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Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius ist ein harter Hund mit guten Chancen

Boris Pistorius wird daran gemessen werden, was er - auch gegen die hauseigene Generalsbürokratie - erreichen wird, um die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr herzustellen.

Boris Pistorius wird daran gemessen werden, was er - auch gegen die hauseigene Generalsbürokratie - erreichen wird, um die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr herzustellen.

(Foto: IMAGO/localpic)

Die Schuhe, in die Boris Pistorius als neuer Bundesverteidigungsminister steigt, sind denkbar klein. Aber sein Ruf dürfte ihm helfen, sich im Bendlerblock durchzusetzen.

Der Start an der Spitze eines Bundesministeriums hat inzwischen etwas von einer mittelalterlichen Hexen-Prüfung: Mit Gewichten an den Füßen wird jemand in den See geworfen, und dann mal schauen … Woraus im Heute der nun schon zweiten Kabinettsumbildung folgt: Boris Pistorius muss große Lust auf das Amt des Verteidigungsministers gehabt haben, sonst hätte er es nicht angenommen. Und der Bundeskanzler muss großes Vertrauen in ihn setzen, sonst hätte er sich nicht von der Frau/Mann-Parität im Kabinett verabschiedet. Daran auf jeden Fall festzuhalten, hätte aber auch arg krampfig gewirkt.

In der langen Reihe möglicher Qualifikationsmerkmale bringt Boris Pistorius das aktuell entscheidende durchaus mit: Er gilt als "harter Hund", der sich Respekt zu verschaffen weiß. Unter den prominenten Politikern der SPD ist er einer vom rechten Flügel, als kompromissloser Innenminister und erklärter Freund von "law and order", Recht und Ordnung. Er erinnert im besten Sinne an Peter Struck, den legendären SPD-Verteidigungsminister unter Gerhard Schröder. Das alles, man muss sich nichts vormachen, hilft beim Start im Verteidigungsministerium. Es hilft umso mehr, als es der Vorgängerin im Amt so völlig abging.

Überhaupt sind die Schuhe denkbar klein, in die Boris Pistorius steigen wird. Frau Lambrecht hat es vor allem weitgehend versäumt, mit dem vielen Geld aus dem "Zeitenwende"-Fonds von 100 Milliarden Euro schnelle und schnell sichtbare Erfolge zu erzielen. Der Bundeswehr fehlen ja nicht nur große Schiffe oder Kampfflugzeuge, die zu beschaffen naturgemäß Jahre dauert. Ihr fehlen auch warme Unterhosen oder Gewehrpatronen. Hier rasch für Abhilfe zu sorgen, dürfte Pistorius bald die Sympathie "der Truppe" bringen. So gesehen sind die Startchancen also gar nicht so schlecht.

Was dann freilich folgen muss, ist ein radikaler Umbau der Bürokratie und der Schwerpunkte: Die Bundeswehr hat zu wenig Kampftruppen und zu viele, die sie versorgen. In der Bundeswehr gibt es mehr Generäle als funktionierende Kampfpanzer. Beides ist ein schlechter Witz, aber nicht neu. Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine ist es bitterer Ernst. Die deutsche Armee ist über zwei Jahrzehnte - aus guten Gründen - zu einer weltweit schnell einsetzbaren Truppe gemacht worden. Jetzt aber geht es zuvorderst wieder um Landes- und Bündnisverteidigung. Der neue Verteidigungsminister wird daran gemessen, was er - auch gegen die hauseigene Generalsbürokratie - dafür tut und erreicht. Und das ab dem ersten Tag, denn seit Februar wurde schon viel Zeit vertan.

Quelle: ntv.de

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