"Fankurve Bodensee" Riesenstimmung in Bregenz
09.06.2008, 12:00 UhrIn der 72. Minute erbebte die ehrwürdige Seebühne: Als Lukas Podolski mit seinem zweiten Treffer im EM-Spiel gegen Polen für die Entscheidung sorgte, gab es bei den knapp 5000 Fans in der "Fankurve Bodensee" in Bregenz am Sonntagabend kein Halten mehr. Wo sonst eher dezenter Beifall des Opernpublikums erklingt, donnerten jetzt Fangesänge in den Nachthimmel, Möwen flogen erschrocken auf. Als nach dem Abpfiff die ZDF-"Dreierkette" Johannes B. Kerner, Jürgen Klopp und Urs Meier zur Spielanalyse ansetzte, mag das am heimischen Bildschirm gut rübergekommen sein, auf der Seebühne waren sie kaum zu verstehen - was aber niemanden groß störte.
Fußball statt Oper
Endlich also große Stimmung vor dem riesigen Auge des Bühnenbildes der Puccini-Oper "Tosca", die vom 23. Juli an bei den Bregenzer Festspielen den Fußball ablösen wird. Der Start der einmalig schön am Bodenseeufer im Dreiländer-Eck gelegenen Fanzone verlief zunächst etwas holperig. Kühle Temperaturen und Regen dämpften am Samstag die Stimmung, zumal mit der Schweiz schon der erste Gastgeber sein Auftaktmatch verlor. Immerhin wurde die baden-württembergische Fußball-Ausstellung "Das Wunder von Bregenz" gut besucht.
Am Sonntag blieb es trocken und wurde es wärmer. Rot-Weiß-Rot waren die beherrschenden Farben, doch jubeln konnten dann nur ein paar dutzend Kroaten. Mit Österreich verlor in Bregenz quasi die Heimmannschaft - das kroatische Tor in der 4. Minute ging wie ein Regenguss auf die Stimmung nieder. Zudem erwies sich ZDF-Kommentator Wolf-Dieter Poschmann, dessen Stimme auf die Seebühne übertragen wurde, unfreiwillig als Spaßbremse, denn er zählte nüchtern die österreichischen Schwächen auf ("Es dauert alles zu lang"). Die österreichischen Fans gingen dann ganz schnell und resigniert nach Hause. "Es ist wie immer, wir haben einfach kein Glück", sagte der 22-jährige Leopold aus Dornbirn (Vorarlberg).
Stadionatmpsphäre
Beim Spiel Deutschland gegen Polen war das Seebühnen-Rund dann fest in deutscher Hand. Während die Sonne als roter Ball im Bodensee versank, sorgten Poldi und Co. für Stadionatmosphäre pur. Zufriedene Gesichter auch beim ZDF, weil es im "neunten EM-Stadion" endlich die Bilder gab, die man sich vorgestellt hatte. Einige Besucher ärgerten sich allerdings, dass die letzten Spielminuten in Klagenfurt mit Fußball-Songs und einem wie ein Stadionsprecher agierenden Stimmungsmacher ("Deutschland? - Zwei! Polen? - Null!") weggedröhnt wurden. Auch die Moderatoren-"Dreierkette" machte auf Animation - was gar nicht nötig war, denn die Fans feierten den deutschen Sieg schon fast wie den Titelgewinn.
Von Frank Heidmann, dpa
Quelle: ntv.de