Politik

Linnemann bei Lanz "Wir müssen an die Strukturen ran"

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Will im großen Stil umstrukturieren: Carsten Linnemann.

Will im großen Stil umstrukturieren: Carsten Linnemann.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die Union hat gute Chancen, nach den Wahlen im kommenden Jahr die Regierung zu übernehmen. Dann will sie vor allem eine neue Wirtschaftspolitik einführen. Was CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann vorschwebt, sagt er nun bei Markus Lanz.

Eines ist CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann klar: Wenn Donald Trump die Wahlen in den USA im November gewinnen sollte, kommen harte Zeiten auf Deutschland, Europa und die Welt zu. Trump werde in seiner zweiten Amtszeit härter vorgehen, sagt er am Mittwochabend bei Markus Lanz im ZDF. Trump habe Gerichtsverfahren überstanden und ein Attentat überlebt. "Er wird kaum noch Kritiker um sich haben. Er wird knallhart seinen Weg gehen, und mit seinem Vize J.D. Vance hat er einen Coup gelandet." Vance habe angekündigt, die Bürokratie in den USA drastisch abzubauen und damit die Industrie hinter sich gebracht. So wolle Elon Musk jeden Monat 45 Millionen Dollar für Trump spenden. Trump wolle Zölle auf ausländische Waren erheben. "Das ist natürlich extrem bitter, weil wir seit Jahrzehnten Zölle abgebaut haben."

Darauf werde die Union reagieren, sollte sie die Bundestagswahlen im kommenden Jahr gewinnen. CDU-Chef Merz werde Deutschland in den Vordergrund rücken, indem er selbst Ansprüche stelle und Forderungen an Trump formuliere. Die Union werde versuchen, gerade in der Handelspolitik eigene Ansprüche zu stellen. "Die Amerikaner sind natürlich auch von uns abhängig, gerade im Modulbereich, im Anlagenbau, im Maschinenbau, und insofern würde Merz auf Augenhöhe mit denen reden", sagt Linnemann.

Vielleicht kommt in Linnemann in diesem Moment der Satz des ehemaligen SPD-Fraktionschefs Herbert Wehner in den Kopf, den von der Union, die vor Kraft nicht laufen kann. Jedenfalls lenkt er sofort ein: "Auf Augenhöhe können wir natürlich nur reden, indem wir unsere Wirtschaft stark machen, indem wir verteidigungsfähig werden, auch als Europa. Dann werden wir erst ernst genommen. Aber wir werden nicht ernst genommen, wenn wir Politik nur verbal machen. Trump nimmt nur Menschen und Länder ernst, die wirtschaftlich stark sind, und diesen Zusammenhang müssen wir in Deutschland mal wieder verstehen." Wirtschaftlich stark werde Deutschland nur, wenn man beherzige: "Wir müssen an die Strukturen ran."

Das fordert Linnemann am Mittwochabend gebetsmühlenartig: an die Strukturen, an die Strukturen, an die Strukturen. Nur was er damit meint, wird lange nicht klar. Moderator Markus Lanz muss mehrmals nachhaken, bis Linnemann endlich die Katze aus dem Sack lässt: "Das ist vielleicht eine Chance mit Trump: Dass wir auch spüren, wir stehen jetzt mit dem Rücken zur Wand. Jetzt ist die Chance, Dinge zu machen, die wir sonst nicht gemacht haben."

Weg mit Bürokratie und Bürgergeld

Zunächst sei da mal der Bürokratieabbau. Überbordende Bürokratie hindere junge Menschen daran, sich selbstständig zu machen. Auch im Baurecht müsse Bürokratie abgebaut werden. "Wenn Sie ein Haus bauen, gibt es 20.000 Vorschriften in Deutschland. 1990 gab es 5000", kritisiert Linnemann.

Nun sei aber die Union 16 Jahre an der Regierung gewesen und hätte doch in dieser Zeit mit dem Bürokratieabbau schon mal loslegen können, kritisiert Markus Lanz. Linnemann: "In den letzten 16 Jahren waren wir in vielen Bereichen nicht gut, und wir müssen es jetzt besser machen." Dazu müsse man Geld in die marode Infrastruktur stecken und die Wirtschaft fördern, aber ohne die Schuldenbremse anzufassen. Die Lösung: "Wir müssen an die verkrusteten Strukturen ran."

Zum Beispiel ans Bürgergeld. "Wir müssen Arbeit wieder ernst nehmen", fordert Linnemann. Darum will die Union das Bürgergeld abschaffen und in eine "neue Grundsicherung" umwandeln: "Es bekommen nur noch Menschen Geld, die wirklich Hilfe bedürfen, zum Beispiel weil sie körperlich nicht mehr in der Lage sind, zu arbeiten. Aber jeder, der arbeiten kann, muss arbeiten gehen. Ansonsten gibt es keine Sozialhilfe. Denn der Staat geht davon aus, dass jemand, der arbeiten kann, auch arbeiten geht."

Die Journalistin Anna Lehmann von der "taz" weist Linnemann darauf hin, dass laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts niemand unter dem Existenzminimum leben darf. Linnemann ist zwar recht nervös, aber das bringt ihn nicht noch mehr auf die Palme. Er glaubt, dafür eine Lösung zu haben. Welche, sagt er nicht. Stattdessen: "Niemand muss arbeiten. Aber es kann auch niemand, der arbeiten gehen kann, erwarten, dass andere, die jeden Tag arbeiten gehen, seine Sozialleistungen mitbezahlen."

Damit Arbeit wieder attraktiv wird, will die Union Rentnerinnen und Rentnern erlauben, 2000 Euro zu ihrer Rente steuerfrei hinzuzuverdienen. Zuschüsse auf Überstunden sollen steuerfrei sein. Kalte Progression und Mittelstandsbauch sollen abgeschafft, die energieintensive Wirtschaft soll weiterhin steuerlich entlastet werden. Linnemann will zudem "extrem energieoffen" werden und zum Beispiel die Entwicklung von Kernfusion unterstützen. Was Energie angeht, soll der Ausbau von unterirdischen Stromtrassen beschleunigt werden. Dazu will Linnemann die Frist für Einsprüche verkürzen. Wie er die Unterstützung seiner Schwesterpartei CSU erreichen will, verrät er nicht.

Auch nicht, woher das Geld für das Schlaraffenland kommen soll, in das sich Deutschland nach dem Wahlsieg der Union verwandeln soll. Aber er sagt, was er nicht will: Die Schuldenbremse verändern - und die Steuern erhöhen.

Quelle: ntv.de

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