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Auf dem Weg zur Ampel-Koalition Die Wahrheit liegt im Portemonnaie

Auf dem Weg zu einer Regierungsmehrheit sollten die angehenden Koalitionäre dringend noch die Finanzfragen klären.

Auf dem Weg zu einer Regierungsmehrheit sollten die angehenden Koalitionäre dringend noch die Finanzfragen klären.

(Foto: picture alliance/dpa)

SPD, Grüne und FDP haben die erste Etappe ihrer Ampel-Gespräche geordnet und geschlossen hinter sich gebracht. Zwei Eindrücke bleiben: Alle drei Parteien haben sich erfreulicherweise von (ihren) sinnlos aufgeladenen Symbolthemen verabschiedet - aber das dicke Ende kommt noch.

Von "Geben und Nehmen" war mehrfach die Rede bei der Vorstellung des Eckpunkte-Papiers der Ampel-Koalitionäre. Das trifft es ganz gut, aber präziser wäre: Niemand hat sich verkämpft, und das war richtig. Die Grünen haben ihr Tempolimit weggegeben, das in Wahrheit ohnehin kaum einen Nutzen für den Klimaschutz hätte. Die SPD hat sich von der Vermögenssteuer und anderen Erhöhungen getrennt, weil es ohnehin keine Mehrheit im Bundesrat dafür gegeben hätte. Und die FDP hat nicht mehr auf der Abschaffung des Solidaritätszuschlages bestanden, weil ohnehin das Verfassungsgericht demnächst das letzte Wort dazu sprechen wird.

Diese Punkte öffentlich nicht als Sieg oder Niederlage der einen oder anderen Seite aufzuladen, ist ein bemerkenswerter Fortschritt an Gemeinsamkeit und realitätsnahem Verantwortungsbewusstsein. Und es ist schon einmal spürbar mehr, als die letzte GroKo gekennzeichnet hatte. Ein Regierungsprogramm kriegt man mit klugem Verzicht allein aber natürlich nicht zusammen.

Wie viel kostet es, wann und wen?

Zwölf Euro Mindestlohn, schnellerer Kohle-Ausstieg, Entrümpelung aller staatlichen Verfahren und Sozialleistungen, erleichterte Einwanderung - das sind dagegen die Punkte, die das Land tatsächlich verändern könnten. Jede Partei durfte Wunsch-Punkte machen, anders wäre man beim kleinsten gemeinsamen Nenner gelandet. Über die Stränge hat dabei keiner geschlagen, Beispiel Hartz IV: Der verhasste Begriff verschwindet, Sozialleistungen werden gebündelt. Aber die Sanktionen bei Fehlverhalten werden nicht gestrichen.

All das ist klug - für diese erste Etappe. Die Hürden auf dem nächsten Teil der Strecke werden freilich höher. Denn wenig bis gar nichts steht in dem Papier zu den drei Fragen, die jeder stellt, der ein Portemonnaie hat: Wie viel kostet es, wann und wen?

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Wie teuer die Vermeidung von klimaschädlichem CO2 für jeden Haushalt - beim Fahren, Heizen und Konsumieren - werden soll, das bleibt offen. Dabei ist die Antwort jetzt doppelt wichtig, weil es keine Steuersenkung für mittlere und kleiner Einkommen geben wird. Woher die Milliarden für die fälligen Investitionen kommen sollen, ist ebenfalls offen. In großem Umfang Schulden sind nur noch im nächsten Jahr möglich, dann nicht mehr. Subventionen sollen gekürzt werden, private Investoren einspringen - eine solide Finanzplanung ist das noch nicht. Ganz zu schweigen vom Widerstand bestimmter Gruppen in der Bevölkerung und unter den Unternehmen.

Kurzum: Die drei Ampel-Parteien haben einen guten, neuen Stil geprägt. Sie haben wichtige Punkte fair geklärt. Aber eine Regierung wird erst daraus, wenn die Frage aller Fragen geklärt ist: die nach dem Geld, die nach den Kosten für den Bürger. Für sie zählt die Wahrheit im Portemonnaie - ganz gleich, wer regiert.

Quelle: ntv.de

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