Trump marschiert, Biden bangt Wie ist dieser Mann aufzuhalten?


Derzeit obenauf: Donald Trump
(Foto: AP)
Nein, er ist nicht von der Bildfläche verschwunden, von seinen juristischen Problemen übermannt worden oder hat einfach hingeschmissen. Wird Donald Trump wieder US-Präsident? Das sagen Meinungsforscher und Trends über seine Chancen.
Donald Trump war nur eine vierjährige Verirrung. Der ehemalige US-Präsident ist bei den Republikanern wegen des Aufstands vom 6. Januar 2021 nicht mehrheitsfähig. Trump wird vor der Wahl im November verurteilt und darf nicht antreten. Niemand wählt ihn in den Vorwahlen, denn die Republikaner wollen die eigentlichen Wahlen nicht verlieren. Diese sowie viele weitere Thesen und Hoffnungen seiner Gegner haben sich in Luft aufgelöst. Nach dem Super Tuesday platzt Trump fast vor Selbstvertrauen und Siegessicherheit.
Acht Monate bleiben Präsident Joe Biden und den Demokraten nun, um ihn aufzuhalten. Ist das für sie zu schaffen? Die Zeichen stehen derzeit eher schlecht, aber besser als Trump es glauben machen möchte. Ein Überblick.
Die Umfrageergebnisse haben sich gedreht. Trump liegt im landesweiten Umfrageschnitt mit 2,2 Prozentpunkten vor Biden. Das mag nicht nach viel aussehen, schließlich lag der Demokrat zum gleichen Zeitpunkt vor vier Jahren sogar mit 5,5 Punkten vor dem damaligen Amtsinhaber Trump und siegte am Ende nur wegen einer Handvoll knapp entschiedener Bundesstaaten. Doch seit Wochen verläuft der Trend klar zugunsten des Republikaners. Zudem liegt Biden in mehreren umkämpften Bundesstaaten hinter seinem Herausforderer. Ob das bis zur Stimmabgabe so bleibt, ist erstens nicht sicher, und zweitens ist es schwer einzuschätzen, wie viele Wähler sich womöglich doch für Biden entscheiden, nur um Trump zu verhindern.
Bidens Wählerkoalition bröckelt. Junge Wähler allerdings, ein wichtiger Teil seiner Wählerschaft von 2020, sehen Bidens Nahostpolitik kritisch, halten seine Klimapolitik für nicht rigoros genug, und viele warten immer noch auf den versprochenen Erlass ihrer Studienkredite. Die öffentliche Krankenversicherung als Alternative zu den Privatanbietern, ein zentrales Wahlversprechen, gab Bidens Regierung praktisch auf, ohne es wirklich versucht zu haben. Auch ein historisch hoher Anteil schwarzer Wähler würde sich derzeit gegen die Demokraten entscheiden. Die überwältigende Mehrheit wird jedoch in Bidens Lager bleiben. Zudem gilt auch in diesen Wählergruppen: Im November gibt es nur zwei potenzielle Präsidenten, und wer wählt, entscheidet sich nach alter politischer Binsenweisheit für das kleinere Übel.
Trumps juristische Probleme fasern aus. Wenn, aber nur wenn Trump in seinen Gerichtsprozessen verurteilt wird, würden ihm einige Republikaner vermutlich von der Fahne springen. Doch nach den vergangenen Entscheidungen des Supreme Court über die "Aufstandsklausel" der Verfassung wegen des Sturms auf den Kongress am 6. Januar 2021, zu Trumps möglicher strafrechtlicher Immunität sowie der Seifenoper im Bundesstaat Georgia ist völlig offen, welche Folgen der Ex-Präsident befürchten muss. Die Demokraten sollten nicht zu sehr darauf setzen.
Die Wirtschaft brummt, aber die Wähler sind misstrauisch. Die Daten sehen gut aus, es herrscht fast Vollbeschäftigung, aber der Aufschwung konnte die Kaufkraftverluste der vergangenen Jahre bisher nicht ausgleichen. Am vergangenen Wochenende meinte deshalb eine Mehrheit der US-Amerikaner, die Wirtschaft sei in schlechter Verfassung, und 47 Prozent waren mit Bidens Amtsführung überhaupt nicht einverstanden - der schlechteste Wert während seiner Präsidentschaft. Verbessert sich die Einkommenssituation der Arbeiterschaft oder taucht ein anderes Thema auf, bei dem Biden glänzen kann, ist eine Trendumkehr möglich. Zudem wollen die Demokraten eine Informationsoffensive starten und auf den positiven Seiten der "Bidenomics" herumhämmern.
Die Senatsmehrheit könnte wegbrechen. Die dünne Mehrheit der Demokraten wackelt gehörig. Kyrsten Sinema, Senatorin aus Arizona, verließ die Partei und stellt sich im November nicht wieder zur Wahl. Der Trump-Anhängerin Kari Lake werden deshalb gute Chancen ausgerechnet, den Sitz zu erobern. Dazu kommt ein weiterer Senatssitz für West Virginia, der so gut wie sicher an die Republikaner geht, weil der konservative Demokrat Joe Manchin nicht wieder antritt. Mit nur einem Sitz weniger im Senat hätten die Demokraten ihre Mehrheit dort bereits verloren, wenn die Vizepräsidentschaft an die Republikaner geht.
Die Wählerlandschaft ändert sich. Bleibt es dabei, dass die Demokraten wie 2020 tendenziell in den Vorstädten, bei der Mittelschicht und insbesondere bei den Frauen Unterstützung gewinnen können, weil diese Gruppen sich zu einem Großteil von Trumps Rhetorik abgestoßen fühlen, ist ein schmaler Weg für Biden erkennbar. Womöglich verstärkt sich dieser Effekt noch, sollten Haleys Wähler und Unentschlossene sich für Biden entscheiden, um Trump zu verhindern. Entsprechend planen die Strategen des Präsidenten: Mit viel Geld in der Wahlkampfkasse wollen sie die Gefahren einer erneuten Präsidentschaft des Republikaners konstant betonen. Aus vergangenen Präsidentschaftswahlen wissen die Meinungsforscher jedoch: Die überwältigende Mehrheit schart sich am Ende um den Kandidaten der Partei, der sie eigentlich nahestehen.
Der Präsidentschaftswahlkampf beginnt erst jetzt. Trotz allem und obwohl Trump etwas anderes glauben lassen möchte: Die Wahl ist noch lange hin, es ist nichts entschieden und es kann noch einiges passieren. Sollte Trump verlieren, bangt Biden um die demokratische Stabilität - er rechnet damit, dass dieser eine Niederlage erneut nicht anerkennen würde. Ängste vor dem Gegner schüren, das gehört zum Einmaleins des Wahlkampfes. Beide Seiten werden dies in den kommenden acht Monaten weiterhin tun.
Quelle: ntv.de