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Terroristen reichen Sekunden Was waren wir naiv!

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(Foto: imago/PanoramiC)

Die Fußball-EM blieb vom Terror verschont. Was das bringt? Gar nichts. Der neue Anschlag in Frankreich zeigt, dass es jederzeit und überall passieren kann. Der Zeitpunkt ist fast egal, die Angst ist ohnehin immer da.

Wir waren so erleichtert. Nach dieser in vielerlei Hinsicht quälend langen Fußball-Europameisterschaft. Darüber, dass die Befürchtungen sich nicht erfüllt haben. Dass in Frankreich nichts passiert ist, der Terror ausblieb, ein gedemütigtes Land verschont blieb. Während des Turniers - und, auch wenn das manchmal nachrangig schien, bitte auch danach.

Wie wenig das alles wert war, müssen wir jetzt begreifen. Mehr als 80 Menschen sind bei einem schrecklichen Attentat in Nizza getötet worden. Ein Mann ist mit einem Lastwagen in die Menge gefahren und hat dabei auf Menschen gefeuert. Plötzlich hat der Terror die Realität wieder eingeholt. Mit einem Timing, das Europa einmal mehr in Schockstarre versetzt.

Zugegeben: Die Hintergründe sind noch nicht geklärt. Aber die Abfolge der Ereignisse lässt viele gewiss sein, dass es Terror war. Die Anschläge in Paris im November und im März in Brüssel haben eine gewisse Routine einkehren lassen – in der Analyse, den Betroffenheitsritualen und der Aufklärung. Einer Nüchternheit über das, was in diesem Europa plötzlich immer und überall geschehen kann. Auch Frankreichs Präsident François Hollande sprach nach der Lkw-Attacke in der südfranzösischen Stadt von "Terror" und verlängerte den Ausnahmezustand.

Ob der Täter nun eng mit dem Islamischen Staat in Verbindung steht oder nicht: Es ist im Grunde fast egal. Die Terrormiliz, die in Syrien und im Irak zuletzt Gebietsverluste einstecken musste, dürfte triumphieren über das, was in Frankreich geschehen ist. So sehr wir uns auch dagegen sträuben: Der europäische Kontinent ist im Jahr 2016 ein anderer. Der Terror hat ihn verändert. Nach den Ereignissen in Frankreich und Belgien grassiert die Angst. Nicht nur kurz nach Anschlägen. Auch dazwischen mag sie nicht mehr verschwinden.

Die Bilder bleiben

Die Fußball-EM ist das beste Beispiel dafür. Zwar verlief die Endrunde fast ohne große Zwischenfälle, die Angst war in Frankreich in dieser Zeit trotzdem allgegenwärtig. Im Mittelpunkt stand neben dem Sport stets auch die Frage der Sicherheit. Nicht wenige Fußballfans entschieden sich vor dem Turnier, doch nicht nach Frankreich zu reisen. Sie hatten ein mulmiges Gefühl. Die, die vor Ort waren, erlebten ein zutiefst verunsichertes Land. Eines, das sich gerade eher nach Ruhe sehnt als nach einer Großveranstaltung. In dem nicht so recht Stimmung aufkommen kann, wenn an jeder Ecke Soldaten stehen, die den Finger am Abzug ihrer Maschinengewehre haben.

Die Terroristen haben ihr Ziel damit erreicht. Sie mussten während des Turniers gar nichts machen, es brauchte keinen Anschlag, dennoch mochte das Thema nicht aus den Köpfen verschwinden. Dabei zuzusehen muss eine schreckliche Genugtuung gewesen sein. Und nun geschah es eben kurz nach der EM, als die Franzosen immer noch hörbar durchatmeten.

Was in Nizza passiert ist, zeigt einmal mehr, dass wir uns nicht schützen können. Ein Land kann in permanentem Ausnahmezustand sein und trotzdem kann ein Einzeltäter seine Pläne verwirklichen. In Nizza genügten dafür weniger als 30 Sekunden. Dann wurde der Mann aufgehalten. Was er angerichtet hatte, ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Die Bilder, die nun um die Welt gehen, von den Toten und Verletzten, von Menschen, die aus Angst um ihr Leben schreiend über die Promenade von Nizza laufen - das alles wird noch lange nachwirken. Es wird so schnell nicht mehr aus unseren Köpfen verschwinden.

Quelle: ntv.de

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