars-CoV-2 Events dieser Art unmöglich. Damit soll am Samstag Schluss sein - dann betritt Trump die Bühne des BOK Centers in Tulsa, Oklahoma.
Seit Anfang März ist viel passiert. Die Zahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen hat in den Vereinigten Staaten ein Niveau erreicht, das weltweit ihresgleichen sucht. Inzwischen gelten beziehungsweise galten mehr als 2,1 Millionen Amerikaner als infiziert. Die Zahl der Toten, die im Zusammenhang mit der Lungenkrankheit Covid-19 von den Behörden registriert wurden, beträgt knapp 117.000.
Auch wenn die schrecklichen Bilder aus New York City, wo Kühllaster für die vielen Opfer vor Krankenhäusern parkten und ein Lazarettschiff der Marine im Hafen einlief, längst aus den Medien verschwunden und - lässt man die gegenwärtigen Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus außer Acht - ein Stück weit Normalität in das riesige Land zurückkehrt, ist die Corona-Pandemie bei Weitem noch nicht überstanden. Im Gegenteil: Mehrere US-Bundesstaaten melden neue Negativrekorde. Wie der "Guardian" berichtet, betrifft das etwa Arizona, Florida, Oregon, Nevada, Texas und eben Oklahoma.
Medienberichten zufolge stiegen die Fallzahlen allein in Oklahoma zu Wochenbeginn um 7,7 Prozent oder 591 - der höchste Anstieg für die gesamten Vereinigten Staaten. In der vergangenen Wochen legten die Fallzahlen um sagenhafte 68 Prozent zu. Trump führt diesen Umstand gerne auf die Zunahme von Tests zurück. Der Präsident argumentierte etwa am Montag auf Twitter: "Ohne Tests, oder mit schwachen Tests, würden wir fast keine Fälle aufweisen. Tests sind ein zweischneidiges Schwert - lässt uns schlecht aussehen, aber gut zu haben!!!"
Nach Angaben der "New York Times" sind bislang 363 Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 in Oklahoma gestorben, 8645 Infektionen sind nachgewiesen. Der Staat im sogenannten Bible Belt (übersetzt: Bibel-Gürtel, gemeint ist das dort weit verbreitete Christentum) ist fest in Republikaner-Hand. Rund vier Millionen Einwohner leben hier auf einer Fläche halb so groß wie Deutschland.
Berater Fauci nimmt nicht an Veranstaltung teil
Trump will in der Stadt Tulsa in einer geschlossenen Arena auftreten. Dem "Guardian" zufolge regte Vizepräsident Mike Pence allerdings auch an, nach Veranstaltungsorten im Freien zu schauen. Diese sollten CNN zufolge aber nur dazu dienen, diejenigen, die nicht mehr in die Halle passen, zu beherbergen. Demnach sei es laut Wahlkampfteam wahrscheinlich, dass Trump auch in diesen ebenfalls persönlich in Erscheinung trete. Es wird mit einem großen Ansturm gerechnet.
Die Behörden in Tulsa rieten Teilnehmern des Events, sich vorher auf das Coronavirus testen zu lassen und sich danach in Selbstisolation zu begeben, um sich dann gegebenenfalls ein weiteres Mal einem Test zu unterziehen. Menschen, die über 65 Jahre alt sind, sollten sich bestenfalls gar nicht erst zu einem Besuch hinreißen lassen. Der Leiter des Gesundheitsamtes in der 400.000-Einwohner-Stadt, Bruce Dart, wünschte sich öffentlich, der Auftritt Trumps möge verschoben werden. "Ich glaube, es ist eine Ehre für Tulsa, dass ein amtierender Präsident kommen und unsere Gemeinde besuchen will, aber nicht während einer Pandemie."
In der Arena ist Medienberichten zufolge Platz für 19.000 Menschen. Trump gab allerdings vor wenigen Tagen stolz auf Twitter bekannt, dass angeblich "fast eine Million Menschen Tickets beantragt" hätten. Anthony Fauci gehört nach eigenen Angaben nicht dazu. Der anerkannte Immunologe und Berater Trumps gab in einem Interview mit "The Daily Beast" zu Protokoll, dass er nicht gedenke, an der Veranstaltung im BOK Center teilzunehmen. Der 79-Jährige brachte dabei sein Alter als einen Risikofaktor ins Spiel. Und er ergänzte, dass er einen Auftritt Trumps draußen an der frischen Luft besser finden würde. Coronaviren verbreiten sich bekanntlich hervorragend in geschlossenen Räumen (Stichwort: Aerosole).
Dass Fauci seinem Dienstherren diesen Ratschlag im persönlichen Gespräch überbracht hat, ist gegenwärtig unwahrscheinlich. Denn der Immunologe sagte dem öffentlichen Radiosender WAMU, in den vergangenen zwei Wochen kein einziges Mal mit dem Präsidenten gesprochen zu haben. Beim letzten Austausch sei es um Fortschritte bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegangen.
Trump sichert sich juristisch ab
Zwischen Fauci, der Direktor des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten ist, und Trump hatte es in der Vergangenheit immer wieder Spannungen gegeben. Letzterer hatte versucht, den Ernst der Situation immer wieder herunterzuspielen. Zu seinem Missfallen ließ Fauci jedoch nicht davon ab, vor einer Ausbreitung des Coronavirus zu warnen. Beide waren im März und April noch gemeinsam in täglichen live übertragenen Pressekonferenzen aufgetreten. Doch Trump stellte diese ein, um den Fokus weg vom Ausbruch und hin zum Wiederbeleben der Wirtschaft zu schwenken. Für Fauci ist die erste Welle der Pandemie in den USA dagegen noch längst nicht überstanden, wie er im Interview mit "The Daily Beast" klarstellte.
Trump selbst wies Kritik an seiner Wahlkampfveranstaltung als mögliches Superspreading-Event als Falschinformationen linker Medien zurück, die das Coronavirus nur politisch gegen ihn instrumentalisieren wollten. "Das wird nicht klappen", schrieb er auf Twitter. Er teilte zudem einen Tweet, der Medien eine Doppelmoral vorwarf, weil sie nicht derart negativ über die Massenproteste gegen Rassismus berichteten. Dass diese im Freien stattfinden und viele Teilnehmer eine Maske tragen, erwähnen Trump und der Kommentator nicht. Versuche, Trumps Massen-Kundgebung juristisch zu untersagen, misslangen bislang, wie die "Washington Post" berichtete.
Aller augenscheinlichen Zuversicht zum Trotz riskiert Trump bei seiner Rückkehr in den Wahlkampf derweil lieber nichts. Wer sich für das Event in Tulsa registrieren will, muss einer Regelung zustimmen, wonach die Veranstalter nicht für eine Covid-19-Erkrankung und mögliche Folgen haftbar gemacht werden können. Der Wahlkampfmanager des Republikaners, Brad Parscale, twitterte zudem, dass bei den Besuchern vor Eintritt in die Arena Fieber gemessen werde, Besucher sich die Hände desinfizieren könnten und eine Maske ausgehändigt bekämen. "Ich denke, wir werden eine großartige Zeit haben", sagte Trump zu Wochenbeginn. Er erwarte eine rekordverdächtige Zuschauermenge. "Wir hatten noch nie einen leeren Sitz."
Quelle: ntv.de, mit dpa