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"Panne" bei Großübung in Bayern Wie kann es passieren, dass ein Polizist auf einen Soldaten schießt?

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Alarmiert worden war die Polizei am Mittwoch gegen 17.00 Uhr, weil jemand einen bewaffneten Mann gesehen hatte.

Alarmiert worden war die Polizei am Mittwoch gegen 17.00 Uhr, weil jemand einen bewaffneten Mann gesehen hatte.

(Foto: dpa)

"Schulter an Schulter" mit Polizei und Rettungskräften wollte die Bundeswehr in Bayern trainieren, acht Tage lang, in der Öffentlichkeit. Das Szenario: Hinter einer fiktiven Frontlinie bedrohen Drohnen, Saboteure und Bewaffnete ohne Armeezugehörigkeit die Sicherheit - und die Feldjäger müssen mit der Polizei dagegen vorgehen. Doch schon am ersten Tag geht die Zusammenarbeit mächtig schief: Feldjäger werden von der Polizei beschossen, mit scharfer Munition. Ein Soldat wird angeschossen und verletzt. Wie konnte das passieren?

Warum wurde nicht auf einem Truppenübungsplatz trainiert?

Die Bundeswehr wollte bei der Übung namens "Marshal Power" möglichst realitätsnah für den Fall trainieren, hinter einer fiktiven Frontlinie gegen Bedrohungen vorzugehen. Dabei sollte es um Sabotage zum Beispiel am stillgelegten Atomkraftwerk Isar 2 gehen, aber auch um die Abwehr von Drohnen und den Kampf gegen "irreguläre Kräfte" - also Bewaffnete, die nicht zu einer Armee gehören. Dabei sollte auch an Landstraßen, in Ortschaften und auf Firmenarealen geübt werden, und gerade nicht auf abgezäunten Truppenübungsplätzen.

Wie kam es zu dem Schusswechsel?

Viele Fragen dazu sind noch offen. Die Polizei sprach zunächst von einer "Fehlinterpretation vor Ort". Alarmiert worden war die Polizei demnach am Mittwoch gegen 17.00 Uhr, weil jemand in einem Stadtteil von Erding in Oberbayern einen bewaffneten Mann gesehen hatte. Daraufhin habe die Einsatzzentrale "starke Kräfte" dorthin geschickt, es fielen Schüsse. Dabei wurde einer der Bundeswehrsoldaten getroffen und verletzt. Erst im Nachgang habe sich herausgestellt, dass der Mann wegen der Übung dort bewaffnet unterwegs war, teilte die Polizei mit. Die Hintergründe würden nun ermittelt.

Ein Sprecher des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr sagte, die Feldjäger versuchten in Zusammenarbeit mit der Polizei aufzuklären, wie es zu dem Missverständnis kommen konnte. Die Bundeswehr hatte vor der Übung angekündigt, dass dabei Feldjäger auch als "irreguläre Kräfte" unterwegs seien, also die bewaffneten Kämpfer ohne Armeezugehörigkeit darstellen sollten. Ob die bei dem Schusswechsel involvierten Soldaten dazugehörten, ist bislang nicht klar.

Wusste die Polizei nichts von der Übung?

Nein - sagt zumindest die Polizei selbst. "Wir wussten nicht, dass zu diesem Zeitpunkt dort geübt wird", sagte ein Polizeisprecher des Präsidiums in Ingolstadt. "Bei der Übung gestern war die Polizei in Erding auch nicht involviert." Über die großangelegte, für mehrere Tage in verschiedenen Regionen geplante gemeinsame Übung "Marshal Power" habe man zwar Bescheid gewusst. Allerdings sei nicht bekannt gewesen, dass deswegen am Mittwoch in Erding bewaffnete Kräfte unterwegs sein könnten.

Jetzt werde "intensiv geprüft", wo es zu einer "Kommunikationspanne" gekommen sein könnte. Die Bundeswehr hatte vor Beginn der Übung noch verlauten lassen: "Alle Übungsaktivitäten sind im Vorfeld mit den zuständigen Kommunen und Behörden abgestimmt."

Hatten die Behörden die Anwohner informiert?

Inwieweit das erfolgte, ist noch weitgehend offen. Eine Pressesprecherin des Landratsamts Erding sagte auf Nachfrage, die Behörde sei in diesem Fall nicht für die Kommunikation zuständig gewesen. Eine Pressemitteilung habe es seitens des Landratsamts jedenfalls nicht gegeben, in der lokalen Presse sei aber über "Marshal Power" berichtet worden. Die Bundeswehr hatte Informationen zu der Großübung zwar vorab im Internet veröffentlicht, der Landkreis Erding wurde darin aber nicht explizit als Übungsort genannt. Einzelne Anwohner in Erding berichteten Medien zufolge, dass sie von dem Training der Bundeswehr dort nichts gewusst hatten.

Was bedeutet der Vorfall für die Übung?

Wie es nun weitergeht, ist unklar. Eigentlich sollte die Übung noch bis zum 29. Oktober dauern. Offiziell lautet die Sprachregelung: Die Bundeswehr stehe in engem Austausch mit den verantwortlichen Ermittlungsbehörden vor Ort, um die Sache schnellstmöglich aufzuklären. Das erklärte Ziel der Übung, eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und zivilen Kräften, dürfte durch den Vorfall aber noch einmal an Bedeutung gewonnen haben.

Quelle: ntv.de, toh/dpa

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