Politik

Umstrittene Taktik hat gewirkt Wie US-Demokraten Trumps Kandidaten "halfen"

Donald Trump unterstützte handverlesene Kandidaten. In manchen Schlüsselrennen scheiterten sie.

Donald Trump unterstützte handverlesene Kandidaten. In manchen Schlüsselrennen scheiterten sie.

(Foto: AP)

In den USA lecken die Republikaner ihre Wunden, die Demokraten feiern sich für ihren unerwarteten Erfolg. Der jedoch kam in manchen Schlüsselduellen ungewöhnlich zustande: Die Demokraten verbreiteten die Positionen radikaler Republikaner in deren Vorwahlen. Manche halten das für verwerflich.

Ein Angriff auf die Demokratie war das laut US-Präsident Joe Biden, und er meinte damit die Hunderte republikanischen Kandidaten für den Kongress sowie für Ämter auf der Ebene der Bundesstaaten, die seinen Wahlsieg gegen Donald Trump von vor zwei Jahren noch immer leugnen. Um diesen Angriff abzuwehren, verwendeten die Demokraten mancherorts eine zweifelhafte und halsbrecherische Taktik: Sie mischten sich mit Millionen Dollar in republikanische Vorwahlen ein.

Trumps Kandidat Doug Mastriano trat für den Gouverneursposten in Pennsylvania an und verlor deutlich.

Trumps Kandidat Doug Mastriano trat für den Gouverneursposten in Pennsylvania an und verlor deutlich.

(Foto: AP)

Das Geld floss für Wahlwerbung. Die meiste davon stellte extreme Kandidaten in Fernsehen und Radio als unverbrüchliche Verbündete Trumps heraus und betonte deren konservative Werte. Andere attackierten und diskreditierten den gemäßigteren Kandidaten, auch wenn dieser den demokratischen Werten näherstand. Das Ziel war, dem extremeren Kandidaten zum Sieg zu verhelfen. Dies sollte die Chancen der Demokraten in der Wahl am 8. November erhöhen. Es war eine riskante Wette, erhöhten sie doch die Bekanntheit des potenziellen späteren Gegners.

Die Demokraten mischten sich laut "Washington Post" in Vorwahlrennen in Michigan, Colorado, Kalifornien, Pennsylvania, Illinois, Maryland und New Hampshire ein. Sieben Mal gewann der gewünschte Kandidat. Und wie erhofft, verloren sechs von ihnen am Dienstag gegen Demokraten: Doug Mastriano in Pennsylvania, John Gibbs in Michigan, Don Bolduc und Robert Burns in New Hampshire, Dan Cox in Maryland und Darren Bailey in Illinois. Es könnten sieben werden. Die Republikanerin Kari Lake, Gouverneurskandidatin von Arizona und frühere Fernsehmoderatorin, liegt Kopf an Kopf mit ihrer Konkurrentin. Die Stimmenauszählung dauert an.

Präzedenztaktik aus Missouri

Natürlich ist es möglich, dass all diese Kandidaten ihre Vorwahlen wegen Trumps Unterstützung ohnehin gewonnen hätten, was aber nachträglich unmöglich zu ermessen ist. Die Demokraten hatten darauf spekuliert, dass extreme Gegenkandidaten die eigenen Wähler mobilisieren würden. So wie vor zwei Jahren, als es der Mehrheit der US-Amerikaner vor allem darum ging, Trump loszuwerden - und nicht darum, Biden ins Weiße Haus zu bringen.

Es gibt Präzedenzfälle, der bekannteste ist aus dem Jahr 2012. Meinungsforscher hatten für die damalige Senatorin Claire McCaskill aus Missouri herausgefunden, mit welchen Werbebotschaften sie konservative Wähler animieren konnten, ihren Wunschkandidaten zu unterstützen. Die Demokratin wollte gegen den Republikaner Todd Akin antreten, weil sie sich gegen ihn die besten Chancen ausrechnete. Also bezeichnete die geschaltete Werbung Akin als "zu konservativ", was einen sogenannten umgekehrten psychologischen Effekt auslösen sollte.

Tatsächlich gewann Akin seine parteiinterne Vorwahl wie erhofft und verlor das Duell gegen McCaskill krachend. Der Republikaner war in vielerlei Hinsicht extrem. Im Wahlkampf hatte er etwa gesagt, "legitime Vergewaltigung" führe nur selten zu Schwangerschaften. McCaskill hatte 1,7 Millionen Dollar für Akin ausgegeben, viel mehr als er selbst.

"Nicht später herauswinden"

David Turner, Kommunikationsdirektor der Democratic Governors Association, bestreitet, dass zumindest seine Organisation bei den Zwischenwahlen diese Taktik angewandt habe. Dem "New York Magazine" sagte er, in den Bundesstaaten Illinois, Maryland und Pennsylvania hätten die Vereinigung demokratischer Gouverneure nach Kandidaten mit soliden Umfrageergebnissen gesucht, die von Trump unterstützt wurden. Dann habe sie für Millionen Dollar Anzeigen geschaltet, in denen deren rechte Positionen detailliert beschrieben wurden. "Wir wollten nicht, dass sie sich später herauswinden können", so Turner. Die attackierten Republikaner hätten ihre Vorwahlen ohnehin gewonnen, meinte er.

Mehr zum Thema

Nicht alle Demokraten sind mit dieser Vorgehensweise einverstanden. Schon im August hatten 35 frühere Amtsträger der Partei einen Brief veröffentlicht, in dem sie die Parteispitze scharf kritisieren. "Wir sollten niemals Kandidaten unterstützen, die Lügen über die Wahl 2020 verbreiten und das Ergebnis leugnen", heißt es darin. "Das Komitee sollte niemals auf Trumps Seite sein und Kandidaten bewerben, der die Verfassung und das demokratische System untergräbt", sagte Initiator Tim Roemer, ehemaliger Kongressabgeordneter und US-Botschafter.

Roemer und die Unterzeichner sehen ein moralisches Problem. Biden und die Demokraten stellen sich als Verteidiger der Demokratie dar, finanzieren aber zugleich Werbung, die ein Stück weit Personen hilft und bekannter macht, die sie verteufeln.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen