Vorbestraft im Weißen Haus? Trump ist noch lange nicht am Ende


Trump nannte sich nach dem Urteil einen "sehr unschuldigen Mann".
(Foto: IMAGO/UPI Photo)
Zum ersten Mal in der Geschichte der USA ist ein ehemaliger Präsident in einem Strafprozess verurteilt worden. Und zum ersten Mal könnte ein Vorbestrafter im Weißen Haus sitzen - trotz des Urteils ist das nicht unwahrscheinlicher geworden.
Dieses Urteil ist historisch. Seine Folgen sind noch gar nicht abzusehen. Noch nie in der Geschichte der USA ist ein Strafprozess gegen einen ehemaligen Präsidenten geführt worden. Und nun haben die Geschworenen Donald Trump gar für schuldig befunden. Nicht ein Mal - 34 Mal.
Ob es richtig war oder falsch, Trump anzuklagen, ist eine müßige Frage. Auch in den USA entscheiden Gerichte nicht nach taktischen oder strategischen Erwägungen, sondern nach dem Gesetz. Trump kann das Urteil anfechten. Die Strafe soll erst am 11. Juli verkündet werden. Eine Haftstrafe für Trump ist unwahrscheinlich. Vorbestraft wäre er trotzdem, wenn eine höhere Instanz das Urteil nicht aufhebt. Ob das Urteil in Kraft tritt, dürfte nach den Präsidentschaftswahlen im November entschieden werden.
Doch was immer nun geschieht, eines ist sicher: Trumps Verurteilung wird zur weiteren Radikalisierung seiner Anhänger beitragen. Denn das ist der Kern dessen, was meist als "Spaltung" der USA beschrieben wird: die dramatische Radikalisierung der Republikaner und ihrer Wähler. Was früher politische Mitbewerber waren, sind heute Feinde, für Trump und den harten Kern seiner Fans geradezu Todfeinde. Die republikanische Partei wird heute von einem Mann angeführt, der die Demokratie verachtet. Und der seine Demokratieverachtung seit 2020, dem Jahr, in dem er abgewählt wurde, noch professionalisiert hat. Eine zweite Trump-Präsidentschaft würde nicht so glimpflich ablaufen wie die erste.
Klar ist auch, was nicht geschehen wird: Überzeugte Anhänger werden sich nicht von ihm abwenden. Das liegt nicht nur daran, dass Trump Trump ist und auf der Fifth Avenue jemanden erschießen könnte, ohne Wähler zu verlieren, wie er in seiner grenzenlosen Selbstliebe, trotzdem zutreffend, vor Jahren sagte. Es liegt auch daran, dass seine Anhänger - heute noch stärker als damals - sich als verschworene Gemeinschaft gegen "die da oben" sehen. "Diese Verteidigungshaltung, gepaart mit einem völlig anderen Medienkonsum, führt dazu, dass solche Skandale zwar durchaus einige abschrecken, aber zum harten Kern nicht vordringen", sagt der Politologe Marcel Lewandowsky.
Trump bleibt eine Gefahr für die amerikanische Demokratie und damit für den Westen insgesamt. Er hat damit gedroht, dass es ein "Blutbad" geben werde, wenn er nicht gewählt wird. Er meinte damit den von ihm immer wieder beschworenen Untergang der USA, aber allein die Wortwahl ist geeignet, Gewalt zu entfachen.
Das Urteil wird Trump nicht stoppen, diese Aufgabe müssen schon die Wählerinnen und Wähler in den USA erledigen. Nur sehr wenige, die eigentlich für den Republikaner stimmen wollten, werden ihre Wahlentscheidung nun überdenken. Aber da es ein enges Rennen werden dürfte, ist das nicht irrelevant. Durch das Urteil ist es leichter geworden, Trump aufzuhalten - wenn auch nur ein kleines bisschen.
Quelle: ntv.de