Militärgeheimdienst der Ukraine "Wir sehen eine Verbindung zwischen Russland und der Hamas"
17.10.2023, 18:00 Uhr Artikel anhören
Der ukrainische Militärgeheimdienst geht davon aus, dass es eine Verbindung zwischen Russland und der Hamas gibt. Selbst Waffen habe Russland an die Terrorgruppe weitergegeben. Aber auch taktische Erkenntnisse habe Russland mit der Hamas geteilt.
ntv: Herr Tschernjak, der estnische Verteidigungsminister hat nach den Anschlägen in Israel gesagt, es sei kein Zufall, dass dies am 7. Oktober – also an Wladimir Putins Geburtstag stattfanden. Ist das alles nur eine Verschwörungstheorie?
Andrij Tschernjak: Russland nutzt immer wichtige, besondere Daten, um Pläne und Operationen durchzuführen. Der Militärgeheimdienst der Ukraine sieht ganz klar eine Verbindung zwischen Russland und der Terrororganisation Hamas. Wir sehen das bei der Lieferung von Waffen, bei der Ausbildung der Kämpfer und bei der Taktik, die die Kämpfer bei den Anschlägen in Israel angewandt haben. Außerdem sehen wir den russischen Einfluss in den sozialen Medien. Wir beobachten, wie russische Hacker die Hamas unterstützen und das selbst von europäischem Boden aus.
Welche Anhaltspunkte haben Sie, dass Russland erbeutete westliche Waffen an die Hamas gegeben hat?
Das sind leider geheime Informationen, die ich Ihnen nicht geben kann. Aber der Militärgeheimdienst der Ukraine hat Beweise, dass Waffen, die in den besetzten Gebieten erbeutet wurden - ich meine Waffen, die uns von den amerikanischen und europäischen Partnern zur Verfügung gestellt worden sind -, dass diese von den Russen erbeutet wurden und dann an die Hamas weitergegeben wurden.
Welche Beweise haben Sie, dass Russland Hamas-Kämpfer ausgebildet hat?
Wir können definitiv sagen, dass die Hamas ihre Angriffstaktik geändert hat. Es ist genau die Taktik, die Russen in den besetzten Gebieten anwenden. Und wir beobachten auch, wie sie Elemente aus den Angriffen hier im Ukrainekrieg anwenden. Wir wissen definitiv, dass Vertreter privater russischer Sicherheitsfirmen an der Ausbildung und Vorbereitung von Hamas-Kämpfern beteiligt waren.
Am 7. Oktober konnten wir genau sehen, wie Hamas-Terroristen unbemannte Flugobjekte - speziell Kamikaze-Drohnen - genutzt haben, um den Staat Israel anzugreifen. Diese Taktik haben sie noch nie zuvor angewandt und genau diese Taktik wird im Krieg zwischen Russland und der Ukraine angewandt. Wir wissen, dass [russische] Militärexperten dieses Wissen mit der Hamas geteilt haben.
Teilen Sie diese Erkenntnisse mit der CIA und dem Mossad?
Wir arbeiten sehr eng mit diesen Geheimdiensten zusammen. Und all diese Informationen haben wir von Anfang an mit unseren Partnern geteilt.
Was bedeutet dieser neue Konflikt in Nahost für den Krieg hier in der Ukraine?
Er hat ganz klar einen Einfluss. Indem Russland diesen Konflikt unterstützt, versucht es, die Aufmerksamkeit vom russisch-ukrainischen Krieg abzulenken. Russland versucht jetzt, Einfluss auf muslimische Gruppen zu nehmen, Gruppen, die in Europa leben. Für die Ukraine ist das ein Problem. Es wird Provokationen geben. Die Leute werden aufgefordert, zu Demonstrationen und Protesten zu gehen. Und das wird oder könnte Einfluss auf die Militärhilfe unserer europäischen Partner haben.
Wir beobachten definitiv die Präsenz vom russischen Geheimdienst in den sozialen Medien in islamischen Gruppen. Sie versuchen, eine Destabilisierung zu erreichen. Sie versuchen Einfluss zu nehmen und sie rufen die Menschen zu Protesten und Kämpfen auf.
Mit Andrij Tschernjak sprach Nadja Kriewald
Quelle: ntv.de