Korruptionsaffäre in Österreich Zwei einflussreiche Chefredakteure ziehen sich zurück
07.11.2022, 17:47 Uhr
"Die Presse"-Herausgeber Rainer Nowak bei einem Podiumsgespräch mit dem damaligen ÖVP-Vorsitzenden Sebastian Kurz.
(Foto: picture alliance/dpa/APA)
Das Bekanntwerden von Chats bringt zwei exponierte Journalisten in Österreich in Bedrängnis. Bei "Die Presse"-Herausgeber Nowak legen sie nahe, er habe bei der eigenen Karriereplanung engen Kontakt zu einem Vertrauten von Sebastian Kurz gesucht. Er sowie ein ORF-Chefredakteur ziehen sich vorerst zurück.
Infolge der Korruptionsermittlungen in Österreich nach der Ibiza-Affäre haben sich zwei einflussreiche Chefredakteure vorerst zurückgezogen. "Die Presse"-Herausgeber und -Chefredakteur Rainer Nowak werde seine Funktionen während einer internen Prüfung der Vorwürfe vorerst ruhen lassen, erklärte dessen Mediengruppe. Der öffentliche Rundfunksender ORF gab indes bekannt, der ORF-TV-News-Chefredakteur Mathias Schrom gehe während einer internen Untersuchung ab sofort in den Urlaub. Der Ethikrat sei in diesem Fall um Prüfung gebeten worden.
Der Ibiza-Skandal hatte 2019 zum Sturz der österreichischen Regierung geführt. Auf einem auf Ibiza mit versteckter Kamera aufgenommenen Video war damals zu sehen, wie der damalige österreichische Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache von der rechtspopulistischen FPÖ mit einer vermeintlichen russischen Oligarchennichte fragwürdige Deals bespricht.
Vor etwa einem Jahr war auch der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz nach Vorwürfen der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit als Regierungschef und später auch als ÖVP-Parteichef zurückgetreten - auch die Vorwürfe gegen ihn hängen mit den österreichischen Medien zusammen. Nun bringen erneute Enthüllungen aus den daraus folgenden Ermittlungen die beiden Journalisten Nowak und Schrom in Bedrängnis.
Entschuldigung für "Tonalität und unangemessene Nähe"
Auszügen aus der Untersuchungsakte zufolge, die in der vergangenen Woche in den Medien veröffentlicht wurden, tauschte Rainer Nowak im Jahr 2017 eine Reihe von SMS mit dem ehemaligen Generalsekretär im Wiener Finanzministerium, Thomas Schmid, aus. Demnach sollte ihm der enge Vertraute von Kanzler Kurz auf den Chefsessel des ORF helfen - im Gegenzug für Unterstützung seinerseits. In einem Brief an die Leser entschuldigte sich Nowak nun für die "Tonalität und unangemessene Nähe" in den Kurznachrichten.
Mathias Schrom hatte den Chat-Verläufen zufolge regelmäßigen Kontakt mit der FPÖ und deutete dabei darauf hin, dass er sich bemühe, den Einfluss der Sozialdemokraten beim ORF einzudämmen. Der österreichischen Nachrichtenagentur APA zufolge schreibt Schrom zur Ausrichtung des Senders: "Es ist schon bei uns genug zu tun und jeden Tag mühsam, aber langsam wird's, und die, die glauben, die SPÖ retten zu müssen, werden weniger."
Schrom selbst räumte laut APA nun ein, die geleakten Nachrichten hätten "zugegebenermaßen keine glückliche Außenwirkung". Er gab an, dass es wichtig gewesen sei, eine "Gesprächsbasis" zu einer Regierungspartei aufrechtzuerhalten, welche dem ORF ablehnend gegenübergestanden habe.
Quelle: ntv.de, mpe/AFP