Person der Woche: Wladimir Putin Putins Beine zucken und nähren Krankheits-Spekulationen
21.02.2023, 09:30 Uhr
Bei einem Treffen mit dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko zucken Wladimir Putins Füße unaufhörlich. Das befeuert neue Gerüchte um seine Gesundheit. Gleich zwei hochrangige Geheimdienstvertreter meinen: Seine Tage sind gezählt.
Seit Monaten kursieren immer neue Spekulationen um den Gesundheitszustand von Wladimir Putin. Als er in der Pandemie Staatsgäste nur noch an extrem langen Tischen empfing, sich bei Reden plötzlich merkwürdig an Tischplatten klammerte oder Geheimdienstdossiers über seinen angeblichen Schilddrüsenkrebs berichteten - stets dementierte der Kreml Gesundheitsprobleme, doch die Gerüchteküche brodelt.
Nun nährt ein merkwürdiger Auftritt Putins diese Spekulationen. Bei einem Treffen mit seinem belarussischen Amtskollegen Alexander Lukaschenko in der russischen Stadt Nowo-Ogarjowo sorgten Putins Fußbewegungen für Aufsehen. Die offizielle Videoaufnahme zeigt, dass Putin seine Füße kaum stillhalten kann. Handelt es sich um außergewöhnliche Nervosität oder um unkontrollierte Zuckungen?
Aufgedunsenes Gesicht, hölzerner Gang
Das Video ging millionenfach viral, häufig mit dem Kommentar, Putin leide wohl an Parkinson. Das wurde schon im vergangenen Herbst gemutmaßt, als Putin in Kaliningrad das neue Schuljahr einläutete. Auch dort zuckten seine Beine deutlich sichtbar.
Ein aufgedunsenes Gesicht, ein hölzerner Gang und das zappelige Verhalten häufen sich bei öffentlichen Auftritten. Sir Richard Dearlove, der Ex-Chef des britischen Geheimdienstes MI6, erklärte öffentlich, dass "etwas mit ihm nicht stimmt". Dearlove meint: Die beiden plausibelsten medizinischen Diagnosen, die sich aus der Beobachtung ergeben hätten, seien entweder Parkinson oder Blutkrebs. "Oder vielleicht auch beides." Jedenfalls seien "Putins Tage gezählt". Auch der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, hält Wladimir Putin für schwer krank: "Wir wissen es einfach, wir haben Quellen."
Einen unkontrollierten Tremor vermuten Kreml-Beobachter seit dem im Fernsehen übertragenen Treffen mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu, bei dem sich ein zusammengesunkener Putin an die Kante eines kleinen Tisches klammerte, als wolle er sich gegen das Zittern oder ein Schwindelgefühl wappnen. Während eines orthodoxen Gottesdienstes hielt Putin später eine brennende Kerze, ohne zu zittern. Doch zu sehen war dort auch, wie der Kremlherrscher permanent mit leerem Mund kaut, sich auf die Lippen beißt und staksig bewegt.
Als weiterer Hinweis auf die Parkinson-Theorie wurde zwischenzeitlich auch der eigenartige Gang Putins gedeutet. Putin hält seinen rechten Arm beim Gehen meist eng am Körper, während der linke frei schwingt. Bei einer Militärparade der russischen Seestreitkräfte in St. Petersburg versuchte Putin nur mit der linken Hand, Mücken aus seinem Gesicht zu vertreiben. Sein rechter Arm hing auch dort nur schlaff herunter. Warum benutzt Putin als Rechtshänder seine rechte Hand nicht?
Gangart könnte antrainiert sein
"Es gibt wissenschaftliche Arbeiten, die annehmen, dass Putins Bewegungsauffälligkeiten eher antrainiert sind", meint Günter Höglinger aus dem Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG) mit Verweis auf eine britische Studie. Im Jahr 2015 hatte das "British Medical Journal" eine Studie veröffentlicht, die den Gang hochrangiger russischer Beamter systematisch analysierte, darunter auch Putins. Auffällig war, dass alle einen durchweg "reduzierten rechten Armschwung" hatten.
Die Forscher stellten die Theorie auf, dass diese Gangart kein Krankheitsbild, sondern antrainiert sei. Möglicherweise beim Waffentraining oder beim Geheimdienst KGB, für den Putin während der 80er-Jahre arbeitete. Den Spionen wurde beigebracht, ihre rechte Hand beim Gehen nahe an der Brust zu halten. "So können sie schnell eine Waffe ziehen, wenn sie einem Feind gegenüberstehen", heißt es in der Arbeit. Die Autoren bezeichneten das als "Gunslinger's gait" ("Revolverheldengang").
Für Mediziner reichen die Ferndiagnosen über TV-Auftritte nicht aus, um eine Parkinson-Erkrankung seriös festzustellen. Manche Fachleute vermuten aus der Summe der sichtbaren Veränderung am Körper und im Verhalten eher eine komplexere Krankheit bei Putin.
Fülliger durch Steroide?
Ashley Grossman, Professor für Endokrinologie an der Universität Oxford, diagnostiziert: "Putin war immer ein fit aussehender Mann mit einem leicht hageren Erscheinungsbild. Aber in jüngster Zeit scheint er im Gesicht und am Hals fülliger geworden zu sein. Das nennt man cushingoides Aussehen und es könnte vom Gebrauch von Steroiden herrühren." Steroide könnte Putin als Krebs-Medikation erhalten haben.
Dazu würde passen, was die russische Investigativ-Gruppe "Proekt" herausgefunden haben will. Demnach wurde Putin in vier Jahren ganze 35 Mal von einem Krebschirurgen in seiner Residenz am Schwarzen Meer in Sotschi besucht. Jewgeni Seliwanow, ein Spezialist für Schilddrüsenkrebs, traf den Kreml-Diktator demnach an 166 Tagen. Auch die Hals-Nasen-Ohren-Ärzte Igor Esakow und Alexej Scheglow seien 18 Mal zu Putin gereist. Im Juli 2020 habe sich Putin zudem mit Iwan Dedow, dem Chef des Nationalen Forschungszentrums, über Schilddrüsenkrebs und hormonelle Folgemedikation unterhalten.
Für die These, Putin sei in einer Krebstherapie, könnte auch sprechen, dass der Kremlchef häufig wirkt, als habe er Schmerzen. "Typische mimische Schmerzindikatoren" will der Mimik-Analyst und Rhetorik-Experte Michael Ehlers erkennen. Und der Neurologe Hans Emmert vermutet, dass Putin an Cortison-Akne leiden könnte - eine Hauterkrankung, ausgelöst durch den übermäßigen Konsum von Steroiden.
Steroide bekämpfen bösartige Lymphozyten, die im Blut zirkulieren, aber sie sind auch für bestimmte Nebenwirkungen bekannt. Dazu gehört ein hohes Infektionsrisiko, da sie die Immunzellen stark schwächen, was auch der Grund für Putins extreme Keimfeindlichkeit und seinen Rückzug hinter gewaltige Tische sein könnte. Auch Tremor gehört zu den Nebenwirkungen. Und: "tiefgreifend irrationales oder paranoides Verhalten".
Quelle: ntv.de