Gold für verstorbenen Mitspieler Kanupolo-Herren feiern emotionalen WM-Titel
06.08.2018, 11:00 Uhr
Nach Gold bei den World Games 2017 (Foto) feiert Lukas Richter nun auch mit der deutschen Kanupolo-Nationalmannschaft den ersten WM-Titel.
(Foto: picture alliance / Maciej Kulczy)
Die Europameisterschaft haben Deutschlands Kanupolo-Herren fünfmal gewonnen, auch die letzten beiden Gold-Medaillen der World Games gehen an das DKV-Team. In Kanada wird die Mannschaft nun erstmals Weltmeister - trotz eines schweren Schicksalsschlags.
Schon Sekunden vor dem Schlusspfiff im Finale der Kanupolo-WM hielt Deutschlands Coach Björn Zirotzki die Schwimmweste mit der Nummer zehn hoch. Die Nummer, die sie im kanadischen Welland nicht mehr vergeben hatten, weil die einer tragen sollte, der gut zwei Wochen vor dem Turnier nach kurzer Krankheit völlig unerwartet verstorben war. Für den gerade mal 26 Jahre alt gewordenen Hannoveraner Fiete Junge wollten die deutschen Kanupolo-Herren den WM-Titel holen. Für ihn haben sie den Titel geholt, den ersten für Deutschlands Herren in der 24-jährigen Geschichte des Turniers - dank eines überragenden 4:1 (1:1)-Erfolgs gegen Titelverteidiger Italien am Sonntagabend.
"Das ist ein sehr emotionaler Sieg für uns. Das letzte Mal, als wir mit Fiete gesprochen haben, haben wir darüber geredet, dass wir Weltmeister werden wollen. Er hat zu uns allen gesagt: ,Lasst es uns tun'. Und so haben wir es für Fiete getan", sagte Coach Zirotzki im Interview mit der offiziellen WM-Seite "canoeicf.com". "Unter diesen Umständen, mit all den schlimmen Dingen die da passiert sind, ist es unglaublich, dass wir dazu in der Lage waren." Kapitän Jonas Vieren (WSF Liblar), der im Finale den so wichtigen Ausgleich kurz vor der Pause erzielt hatte, sagte: "Es war eine harte Zeit, aber die Mannschaft ist dadurch noch enger zusammengerückt. Wir haben versucht, einfach nur Polo zu spielen, aber natürlich sind wir auch für ihn gepaddelt. Wir haben die WM für ihn gewonnen." Auf ihre Boote hatten sich die Jungs in Gedenken an ihren Mitspieler #10 geklebt.
Das Endspiel startete indes ganz schlecht für das deutsche Team. Bereits mit dem ersten Angriff gingen die Italiener um ihren Superstar Luca Bellini in Führung. Nach einem feinen Zuspiel von Andrea Romano traf Davide Novara aus zentraler Center-Position nach 56 Sekunden mit dem ersten Wurf aufs Tor zum 1:0. Es dauerte bis kurz vor der Pause - gespielt werden zwei Halbzeiten mit je zehn Minuten - ehe Deutschland in der kompakten italienischen Deckung eine Lücke zum Ausgleich fand. Lukas Richter (ACC Hamburg) spielte Vieren frei, der den Ball von links wuchtig ins Tor hämmerte.
Gedankenschneller Prescher sorgt für Führung
In der zweiten Halbzeit übernahm Deutschland voll die Kontrolle über das Spiel - am Tag zuvor hatten sie gegen Italien in der Zwischenrunde übrigens noch mit 3:4 verloren, es war die einzige deutsche Niederlage im Turnier. Nach einem zunächst von Romano stark parierten Wurf von Marco Hoppstock (WSF Liblar) schaltete Julian Prescher (KCNW Berlin) im Zentrum am schnellsten, fischte sich den Abpraller mit dem Paddel und traf dann zum 2:1 (15.). Für die Vorentscheidung des aggressiv verteidigenden DKV-Teams sorgte der Berliner Robert Pest, der in dieser Saison in der italienischen Liga spielt, mit einem weiten Lupfer von der linken Seite genau ins rechte obere Toreck - ein eher ungewöhnlicher Wurf, nötig aber weil die 60 Sekunden der Shotclock für jeden Angriff fast abgelaufen waren. Das 4:1 in der letzten Minute ging nach einem Konter auf das Konto des dritten Liblar-Spielers im Team, Dennis Witt.
Nach fünf Erfolgen bei Europameisterschaften und zweimal Gold bei den World Games 2013 und 2017 besiegten die Kanupolo-Herren nun endlich ihren Silberfluch. Fünf Mal hatte es zuvor nur zur Medaille für Platz zwei gereicht. "Wir hatten schon Druck", sagte Kapitän Vieren. Aber der Druck habe das Team eben auch angespornt.
Insgesamt lief die 13. Weltmeisterschaft für den Deutschen Kanu-Verband nahezu perfekt. Neben der Titelpremiere für das Männerteam holten auch die Damen (3:1 gegen Großbritannien) - zum bereits sechsten Mal - und die weibliche U21 (5:1 gegen Polen) Gold. Für die jungen Damen war's der vierte Triumph in Serie. Der Herren-Nachwuchs verlor das Endspiel dagegen knapp mit 2:3 gegen Großbritannien.
Die WM-Endspiele der Damen und Herren können Sie sich hier nochmal in voller Länge ansehen!
Quelle: ntv.de, tno