Neue Basketball-Hauptstadt Bamberg außer Rand und Band
27.06.2007, 13:05 UhrAls Erfolgscoach Dirk Bauermann seiner 78-jährigen Mutter Ruth per Handy stolz den Titelgewinn verkündete, genossen seine Spieler Sektduschen und Sieger-Zigarren schon in vollen Zügen. Daheim in "Freak City" waren die Fans längst außer Rand und Band. Rund 10.000 Anhänger der Brose Baskets feierten auf dem Max-Platz von Bamberg ausgelassen die zweite deutsche Meisterschaft der Vereinsgeschichte nach 2005.
Die Anspannung der nervenaufreibenden "best of five"-Finalserie mit vier Basketball-Krimis war Bauermann noch im Gesicht abzulesen. Dass der 64:63-(32:33)-Sieg bei den Artland Dragons zum 3:1 erst nach zwei Fehlversuchen der Niedersachsen in der Schlusssekunde feststand, passte in die Reihe der dramatischen Duelle, von denen keines mit mehr als drei Punkten Differenz endete.
"Das ist einfach unglaublich, jetzt wird die größte Feier starten, die Bamberg je erlebt hat", tönte Bauermann. Etwa 3000 Fans empfingen die Mannschaft bei ihrer Ankunft gegen 1.45 Uhr am kleinen Flughafen der neuen Basketball-Hauptstadt. Anschließend ging es per Autokorso in die Innenstadt, wo das Bier bis in die frühen Morgenstunden in Strömen floss.
"Mannschaft und Fans haben sich diese Party verdient", ergänzte Bauermann, der die insgesamt neunte Meisterschaft seiner Trainerkarriere (zuvor siebenmal mit Bayer Leverkusen) nicht minder genoss. "Denn auch dieser Titel hat seine Geschichte. Es war eine schwierige Saison mit einem schwierigen Start, aber die Jungs haben immer an sich geglaubt. Ich bin sehr, sehr stolz auf diese Mannschaft", erklärte der 49-Jährige.
"Ich fühle mich sehr erleichtert. Die Meisterschaft war das Ziel, wir haben es geschafft", meinte Nationalspieler Robert Garrett, der nicht nur wegen seiner 16 Punkte "sein bestes Spiel seit langem zu rechten Zeit" (Bauermann) ablieferte. Gleichzeitig sangen die Bamberger Lobeshymnen auf den unterlegenen Außenseiter. "Hut ab vor Quakenbrück. Es ist fantastisch, was sie geleistet haben", sagte Nationalspieler Steffen Hamann, obwohl er bei fast jedem Ballkontakt von den 3000 Zuschauern - wegen einer Schauspieleinlage im dritten Spiel - gnadenlos ausgepfiffen wurde.
Vier Finalteilnahmen in den vergangenen fünf Jahren, zwei Meistertitel - die Bilanz der "Bauermänner" ermutigt zu weiteren großen Taten. "Wir wollen unser Spiel mit unserer Philosophie weiterentwickeln", so der Coach, der nach einem verkorksten Saisonstart nach wenigen Wochen den Mut zu einer personellen Korrektur fand und mit Heimkehrer Hamman, dem ehemaligen NBA-Profi Casey Jacobsen und Sean Dockery drei neue Leistungsträger integrierte, "die besser zu uns passten".
Bauermann und Bamberg rüsten nunmehr für die neue Saison in der Euroleague, "der zweitbesten Liga der Welt" (Bauermann). Doch im Gegensatz zu 2005, als die Baskets nach Nürnberg ausweichen mussten, kann diesmal in der vor der Saison auf 6800 Zuschauern erweiterten "Frankenhölle" gespielt werden. Neue Einnahmequellen und weitere Verstärkungen sollen das Team auch in Europa salonfähig machen.
Während Bamberg von großen Auftritten auf der großen internationalen Bühne träumt, feierten die Quakenbrücker ihre bisher erfolgreichste Saison seit ihrem Bundesliga-Aufstieg 2003 - trotz der Niederlagen im Pokal-Endspiel (gegen RheinEnergie Köln) und im Playoff-Finale.
Nur Nuancen entschieden den Kampf des Goliath aus Bamberg gegen den Vorrunden-Achten, der zuvor immerhin Alba Berlin (3:0) und Köln (3:2) aus dem Rennen geworfen hatte. "Aber Bamberg hat verdient gewonnen, weil es die letzten drei Spiele weitgehend kontrolliert hat", resümierte Dragons-Coach Chris Fleming. Ungeachtet der Schlusssekunden, in denen Lamont McIntosh und Chad Prewitt die Chance zum Sieg und fünften Spiel vergeben hatten, begannen im Tollhaus der zum 70. Mal in Folge ausverkauften Artland-Arena auch die Feierlichkeiten beim Vizemeister.
Auf dem eigens gezimmerten Rathausbalkon zeigten sich gegen Mitternacht die umjubelten Helden des Basketball-verrückten 12. 000-Einwohner-Städtchens Quakenbrück. "Ich glaube, es gibt wenige Mannschaften mit einem solchen Teamgeist und Kampfgeist", meinte Forward Jan Rohdewald. Als Trost blieb dem sympathischen Provinzklub zumindest die erste Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb. Ganz Quakenbrück freut sich auf den Uleb-Cup.
Quelle: ntv.de