Sport

Nach PlatzverweisLöw vorläufig gesperrt

17.06.2008, 10:37 Uhr

Vorläufige Sperre für Jogi Löw und Verwirrung bei der UEFA: Der Bundestrainer kritisiert den vierten Offiziellen und bestreitet jede Schuld.

Bundestrainer Joachim Löw hat nach seiner Verbannung auf die Tribüne im EM-Spiel gegen Österreich den vierten Offiziellen kritisiert und jede Schuld bestritten. Der Slowene Damir Skomina habe ihn "im Minutentakt aufgefordert", auf die Trainerbank zurückzukehren, sagte Löw.

Er habe den Mann "in keiner Weise beleidigt", sondern nur darauf aufmerksam gemacht, dass er sich wie erlaubt in der Coachingzone bewegen wolle. Die UEFA entscheidet am Mittwoch über eine mögliche Sperre Löws.

Der Bundestrainer machte auf einer Pressekonferenz des DFB in Tenero klar, dass er sich von Skomina gegängelt gefühlt habe. Er habe dem vierten Offiziellen zunächst "in mehreren Sprachen" klarzumachen versucht, dass er sich durch die ständigen Ermahnungen in seiner Konzentration gestört gefühlt habe. "In der 40. Minute bin ich dann etwas deutlicher geworden", sagte Löw. Möglicherweise habe er die Coachingzone auch mit einem Fuß mal verlassen.

Löw hofft aus Freispruch

Er gehe davon aus, "dass es möglicherweise einen Freispruch geben kann", und hoffe, im Viertelfinale gegen Portugal am Donnerstag in Basel auf der Bank sitzen zu können. Die UEFA hat von ihm eine schriftliche Stellungnahme zu dem Vorfall angefordert.

Löw und der österreichische Trainer Josef Hickersberger waren vom spanischen Schiedsrichter Manuel Mejuto Gonzales auf die Tribüne des Wiener Ernst-Happel-Stadions geschickt worden.

Löw versicherte, er habe keinerlei Disput mit Hickersberger gegeben, mit dem er sich seit seiner Zeit als Trainer in Österreich gut verstehe. Nach einem Plausch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel verfolgte er den Rest des Spiels auf einem Platz zwischen Bastian Schweinsteiger und Teammanager Oliver Bierhoff.

Emotionale Begegnung mit Merkel

Merkel habe ihn gefragt, was passiert sei. Er habe keine Antwort geben können, berichtete Löw: "Ich wusste es in dem Moment auch nicht." Genau könne er sich an die kurze Begegnung mit der Kanzlerin nicht mehr erinnern, weil er in dem Moment "voller Emotionen" gewesen sei.

In der Halbzeit sei er, "unwissend wie ich bin", zunächst Richtung Kabine gegangen und habe mit einigen Spielern gesprochen. Dann sei er dort regelrecht "rausgezogen worden". UEFA-Sprecher William Gaillard sagte: "Er ging in den Spieler-Tunnel, aber nicht in den Umkleideraum, und dann wieder auf seinen Platz zurück auf die Tribüne."

Sollte Löw gesperrt werden, werde die Suspendierung streng überwacht. "Löw hätte keinen Zugang zu den Kabinen. Er darf nach der Ankunft im Stadion auch nicht in Kontakt zur deutschen Trainerbank während des Spiels treten. Aber er darf vor und nach dem Spiel zu den Pressekonferenzen gehen", sagte Gaillard.

Lehmann bekam nichts mit

Hickersberger stützte die Darstellung seines deutschen Kollegen. "Der vierte Offizielle hat die Nerven verloren, und dann hat uns der Schiedsrichter auf die Tribüne geschickt", erklärte der Coach. Zu der doppelten Herausstellung sagte er laut APA sarkastisch: "Das war eine einmalige Leistung, dazu muss man auch dem vierten Schiedsrichter irgendwie gratulieren."

Torhüter Jens Lehmann berichtete, er habe die Herausstellung Löws erst gar nicht mitbekommen. Das sei ihm erst aufgefallen, als in der Halbzeit Assistenztrainer Hans-Dieter Flick "in der Kabine stand und die Ansprache gehalten hat".

Beckenbauer: Unmöglich

Philipp Lahm merkte an, dass Hansi Flick ebenfalls ein hervorragender Trainer sei, "auch wenn er ein etwas anderer Typ ist. aber beide haben dieselbe Philosophie". Lukas Podolski meinte kurz und knapp: "Wenn sie Jogi sperren, ist eben Hansi Flick Bundestrainer."

Franz Beckenbauer ging unterdessen mit dem Referee hart ins Gericht: "Diese Aktion des Schiedsrichters war nicht nur unnötig, sie war auch unmöglich. Beide Trainer haben nur versucht, im Rahmen der Regeln ihren Job zu machen. Die haben nichts Verbotenes getan. Mit dieser Aktion hätte es der Schiedsrichter beinahe geschafft, das Spiel aus dem Ruder laufen zu lassen."