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Verwundeter Trump wütet Wenn die Republikaner das nicht ausnutzen, was dann?

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Ex-Präsident Donald Trump und seine Kandidaten: Was ist da schiefgelaufen?

(Foto: IMAGO/USA TODAY Network)

Der Boden schien fruchtbar, eine republikanische Präsidentschaft 2024 einzuleiten. Doch Ex-US-Präsident Trump fährt die Zwischenwahlen an die Wand und Amtsinhaber Biden einen Erfolg für die Geschichtsbücher ein.

Die konservativen Stimmen im politischen Kosmos der USA zählten schon auf, was sie mit ihrer neuen, überzeugenden Mehrheit im Kongress alles tun würden nach diesem 8. November. Welche Untersuchungsausschüsse sie einsetzen, wie sie Präsident Joe Biden im Weißen Haus isolieren würden, um die Machtübernahme für 2024 vorzubereiten. Nun müssen sie sich zurückziehen und analysieren, was da schiefgelaufen ist bei den so wichtigen midterm elections.

Eine Inflation so hoch wie seit 40 Jahren nicht und schrumpfende Realeinkommen. Rekordausgaben für einen Krieg in Europa. Ein äußerst unbeliebter, sogar verhasster Präsident. Von weiten ländlichen Gegenden abgekoppelte identitätspolitische Diskussionen der Demokraten. Ein Supreme Court, der mit seinen Entscheidungen pro Waffenbesitz und gegen das Abtreibungsrecht ebenso die konservative Basis elektrisieren sollte wie die Aussicht auf eine weitere mögliche Kandidatur von Ex-Präsident Donald Trump.

Die Republikaner haben diese Gelegenheiten verschleudert. Wenn die Konservativen bei diesen Voraussetzungen keinen deutlichen Sieg einfahren, machen sie fundamentale Fehler. Wenn nicht jetzt, wann dann? War es die Partei? Ihr Wahlkampfprogramm? Die Kandidaten?

Dies wird Auswirkungen auf die innerparteiliche Machtstatik haben. Und damit auch darauf, wer als Präsidentschaftskandidat ins Rennen gehen wird. Ron DeSantis dürfte durch seinen überzeugenden Sieg bei der Gouverneurswahl in Florida endgültig zum Favoriten vieler Republikaner geworden sein. Schaut her in den Sunshine State, so wird es gemacht, hieß es bei DeSantis zwischen den Zeilen nach seinem Erfolg. Die politische Landkarte hat sich verändert, und Trump weiß es. Der Ex-Präsident schrie in der Wahlnacht ob der verpassten Chancen, drohte DeSantis sogar öffentlich. So wütet ein Verwundeter.

Wahlleugner im Wind

Ja, ohne Frage ist es besorgniserregend, wie Kollege Nikolaus Blome schreibt, dass mehr als 200 Personen in Kongress und auf Bundesstaatsebene gewählt worden sind, welche die Wahlergebnisse von 2020 leugnen. Aber nicht wenige davon dürften Fähnchen im konservativen Wind sein, die sich wohin auch immer drehen, wo jemand das Zepter übernimmt. Trump hat offenbar ein weniger goldenes Händchen als gedacht. Denn gleich reihenweise scheiterten von ihm persönlich ausgewählte Kandidaten.

Wahrscheinlich werden die Republikaner die kommenden zwei Jahre knapp das Repräsentantenhaus kontrollieren. Im Senat ist das Rennen noch immer offen, auch wenn die Tendenz für eine Mehrheit der Demokraten spricht. Dass John Fetterman den Senatssitz im Bundesstaat Pennsylvania erobert hat, ist ein Ausrufezeichen. Es könnte belegen, dass die Demokraten weiße Arbeiter zurückholen können, auch wenn ein Kandidat progressive Positionen der urbanen Wählerschaft offensiv vertritt. Er muss authentisch, glaubhaft und nahbar transportieren können, dass niemand zurückgelassen und vergessen wird.

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Ein Teil der Wahrheit ist, dass Biden einen besseren Boden bereitet hat als gedacht; mit Entlastungen, historischen Gesetzesprojekten und manch eingelöstem Wahlversprechen, etwa wie der Erlass von Studienkrediten. Sogar Republikaner in ländlichen Gegenden räumten vor der Wahl ein, dass die Wirtschaft trotz Inflation weiter brummt. Das hat gewirkt.

Sicher, die Demokraten haben Sitze verloren, und wenn für sie am Ende doch noch alles schiefläuft, wird Biden zwei Jahre gegen den Kongress regieren müssen. Aber das Ausmaß ist längst nicht wie bei seinen Vorgängern. Bill Clinton verlor 1994 ganze 54 Sitze im Repräsentantenhaus, bei Barack Obama waren es im Jahr 2010 sogar 63. Oder so: Seit 30 Jahren hat bei den ersten midterms keine republikanische Opposition mehr so versagt wie die von Trump dominierte Partei. Und kein demokratischer Präsident so gut abgeschnitten wie Biden. Dies ist die Botschaft der US-Wähler.

(Dieser Artikel wurde am Mittwoch, 09. November 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de

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